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Lexikon der Oeko-Irrtuemer

Lexikon der Oeko-Irrtuemer

Titel: Lexikon der Oeko-Irrtuemer
Autoren: Dirk und Miersch Maxeiner
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aufhält, bekommt soviel Strahlung ab wie ein AKW-Arbeiter im ganzen Jahr«, behauptet der Marburger Nuklearmediziner Horst Kuni. 1 Seiner Meinung nach sei die biologische Wirkung der Neutronenstrahlen 30- bis 60mal intensiver als bisher angenommen.
    Die Gerichte mochten diesen Positionen nicht folgen, weil sie fachlichen Qualitätsprüfungen nicht standhielten. Die Kritiker konnten sich nicht durchsetzen. So widersprachen sie vor dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg dem Sachverhalt nicht, daß die an Modellen gemessenen Prüfergebnisse auf größere Behälter ebenso übertragbar seien wie ingenieurmäßige Computersimulationen und daß diese Prüfverfahren von der Internationalen Atomenergiebehörde ausdrücklich zugelassen seien. 2
    Die derzeitigen Castor-Behälter erhielten ihre Zulassung vom Bundesamt für Strahlenschutz aufgrund von Testergebnissen ihrer Vorgänger-Modelle. Mehr als 70 Belastungsproben wurden an 13 verschiedenen Bautypen durchgeführt. Die Behälter müssen folgenden Extremsituationen standhalten: einem Fall aus neun Metern Höhe auf einen Betonsockel, einem halbstündigen 800 Grad heißen Feuer, einem simulierten Zusammenprall mit einem abstürzenden Flugzeug. 3
    Nach den Messungen des Bundesamtes für Strahlenschutz entspricht die Dosis bei einem sechsstündigen Einsatz unmittelbar neben dem Behälter etwa der kosmischen Strahlung bei einem Flug in die Vereinigten Staaten und zurück. Die Strahlendosis, die beim Castor nach außen tritt, darf 0,1 Millisievert (Einheit für die biologische Wirkung von Radioaktivität) nicht überschreiten. »Im Schnitt liegen wir bei 40 Prozent der zulässigen Grenzwerte«, sagt Wilhelm König vom Castor-Hersteller aus Essen. 4
    Gleichwohl sind einige Atomtransporte 1998 durch Grenzwertüberschreitungen aufgefallen. Die Oberflächenkontamination stammte allerdings nicht aus dem Inneren der Behälter, sondern wurde wahrscheinlich beim Be- oder Entladen aufgebracht. Nach Auskunft des Bundesamtes für Strahlenschutz und des Bundesumweltministeriums war die Strahlung so gering, daß sie »während des Transports nicht meßbar war«. Andererseits erschüttert die Tatsache, daß Fälle von radioaktiven Verunreinigungen offensichtlich seit längerem bekannt waren, die Glaubwürdigkeit der Verantwortlichen bis ins Mark. Gegen eine Strahlengefahr für deutsche Polizisten, Begleitpersonal oder Bevölkerung spricht dennoch folgende Tatsache: Polizisten und Begleitpersonal trugen während der Transporte Dosimeter, die keine erhöhte Strahlenbelastung ausgewiesen haben. Nach französischen Angaben haben auch die Arbeiter in der Endladestation keine unzulässige Strahlendosis erhalten.
      
    1 Die Woche vom 28. 2. 1997. 2 Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 17. 2. 1997. 3 Forschungszentrum Karlsruhe, Lexikon Kernenergie, 1997. 4 Focus Nr. 9/1997

»In der Nähe von Atomanlagen häufen sich die Leukämiefälle«
      
    Dieser Vorwurf wird seit vielen Jahren erhoben. In Deutschland spitzte er sich im Zusammenhang mit dem Kernkraftwerk Krümmel an der Elbe zu. Tatsächlich wurden in der Elbmarsch seit 1989 elf Leukämiefälle bei Kindern und Jugendlichen gemeldet. Wegen der politischen Brisanz gehören die Vorfälle heute wohl zu den am besten untersuchten ihrer Art. Die bisherigen Ergebnisse kann man wie folgt zusammenfassen:
      
    › Regionale Häufungen von Leukämieerkrankungen, sogenannte »Cluster«, sind nicht ungewöhnlich und kommen auch weit abseits von Atomkraftwerken vor. In Norddeutschland ist dies beispielsweise in Sittensen und in einer kleinen Gemeinde bei Elmshorn der Fall. Diese Cluster können nichts mit einem Atomkraftwerk zu tun haben, weil nämlich keines in der Nähe ist. 1
    › Prinzipiell ist es problematisch, aus Clustern mit so geringer Fallzahl wie in Norddeutschland allgemeine Rückschlüsse zu ziehen - hier kann nämlich der Zufall eine große Rolle spielen.
    › Jörg Michaelis, der Leiter des Kinderkrebsregisters in Mainz, konnte bei einer großangelegten Vergleichsuntersuchung von 20 Atomkraftwerkstandorten in Deutschland kein erhöhtes Krebsrisiko feststellen. Die Studie wurde vom Bundes-Umweltministerium in Auftrag gegeben. 2
    › Krebsspezialisten weisen darauf hin, daß die Art der um Krümmel aufgetretenen Leukämieerkrankungen normalerweise nicht durch Strahlung, sondern durch andere Faktoren ausgelöst wird. Krebsärzte der Universität Kiel gehen davon aus, daß bei zu hoher Strahlung eine auffällige Häufung von Schilddrüsenkrebs
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