Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lichtschwester

Lichtschwester

Titel: Lichtschwester
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
»glücklich verheiratet«, und zu ihren Hobbys zählten »Lesen, joggen und das Auflesen anscheinend nutzloser schwerer Objekte« ... Sie sammelt auch »Drachenfigürchen und bestimmte Arten von Teddybären«. Ich sage ja immer: Für eine glückliche Kindheit ist es niemals zu spät! Und Teddybären können einem prächtige Geistergeschichten erzählen. (Wußten Sie das etwa nicht? Was glauben Sie, wo ich meine alle herhabe?)
      Laurell hat auch einen Papagei - eine Gelbkopfamazone - und einen Kanarienvogel namens Hobbes (nach »Calvin und Hobbes«) und sagt, »mein Hausgeist ist ein kleines Kakadu-Weibchen, das sich liebend gern den Kopf kraulen läßt«. Ich hatte sie an sich fragen wollen, warum sie so sicher sei, daß es sich um ein Weibchen handle — das Geschlecht eines Vogels ist gewöhnlich nur anderen Vögeln bekannt (oder interessant) -, aber irgendwie ist mir das jetzt nicht mehr so wichtig. – MZB
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    LAURELL K. HAMILTON
     
    Gänse
     
      Die Gänse lagen in den nachmittäglich langen Schatten, putzten ihr graues, raschelndes Gefieder und reckten sich ab und an, um heftig mit den Flügeln zu schlagen. Ich döste mitten unter ihnen, den langen Hals nach hinten gebogen und den schwarzen Schnabel in meine Federn gesteckt, und beobachtete sie durch meine schwarzen Knopfaugen. Aber bald schloß ich meine Lider und gab mich völlig dem Frieden der ruhenden Herde hin. Vielleicht war ich nun schon zu lange Gans gewesen ... vielleicht war es ja höchste Zeit für mich, wieder meine menschliche Gestalt anzunehmen. Aber irgendwie war mir der Gedanke fern und vage. Ich war nicht mehr sicher, ob ich wieder ein Mensch sein wollte, und konnte mich andererseits nicht mehr so recht erinnern, warum ich mich als Gans unter Gänsen verborgen hatte. Ich spürte, daß ich meine menschliche Identität zunehmend verlor. Aber sie hatte mir so viel Pein eingebracht ... So als Gans fühlte ich mich besser. Ich wurde jeden Tag satt, konnte mich mit meinen Schwingen frei in die Lüfte erheben, hatte die Weite des Himmels für mich und die Geborgenheit in der Herde. Als Mensch lebte es sich nicht so einfach, friedlich und geruhsam. Der Wunsch, Mensch zu sein, war mir abhanden gekommen. Und das hätte mich eigentlich erschrecken müssen. Daß dem aber nicht so war, war ein schlechtes Zeichen.
      Neben mir lag, den Kopf fast im Rückengefieder verborgen, Gyldan. Das war natürlich nicht sein richtiger Name, sondern der, den ich ihm nach Menschenart gegeben hatte. Das Bedürfnis, die Dinge und Lebewesen ringsum zu benennen, war mir, mit wenigen anderen, noch geblieben. Es war ein sehr menschlicher Zug. Und so nannte ich mich bei mir selbst noch immer Alatir. Solange man noch einen Namen hat, ist man noch ein menschliches Wesen.
      Gyldan war ein junger Ganter, der nun aber schon seit zwei Jahren mein Gefährte war. Er war ein schöner Vogel mit pechschwarzer und wolkengrauer und gelblichweißer Zeichnung von einer Klarheit und Vollkommenheit, die fast künstlich wirkte. Er hatte mich als sein Weibchen erwählt, aber ich konnte ihm nur eine Freundin sein. 
      Ich fühlte mich doch noch zu sehr als Mensch, um mit ihm Gänsenachwuchs haben zu wollen. Aber er war bei mir geblieben, und das, obwohl es andere Weibchen gab, die ihn genommen hätten. Wir beide hatten zwei lange Sommer auf einsamen Seen verbracht und uns auch ein Revier erobert, aber nicht genistet. Wenn ich das erst täte, würde ich nie mehr Mensch werden. Und das wollte ich denn doch, jedoch nicht heute, sondern irgendwann einmal.
      Dann kamen die Kinder, Bauernkinder mit schwarzen Haaren und mit dunklen Augen. Sie mußten von einem reichen Hof sein, denn sie brachten uns immer Gemüse- und Brotreste zum Fressen. Sie hatten uns mit der Zeit fast gezähmt, fast.
      Das älteste war ein etwa vierzehn Jahre altes Mädchen, dem zwei dicke schwarze Zöpfe um das schmale Gesicht baumelten. Und das nächstälteste ein Junge, der schon elf Lenze zählen mochte. Die übrigen waren um einiges jünger und hatten lachende braune Augen und sanfte Hände.
      Ich hatte schon häufig über der Mühle ihres Vaters meine Runden gedreht und zugesehen, wenn sie der Mutter im Garten halfen oder vor dem Haus Fangen spielten.
      Sie kamen heute früher - früher, nach Menschenmaßstäben, denn die Tage wurden bereits herbstlich kürzer. Nach Gänsemaßstäben hatte die Sonne immer noch denselben Stand. Das Brot, das sie uns zuwarfen, war
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher