Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lesereise Sizilien

Lesereise Sizilien

Titel: Lesereise Sizilien
Autoren: Natalie John
Vom Netzwerk:
Lebensmittel. Sie sind ein Zeichen gegen die Macht der Mafia«, sagt Don Luigi Ciotti. Er ist der Vorsitzende der Anti-Mafia-Bewegung Libera und kämpft seit 1995 gegen jede Art von Mafia-Vereinigung. Die Idee der Bebauung von Ex-Mafia-Feldern hat er zusammen mit dem Präfekten von Palermo ausgearbeitet. »Padre Coraggio« nennen sie ihn.
    Geboren wurde er in Cadore, im Veneto. Dort kümmerte er sich um drogenabhängige Jugendliche und Häftlinge, in den siebziger Jahren wurde er Priester, kämpfte für die Rechte der Aidskranken. Seit den neunziger Jahren ist sein Feindbild die Mafia. Er ging nach Sizilien, gründete dort die Zeitschrift Narcomafia und erhielt 1999 die Ehrenbürgerschaft von Caltanissetta. Sein Projekt »Libera Terra«, freies Land, das die Konfiszierung und Verteilung aller Mafia-Güter vorsieht, fand schnell Anklang in der sizilianischen Bevölkerung. Im Dezember 2001 wurde die Agrargenossenschaft »Placido Rizzotti Libera Terra« gegründet, der rund zehn junge Arbeitslose angehören.
    »Wir haben die Genossenschaft einem jungen Mann gewidmet, der sterben musste, weil er den Mord an Placido Rizzotto beobachtet hat«, erklärt Ciotti. Finanziert wird die Pasta -Produktion von der Region Sizilien und dem Innenministerium in Rom.
    »Wir wollen, dass der Staat alle Güter der Mafiosi und der Korrupten konfisziert, wir wollen, dass diese Güter so schnell wie möglich an die Gesellschaft zurückgegeben werden, um so Arbeit, Schulen und Sicherheit zu schaffen.« Mit diesen Worten hat Libera 1995 zu einer Volks-Petition aufgerufen. Ziel war es, ein veraltetes Gesetz zur Regulierung der konfiszierten Mafia-Güter zu reformieren. Es wurden mehr als eine Million Unterschriften gesammelt und 1996 konnte das Gesetz 109 verabschiedet werden, das die »Wiederverwertbarkeit der Mafia-Güter für soziale Zwecke« vorsieht. In den folgenden sechs Jahren wurden in Sizilien mehr als tausend Immobilien im Gesamtwert von hundertfünfzig Millionen Euro konfisziert.
    »Das ist ein doppelter Schlag ins Gesicht der Mafia«, freut sich Ciotti. »Nicht nur, dass sie ihre wirtschaftlichen Interessen nicht durchsetzen können, ihre Reichtümer werden zudem noch der Gesellschaft zurückgegeben.«
    So ist in der ehemaligen Villa des berüchtigten Mafia-Bosses Toto Riina aus Corleone heute eine Schule untergebracht. Auf den Feldern von Bernardo Provenzano hat »Libera Terra« Ölbäume angebaut.
    »Bis Ende kommenden Jahres wollen wir zwei Ferienbauernhöfe und ein Zentrum für Hippotherapie aufbauen«, erklärt Ciotti. »Auch Fort- und Weiterbildungskurse in Landwirtschaftskunde sind vorgesehen. Immerhin stehen hundertfünfundsiebzig Hektar hervorragendes Ackerland zu Verfügung.«
    Die Anti-Mafia-Pasta kann man übrigens für rund 1,30 Euro in den Filialen der Supermarktkette Coop kaufen, wenn man den tapferen Kampf unterstützen will …

»La Piovra«, die Mafia
Von Phantomen und Säurebädern
    Der Signore ist gedrungen, »u curtu«, der Kurze, wird er genannt, er ist dicklich, hat sein kurzes volles Haar in die Stirn gekämmt, was ihm einen etwas dümmlichen Gesichtsausdruck verleiht. Er hat ein feistes Gesicht, etwas aufgedunsen, hängende Mundwinkel, dicke Tränensäcke unter den Augen und sieht aus wie jemand, der sein Leben auf einem Amt abgesessen und auf die Rente gewartet hat. Er heißt Toto (Salvatore) Riina und soll weit mehr als tausend Morde auf dem Gewissen haben, viele davon eigenhändig erledigt auf brutalste Weise. »Boss der Bosse« nannte man ihn ehrfürchtig und über zwanzig Jahre stand er als »Staatsfeind Nummer eins« ganz oben auf den Fahndungslisten. Am 15. Januar 1993 schnappte die Falle zu, er wurde gefasst und zu mehrfach lebenslanger Haftstrafe verurteilt. Auch die spektakulären Sprengstoffattentate gegen die Richter Paolo Borsellino und Giovanni Falcone, die ganz Italien tief erschüttert haben, sollen auf sein Konto gehen. Der Verhaftung folgte die Beschlagnahmung seines Vermögens in Höhe von fünfzig Millionen Euro.
    Die zwei Jahrzehnte hat Riina nicht etwa im Untergrund verbracht, ist nicht in Südamerika untergetaucht, belastete sich weder mit wechselnden Identitäten noch mit umoperierten Gesichtern, sondern spazierte ganz vergnügt durch die Straßen von Palermo. Seine Frau bekam ein paar Kinder, brachte sie in staatlichen Krankenhäusern zur Welt, sie gingen in staatliche Schulen, waren amtlich registriert. Jeder wusste es, jeder kannte ihn. Doch der Mörder lebte im Schutz der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher