Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Leute, mein Herz glueht

Titel: Leute, mein Herz glueht
Autoren: Alexa Hennig Lange
Vom Netzwerk:
verglühte Asche manisch im Aschenbecher abklopft: »Johannes ist hier, weil er es nicht ertragen hat, zu Hause rumzusitzen und nicht zu wissen, was mit euch beiden nun ist.«
    Ich nicke und mit grimmigem Blick in Richtung Johannes rutscht mir raus: »Tja, dann wisst ihr ja, wie ich mich gestern gefühlt habe. Ganz genauso. Mit dem Unterschied, dass ich gerade aus der psychosomatischen Klinik entlassen worden war.«
    Johannes schnäuzt sich in ein Taschentuch aus Alinas Kleenexbox. Dann streicht er sich schniefend seinen hellblonden Pony zurück und meint mit belegter Stimme: »Und? Was ist nun? Ich habe den ganzen Abend auf dich gewartet. Aber du bist nicht gekommen.«
    »Ich konnte nicht früher.«
    »Und warum bist du jetzt hier?«
    »Weil Arthur mich hergefahren hat.«
    Alina und Johannes glotzen mich an wie zwei Minderbemittelte. »Wieso das denn?«
    Ich zucke mit den Schultern, und mich macht etwas nervös, dass Alina zu Hause in ihrem Zimmer Zigaretten raucht. Das darf sie bestimmt nicht. Ich sage: »Darfst du hier rauchen?«
    Alina klopft wieder ihre Asche ab. »Nein.«
    Leute, das beruhigt mich. Ich hasse es, wenn es Ärger gibt. Und es wird definitiv Ärger geben, wenn ihre Eltern merken, dass sie hier oben in ihrer Bude quarzt. Aber gerade scheint Alina andere Sorgen zu haben. Sie fragt schon wieder: »Ja, aber was willst du hier? Johannes hat total lange auf dich gewartet. Überhaupt finden wir total schlimm, was du hier für eine egoistische Nummer durchziehst. Zuerst machst du Johannes Hoffnung, regst dich dann auch noch total auf, dass wir zusammen rumgeknutscht haben, um dann wieder zu Arthur zurückzugehen. Das ist total unfair. Richtig, richtig link.«
    Ich hole tief Luft, und plötzlich finde ich, die sollten aufhören, mich zu verurteilen. Ich habe das alles ja nicht in böser Absicht getan, sondern weil ich mich echt in Johannes verliebt hatte. Und genau das sage ich ihm jetzt: »Johannes, ich habe mich damals echt in dich verliebt und ich liebe dich noch immer. Du bist der Tollste, den man sich wünschen kann. Aber ich kann nicht bei dir bleiben. Wir sind wie Romeo und Julia, wie die beiden Königskinder oder so und darum werden wir niemals zueinanderfinden.«
    Leute, den Spruch habe ich von Helmuth, habt ihr ihn wiedererkannt? Gelobt sei Helmuth. Ich denke, meine Ansprache war korrekt und aufrichtig. Alina scheint allerdings nicht der gleichen Meinung zu sein. Die ist eben doch schon senil. Die weiß überhaupt nicht, wie das wahre Leben läuft. Sie stampft ihre Zigarette im Aschenbecher aus und ihre Augen glühen vor Wut. »Was denkst du eigentlich, wer du bist? Dass du mit Leuten spielen kannst? Das ist ja wohl das Allerletzte. Verzieh dich!«
    Ich stottere: »Halt dich da raus! Du hast doch keine Ahnung.«
    Aber da steht Johannes von dem knatschigen Ledersofa auf und wischt seine löchrige Jeans an den Oberschenkeln glatt. Ich sehe, er hat seine roten Paillettenchucks an - genau wie an dem Abend, an dem wir uns zum ersten Mal begegnet sind. »Frühlingserwachen« hieß das Stück. Er saß neben mir in der letzten Reihe und hat mich angegrinst, weil wir beide wussten, dass wir zwei künstlerisch veranlagte Typen sind. Weil wir uns gut verstehen würden. Weil es gut wäre, wenn wir zusammen wären. Johannes’ Vater ist Bildhauer. Und ich will doch Bildhauerin werden. Er kommt aus einer guten Familie. Und ich mag seine Mutter. Johannes kann ganz toll Keyboard spielen und er hat das tollste Zimmer mit der besten Plattensammlung. Überhaupt kann er ganz toll zeichnen und wir hatten immer viel zu lachen. Johannes lässt die Schultern hängen und er sagt ganz leise: »Lelle, ich glaube, es ist wirklich besser, wenn du jetzt gehst.«
    Und ich sehe in seine Augen und auf seine Hände, die mich gestreichelt haben. Seine nackten Arme, die mich gehalten haben, und ich weiß, dass sie es nie wieder tun werden. Weil diese Ära unwiederbringlich vorbei ist. Ich werde nie wieder mit ihm auf seiner Matratze sitzen und nie wieder seine Bilder angucken, die er selbst gemalt hat. Mit letzter Kraft stoße ich mich von der Seitenwand des Kleiderschranks ab und presse die Lippen fest zusammen. Ich will nicht weinen. Mit dem Kapuzenpulliärmel von Arthur wische ich über meine brennenden Augen und flüstere: »Es tut mir leid. Ich habe dich sehr geliebt.«
    Dann drehe ich mich um und renne raus aus dem Zimmer, die Treppe runter. Aus dem Wohnzimmer dringt Blas-Marschmusik. Ich reiße die Haustür auf und renne den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher