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Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd
Autoren: Chris Moriarty
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zurückgehen musste, um ihr zu folgen.
    Der Schleusenmonitor war entweder defekt oder nicht angeschlossen. Draußen vor der zerkratzten Luke schlängelte sich ein schwach beleuchteter Viruflex-Schlauch durch die Leere. Am anderen Ende schwebte der von Einschlägen zerkratzte Rumpf eines veralteten, mit einem Bussard-Antrieb ausgestatteten Wassertankers. Das Ganze wirkte, als hätte man ihn mit einer Schere ausgeschnitten und vor einen Himmel aus schwarzem Bastelpapier geklebt.
    Osnat drückte eine Handfläche auf den Scanner. Statuslämpchen erwachten flackernd zum Leben, als die Schleuse ihren Säuberungs- und Desinfektionszyklus startete.
    »Mir hat niemand etwas davon gesagt, dass ich mich auf ein Schiff begeben muss«, protestierte Arkady, obwohl es längst zu spät war, um einen Rückzieher zu machen oder Antworten zu verlangen.
    »Offensichtlich informieren dich deine Auftraggeber nicht besonders gut. Was kann ich daran ändern?«
    Arkady erwiderte nichts, unter anderem weil sie recht hatte – und zum Teil, weil er seine verblassten Erinnerungen an die Zeit vor der Abspaltung durchsuchte, um herauszufinden, was ein »Auftraggeber« war.
    Der Säuberungs- und Desinfektionszyklus endete. Die Luftschleuse öffnete sich wie eine Irisblende, und ein scharfer Luftstoß schlug ihnen entgegen, der nach Weltraum, Eis
und Viruflex roch. Arkady schaute in den langen Schlauch hinunter, aber alles, was er sehen konnte, waren abgenutzte weiße Wände, die sich in die Dunkelheit krümmten.
    Osnat legte ihm eine Hand ins Kreuz und schob ihn in den flimmernden Sprühregen des antimikrobiellen Zyklus. Als er sich die brennende Flüssigkeit aus den Augen geblinzelt hatte, stand sie neben ihm in dem Schlauch und tänzelte das Schwanken mit der Leichtigkeit eines erfahrenen Raumfahrers aus. Arkady brauchte erstaunlich lang, bis er die Waffe in ihrer Hand bemerkte.
    »Du bist ein ganz schön jämmerlicher Spion, mein Junge.«
    »Ich bin kein …«
    »Ja, klar. Ameisen. Das hast du mir selbst gesagt. Aber reg dich ab. Wo wir hinfliegen, gibt’s jede Menge Ameisen.«
    »Wohin fliegen wir denn?«
    »Zieh dich einfach an. Man hat dir doch wohl beigebracht, wie man eine NBC-Ausrüstung bedient, oder?«
    Der nuklear-biologisch-chemische Schutzanzug sollte, Korchows Worten zufolge, lediglich Allergien unterbinden. Was Arkady, solange er nicht darüber nachdachte, einigermaßen beruhigt hatte. Er zog das Set aus seinem Rucksack und versuchte es zu aktivieren. Seine Finger mühten sich mit den ungewohnten Bedienungselementen ab. Osnat verlagerte ungeduldig das Gewicht von einem Fuß auf den anderen, fluchte zwischen zusammengebissenen Zähnen und entriss ihm das Set schließlich.
    Er dachte daran, den Moment auszunutzen, in dem ihre Hände beschäftigt waren. Er stellte sich vor, wie er sie entwaffnen und durch die Luftschleuse in die relative Sicherheit der Station zurückkehren würde. Aber ein Blick auf Osnats harten Körper und ihre starken Hände entmutigte ihn schnell.
    Sie zog ihm die Maske übers Gesicht und erläuterte ihm mit knappen Gesten ihrer zerschrammten Finger die Funktionsweise der Filter. »Diese Leitung lässt sich an einen zusätzlichen
Lufttank anschließen, wenn du einen brauchst. Der Tank muss hier und hier einrasten. Hast du Ersatzfilter mitgenommen?«
    Er schaute nach. »Ja.«
    »Du wirst sie brauchen. Du bist nicht geschaffen, um dort zu überleben, wo wir hinfliegen.«
    »Du denn?«
    Sie schielte ihn an, die Lippen zu einer blutleeren Linie zusammengepresst. Irgendwie hatte die Frage – die er so belanglos fand, als hätte er nach dem Wetter gefragt – sie verärgert.
    Sie tat es mit einem Schulterzucken ab. »Könnte man wohl so sagen. Einige Millionen Jahre der besten Technik, die man mit Geld nicht bezahlen kann. Was ist mit den Injektionen, die man dir verabreichen sollte?«
    Er hatte Dutzende Injektionen bekommen, angefangen mit einem verwirrenden Sortiment an Antiallergenen und probiotischen Bakterien bis hin zu Impfungen gegen Cholera, Tuberkulose, Polio, Gelbfieber und Vogelgrippe. Arkady hatte Stunden in seiner kahlen weißen Kabine in der Orbitalstation von Gilead verbracht – in jeder Hinsicht eine Gefängniszelle, auch wenn kein Schloss an der Tür war und er sie nie als eine Zelle betrachtet hätte, bevor Arkasha auftauchte und aus den Injektionen, die Korchow ihm verabreichte, Rückschlüsse zu ziehen versuchte, wohin man ihn schicken würde. Aber keine Immigrationsbehörde im UN-Raum verlangte
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