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Lichtjagd

Lichtjagd

Titel: Lichtjagd
Autoren: Chris Moriarty
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Techniker schließlich auf Hebräisch.
    »Wie sicher sind Sie?«, fragte Mosche.
    Der Mann breitete die Hände auseinander.
    »Und was wäre erforderlich, damit wir uns ganz sicher sein können?«
    »Ich müsste eine Probe nach Tel Aviv schicken.«
    »Dann tun Sie’s. Diesmal gehe ich kein Risiko ein.«
    Diesmal?
    Der Techniker nahm die Sonde und die Probensammler und zog sich ans Stromraumterminal zurück. Und dann, zu Arkadys Erstaunen und Bestürzung, warteten sie.
    Normalerweise hätte es Tage dauern müssen, bis die Probe den irdischen Orbitalring erreichte. Und es hätte Wochen gedauert, um von der verknöcherten Bürokratie, die den Technologie-Sperrlistenzusatz zum Kyoto-Protokoll durchsetzen sollte, eine Einfuhrerlaubnis zu erhalten. Statt dessen verfolgte Arkady mit zunehmendem Unbehagen, wie der Techniker seine Proben eine nach der anderen in das Terminal schob und Stromraumadressen eintippte, die mit dem berühmten dreifachen W begannen.
    Die Bedeutung dieser drei Buchstaben verschlug Arkady den Atem. Laut dem Sperrlistenzusatz war die Erde nicht an den Stromraum angeschlossen. Wenn Mosche direkt mit der Erde kommunizieren konnte – und erst recht, wenn er Gewebeproben zur Analyse teleportieren konnte –, mussten ihm ein transportables Bose-Einstein-Terminal und eine sichere Verschränkungsquelle außerhalb der Verschränkungsbanken und BE-Relais des UN-Netzwerks zur Verfügung stehen. Nur eine Handvoll privater Entitäten im UN-Raum verfügte über
die finanziellen Mittel, um private Verschränkungsbanken zu unterhalten; nur die reichsten KIs und Neomenschen. Und natürlich einer der ständigen Joker der UN-Politik, ein solch archaischer Typ von Entität, dass ihre bloße Existenz den politischen Philosophen der Syndikate blankes Entsetzen einflößte: die Nationalstaaten der Erde.
    Sie sind Tiere , hatte Arkady auf Gilead protestiert, als ihm klar wurde, dass er möglicherweise mit Nationalisten zu tun haben würde. Schlimmer als Tiere. Was könnten wir mit denen gemeinsam haben?
    Es gibt ein altes arabisches Sprichwort , hatte Korchow hinter der Maske seines unergründlichen KnowlesSyndikat-Lächelns geantwortet. Der Feind meines Feindes ist mein Freund. Und auch tausend idealistische Resolutionen des Generalrats können nichts daran ändern, dass die Erde ihre Hand am Wasserhahn des Orbitalrings hat.
    Aber Mosche sah nicht wie einer der Nationalisten in Arkadys alten soziobiologischen Lehrbüchern aus. Und er machte ganz sicher nicht den Eindruck, dass er jemandem das Wasser abdrehen würde, wenn er nicht davon überzeugt war, dass er aus den Nöten der Betroffenen Kapital schlagen konnte.
    Arkady spürte ein seltsames Stechen hinter den Augen, blinzelte und begriff dann erst, dass seine Nase lief. Er rümpfte verstohlen die Nase und sah umher, in der Hoffnung, dass es niemand bemerkt hatte.
    »Hier hast du ein Taschentuch«, sagte Mosche.
    Arkady nahm das Ding widerwillig an und fragte sich, wie er es benutzen sollte. Dann, zu seiner Scham und Entsetzen, nieste er.
    »Na los. Putz dir die Nase.«
    »Darf ich mich einen Moment zurückziehen?«
    »Wieso? Wir sind doch Barbaren, schon vergessen? Deine feinen Syndikatsmanieren sind hier fehl am Platze.«
    Auf einmal begriff er es. Mosche hatte ihm eine Falle gestellt, und er war ohne einen Blick zurück hineingetappt. Und
jetzt hatte Mosche ihn da, wo er ihn haben wollte: Er machte sich mehr Gedanken darüber, vor aller Augen zu niesen, als die Aufgabe zu erledigen, die Korchow ihm anvertraut hatte.
    Er putzte sich die Nase – etwas, das er seit seinem sechsten Lebensjahr nicht mehr vor anderen getan hatte –, und danach hielt er das benutzte Taschentuch einfach in der Hand, weil er nicht wusste, was er damit tun sollte.
    Mosche lächelte.
    »Er ist sauber«, erklärte der Techniker hinter seinem Terminal. Arkady wurde klar, dass vermutlich alle Anwesenden den Atem angehalten hatten; er hörte ein Seufzen kollektiver Erleichterung über die Neuigkeit.
    »Na prima.« Mosche klang wie ein Professor, der die Hörer seiner Vorlesung auf ein schwieriges theoretisches Gelände führte. »Da wir nun wissen, dass du perfekt bist: Würdest du uns verraten, welchen Umständen wir das Vergnügen deiner perfekten Gesellschaft verdanken?«
    »Ich habe es schon erklärt«, sagte Arkady, womit er sich immer noch an Korchows Skript hielt. »Die Syndikate …«
    »Ja, ja, ich kenne das auswendig. Die Syndikate haben eine Art mysteriöse genetische Waffe entwickelt,
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