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Lexikon der Oeko-Irrtuemer

Lexikon der Oeko-Irrtuemer

Titel: Lexikon der Oeko-Irrtuemer
Autoren: Dirk und Miersch Maxeiner
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In Deutschland will die Industrie bis mindestens 2010 auf den Bau neuer Anlagen verzichten 4 , was danach kommt, steht in den Sternen. Die Schweden wollen laut Parlamentsbeschluß vom Sommer 1997 bis zum Jahr 2010 ihre zwölf Atommeiler abschalten.
    Weltweit sind derzeit noch 34 Atomkraftwerke im Bau, vor allem in Asien, einige auch in Osteuropa. Vor einem Jahrzehnt waren es fünfmal so viele. Indien besitzt zehn, China drei Atommeiler. Beide Länder wollen ihren steigenden Energiebedarf mit zusätzlichen Anlagen decken.
    Taiwan und Nordkorea planen ebenfalls weitere Anlagen. Die größte Baustelle betreiben jedoch derzeit die Südkoreaner, die zu ihren zehn laufenden Meilern noch einmal dieselbe Zahl errichten lassen. Finanzielle Schwierigkeiten lassen einige Projekte in Asien jedoch inzwischen gefährdet erscheinen.
    Japan, das mit 51 Reaktoren an dritter Stelle in der Welt steht, hat seine hochfliegenden Pläne reduziert. Von den 15 neuen Reaktoren, die bis zum Jahr 2010 geplant waren, wird vermutlich keiner gebaut. 5 Das Erdbeben von Kobe und eine Reihe von Störfällen ließen bei der Bevölkerung Zweifel an der Sicherheit von Atomanlagen aufkommen. Vertuschungsversuche der Betreiber brachten die Menschen zusätzlich auf.
    Die Brütertechnologie ist weltweit praktisch zum Stillstand gekommen - die insgesamt fünf schnellen Brüter sind meist außer Betrieb. Der deutsche Brutreaktor in Kalkar wird zum Freizeitpark umfunktioniert. Für die Industrie wird die Entwicklung von Atomkraftwerken zusehends zum Geschäft ohne Grundlage, und sogar der Nachwuchs bleibt aus. Adolf Birkhöfer, ein führender Kernkraftexperte aus München klagt, er habe statt früher 20 bis 30 nur noch fünf bis sechs Studierende auf seinem Gebiet.
    Die Flaute hat freilich nicht nur politische, sondern auch handfeste ökonomische Gründe: Die neue Generation von kleinen und höchst effizienten mit Erdgas betriebenen Kraftwerken liefert Strom zu einem halb so hohen Preis wie die großen Atomkraftwerke. 6
      
    1 Forschungszentrum Karlsruhe, Lexikon Kernenergie, 1997. 2 Die Zeit vom 19. 4. 1996. 3 Der Spiegel Nr. 24/1996. 4 die tageszeitung vom 6. 3. 1997. 5 Die Zeit vom 19. 4. 1996. 6 Der Spiegel Nr. 24/1996.

Rettet Atomenergie das Klima?
      
    Die Hoffnungen der Betreiber und Hersteller von Atomkraftwerken ruhen derzeit paradoxerweise auf den Umweltschützern. Je dramatischer das Szenario vom Treibhauseffekt an die Wand gemalt wird, desto besser für die Atomkraft. Seit dem Klimagipfel von Kioto ist es zumindest in der europäischen Gemeinschaft amtlich: Wer viel Atomstrom produziert, schadet dem Klima weniger. In Frankreich liegt die Emission von Kohlendioxid (CO 2 ) mit 6,5 Tonnen pro Kopf und Jahr nur etwa halb so hoch wie in Deutschland - vor allem dank des hohen Nuklearanteils beim Strom. 1 Atomkraftwerke verursachen durch ihren Betrieb selbst praktisch keine CO 2 -Emissionen. Aus diesem Grund brauchen die Franzosen zur in Kioto verabredeten CO 2 -Reduktion der EU praktisch nichts beizutragen, sondern können so weitermachen wie bisher. Der starke Ausbau der Atomenergie zahlt sich damit für unsere Nachbarn klimapolitisch aus. Deutsche Umweltschützer haben diesen Umstand stillschweigend zur Kenntnis genommen, befinden sie sich doch in einer argumentativen Zwickmühle: Sollte die These vom menschengemachten Treibhauseffekt stimmen, gibt es in der Tat Argumente, zumindest an der Option Kernenergie festzuhalten und neue, sicherere Reaktoren zu entwickeln.
    Sollte die These vom Treibhauseffekt jedoch nicht oder nur sehr begrenzt zutreffen (siehe Kapitel »Klima«) , brauchte man auf absehbare Zeit zwar keine neuen Atomkraftwerke - das Horrorszenario von der Klimakatastrophe hätte dann allerdings ebenfalls ausgedient.
      
    1 Die Zeit vom 20. 12. 1996. 

»Der Protest gegen Castor-Transporte beschleunigt den Atom-Ausstieg«
      
    Es ist sicherlich legitim und auch verständlich, wenn Menschen in ihrer näheren Umgebung kein Atomendlager haben wollen. Die Nachbarn des geplanten Endlagers im ehemaligen Salzstock von Gorleben protestieren mit der gleichen Berechtigung, wie sich andernorts Bürger ebenfalls gegen ungeliebte öffentliche Bauprojekte wehren.
    Es ist jedoch ein Trugschluß zu glauben, hiermit beschleunige man zugleich den Ausstieg aus der Atomenergie: Das Gegenteil ist der Fall. Auf diesen Widerspruch machte Ende 1996 der engagierte Atomkritiker Michael Sailer vom Darmstädter Öko-Institut aufmerksam. »Euer Widerstand gegen
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