Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liberator

Liberator

Titel: Liberator
Autoren: Richard Harland
Vom Netzwerk:
auf der anderen Seite wieder auf. Die Gestalten in ihnen wurden größer und größer, je näher sie kamen. Jetzt konnte Col auch sehen, dass die Waffen, die sie in den Armen hielten, viel unhandlicher und größer waren als gewöhnliche Gewehre. Und als die Seilgleiter die ersten Schüsse abgaben, wusste er, um welche Waffen es sich handelte.
    Rat-tat-tat-tat-tat-tat-tat-tat ! Rat-tat-tat-tat-tat-tat-tat-tat !
    Nur ein Maximgewehr konnte ohne Unterbrechung schießen.
    »Das war also das Projekt«, rief Col aus. »Maximgewehre!«
    »Ja, das sind Maximgewehre«, sagte Riff, »aber das war nicht das Projekt. Kuck doch mal ganz genau hin!«
    Dutzende von Gestalten kamen wie große Vögel vom Himmel geschwebt. Die Truppen warteten ihre Ankunft nicht mehr ab, sondern suchten ihr Heil in der Flucht. Als der erste Seilgleiter den Erdboden mit einem dumpfen Aufprall erreichte, waren keine Soldaten mehr in ihrer Nähe. Col konnte sehen, wie er schnell aus der Schlinge schlüpfte und drohend mit dem Gewehr in alle Richtungen zeigte. Es war eine Frau. Sie war stämmiger als die anderen Dreckigen und trug ihr Haar zu einem Knoten gebunden. Col kannte sie nicht. Aber das Ungewöhnlichste an ihr war, dass sie die graue pyjamaähnliche Uniform der Gesindlinge trug.
    »Wieso trägt sie denn Gesindlingskleidung?«, fragte Col.
    Riff lachte laut. »Na, weil sie ein Gesindling war!«
    »Aber …« – »Das war das Projekt!«
    »Was?« – »Die Gesindlinge wieder zu Dreckigen zu machen!«
    Col starrte die Frau mit dem Maximgewehr an. Sie hatte weder die typischen gebeugten Schultern eines Gesindlings noch den schlurfenden Gang. Ihre Augen blickte lebhaft und klar, und ihre Bewegungen waren wendig und flink. Einzig ihr zum Knoten gebundenes Haar und die Uniform erinnerten an einen Gesindling.
    Er konnte seinen Augen kaum trauen – und doch war es wahr. Septimus und der Professor hatten Bücher ausfindig gemacht, erinnerte sich Col, die erklärten, wie Dreckige zu Gesindlingen gemacht wurden. Sie mussten also einen Weg gefunden haben, diese Umwandlung rückgängig zu machen. Doch was die Magnete damit zu tun hatten …
    Mittlerweile waren mehr und mehr Seilgleiter gelandet: Alle trugen Gesindlingskleidung, alle trugen Maximgewehre. Hin und wieder feuerten sie eine Salve. Rat-tat-tat-tat-tat-tat-tat !
    Die imperialistischen Soldaten schienen die tödliche Wirkung der Dauerfeuerwaffen zu kennen, denn jetzt rannten sie, so schnell ihre Füße sie trugen.
    Cree beugte sich über den verletzten Jarvey, und Dunga wandte sich mit fragendem Blick zu Riff. »Wieso landen die eigentlich hier?«
    »Haben bestimmt denselben Plan wie wir.«
    »Was? Den Turm in die Luft jagen?«
    »Wir können ja mal fragen.«
    Sie sprangen vom Tieflader und eilten zu der Seilgleiterin. Col sah hoch zum Liberator und beobachtete, wie immer neue Schlingen an den Seilen festgemacht wurden. Weiter unten sah er Verteidiger, die aus den Bullaugen lehnten und mit lassoartigen Wurfschlingen versuchten, die Sturmleitern umzukippen. Das Blatt hatte sich wieder gewendet; die Belagerung brach in sich zusammen.
    Die Seilgleiterin ging mit Riff und Dunga zum Tieflader. Die Soldaten mussten an dem leblosen Körper des Fahrers gezerrt haben, denn der Kopf lag nicht mehr auf dem eisernen Lenkrad, und sein Fuß drückte das Pedal nicht mehr hinunter.
    »Kannst du dieses Ding fahren?«, rief Riff Col zu.
    »Wieso, sind wir wieder beim ersten Plan? Den Turm in die Luft zu jagen?«
    »Ja, und jetzt haben wir dabei Unterstützung. Also: Kannst du das Ding fahren?«
    Col ging im Geiste noch einmal durch, was der Fahrer gemacht hatte. »Ich glaub schon.«
    Die Seilgleiterin zeigte auf ihr Maximgewehr. »Worauf warten wir noch!« Sie hörte sich wie eine ganz normale Dreckige an; Col konnte einfach nicht fassen, dass sie gerade erst ihre Sprache wiedergewonnen hatte.
    »Gut«, sagte er und fragte Cree: »Was ist mit Jarvey? Können wir ihn bewegen?«
    Cree blickte auf den verletzten Jarvey. »Ja. Er ist bei Bewusstsein. Durch das Blut sieht’s schlimmer aus, als es ist.«
    Also hoben sie ihn über das Gitter und reichten ihn an Riff und Dunga weiter. Jarvey grinste sie schief an, als sie ihn auf den Boden legten. »Gewinnen wir?«, fragte er.
    »So gut wie«, antwortete Riff.
    Die Seilgleiterin hatte den toten Fahrer aus dem Führerstand geschoben, und Col nahm seinen Platz ein. Er fand den Griff und drehte ihn. Die Maschine gab zischend eine große Dampfwolke von sich. Dann drückte er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher