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Lesley Pearse

Lesley Pearse

Titel: Lesley Pearse
Autoren: Wo das Gluck zu Hause ist
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ihnen Einlass verschaffen.
    Die Band fing um sieben Uhr an zu spielen, und die Türen wurden weit geöffnet. Sidney, in grüner Jacke und bestickter Weste, stand mit seinem neuen Personal hinter der Bar bereit. Die Kellner trugen rote Jacken, die Kellnerinnen rote, mit Rüschen besetzte Kleider und eine einfache, mit Federn versehene Kopfbedeckung.
    Fast alle Mädchen hatten früher einmal in der Folsom Street gewohnt und später Stellen als Bedienstete oder Kellnerinnen angenommen. Aber sobald sie von Matildas Rückkehr gehört hatten, waren sie zu Dolores gegangen, in der Hoffnung, sie könnte Matilda überreden, sie einzustellen. Es freute Matilda sehr, ihre leuchtenden Gesichter zu sehen, doch gleichzeitig wurde sie durch die Mädchen daran erinnert, dass sie bald ihren Kampf gegen die Prostitution wieder aufnehmen musste. Seit der Befreiung der Sklaven waren viele sehr junge Schwarze den Bordellbesitzern ins Netz gegangen.
    In ihrem neuen schwarzen Samtkleid und mit ihrem gefiederten, mit Pailletten besetzten Hut, der denen der Kellnerinnen ähnelte, begrüßte Matilda jeden Gast persönlich. Sie hatte geschworen, den Rest ihres Lebens Trauer zu tragen, doch Dolores hatte während des Frisierens trocken bemerkt: »Sie haben Glück, dass Ihnen Schwarz hervorragend steht, Ma’am. Manche Damen sehen darin aus wie alte Krähen, Sie ähneln eher einem gefallenen Engel.«
    Unter ihrem Unterrock jedoch trug Matilda das übrig gebliebene rote Strumpfband. Es trieb ihr die Tränen in die Augen, wenn sie daran dachte, wo sein Gegenstück war, vergraben mit James oben in Gettysburg. Doch als sie es angezogen hatte, hatte sie gespürt, dass sie aus James’ Wesen Kraft für diesen Abend schöpfen konnte.
    Es waren alle gekommen, die sie wirklich sehen wollte. Frühere Goldgräber, die jetzt Geschäfte besaßen, Hotelbesitzer, Zimmerleute und Maurer, Stauer und Geschäftsleute, und fast alle hatten sie ihre Damen mitgebracht. Es waren keine Baumwollhemden und schmutzigen Stiefel wie bei der ersten Premiere zu sehen, jeder sah zurechtgemacht und elegant aus. Sogar Alicia war an Henrys Seite erschienen, und es bereitete Matilda ein wenig Freude, dass sie nicht gut alterte. Ihre Zähne waren verschwunden, ihre Wangen eingefallen, und in ihrem Kleid aus lavendelfarbener Seide sah sie matronenhaft und altmodisch aus.
    Die Show wurde mit dem Cancan der Tänzerinnen eröffnet, und obwohl jeder die Aufführung schon zahllose Male zuvor gesehen hatte, waren sie alle genauso gebannt wie damals, als Zandra den Tanz eingeführt hatte.
    Den Kellnern und Kellnerinnen wurde an diesem Abend einiges abverlangt, denn heute gingen alle Getränke aufs Haus. Doch ganz offensichtlich hatte jeder genügend Drinks bekommen, denn als die Kapelle der schwarzen Musiker zu spielen begann, fielen alle lärmend in die Lieder ein und sangen Oh, Susanna und viele andere alte Stücke aus den frühen Tagen des Goldrauschs.
    Dolores war aus der Wohnung geschlüpft und sah sich die abschließende Show der Tänzerinnen an. Sie passte an diesem Abend auf James und Elizabeth auf, damit Mary bei Sidney sein konnte. Als die Mädchen noch einmal um die Bühne flogen, bevor sie im Umkleideraum verschwinden würden, drückte sie Matildas Arm. »Ich glaube, Miss Zandra ist heute Abend zu uns zurückgekommen, genau wie der Captain. Ich kann ihr Lachen ganz deutlich hören.«
    Matilda konnte nichts sagen. Sie hörte beinahe Zandras letzte Worte an jenem Abend vor vielen Jahren. »Erkennst du diesen Geruch? Es ist der Geruch des Erfolgs!«
    Später an diesem Abend, nachdem alle gegangen waren, setzten Matilda, Sidney, Peter und Mary sich an die Bar und nahmen noch ein letztes Glas Champagner. Der Boden war schmutzig, nass von verschütteten Drinks und voller Zigarrenstummel; hunderte leerer Flaschen standen herum und noch viel mehr Gläser.
    »Auf gute Freunde, die nicht bei uns sein können«, sagte Peter und hob sein Glas.
    Sidney sah ihn scharf an. Wahrscheinlich fand er es unangemessen, einen Schatten auf diesen wunderbaren Abend zu werfen, denn die einzige lebende Person aus ihrem Kreis, die fehlte, war Tabitha.
    »Ja, auf unsere guten Freunde«, stimmte Matilda zu. »Lasst sie uns immer in unseren Herzen tragen und in liebevoller Erinnerung behalten, aber dennoch stets in die Zukunft sehen und wertschätzen, was wir jetzt besitzen.«
    »Was wird das nächste Projekt sein?«, erkundigte sich Sidney, nachdem sie alle auf den ernsten Spruch angestoßen hatten.
    »Du
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