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Lesereise Sizilien

Lesereise Sizilien

Titel: Lesereise Sizilien
Autoren: Natalie John
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anzupassen. Den Drogenmarkt überlässt die sizilianische Cosa Nostra inzwischen fast vollständig anderen Gruppen, da mit Waffenhandel, mit illegalem Handel mit Rohstoffen, der illegalen Beseitigung von Müll und der Geldwäsche mehr Geld zu verdienen ist. Dazu werden Partnerschaften mit den Russen abgeschlossen, die ihre Gewinne von den Sizilianern waschen lassen. Mehrere Banken in der GUS wurden von Sizilianern gekauft beziehungsweise gegründet. Ende 1998 vermutete die russische Regierung, dass tausendfünfhundert Banken der Mafia gehörten. Zum größten Teil russischen Gangstern, aber eben auch einigen Sizilianern. Als eine wahre Goldgrube erwies sich die deutsche Wiedervereinigung in Sachen Geldwäsche. Um die achtzig Milliarden Mark soll laut Presseberichten allein die Cosa Nostra in Ostdeutschland gewaschen haben.
    1991 wurden Milliarden von Rubel durch westliche Verbrechergruppen »gekauft«. Auch damit wurden Gelder gewaschen. Da der russische Staat dringend Devisen brauchte, waren allerhöchste Staatsorgane in diese Affäre verwickelt. Es wurde der russischen Regierung zugesagt, dass mit den Devisen dringend benötigte Güter aus dem Westen besorgt würden. Die gekauften Rubel wurden zum größten Teil auf russischen Konten deponiert. Der russische Staat machte den Rubelaufkäufern große Zugeständnisse, unter anderem durften sie zollfrei kaufen und exportieren. Damit stieg die Mafia in den gewaltigen Rohstoffschmuggel ein und erstarkte. 1992 wurde zum bisher schlimmsten Jahr des Mafia-Terrors gegen den Staat. Mit der brutalen Ermordung der Richter Giovanni Falcone am 23. Mai und Paolo Borsellino am 19. Juni, beide wurden von Autobomben zerfetzt, erreichte eine Attentatswelle ihren Höhepunkt. Doch die erhoffte abschreckende Wirkung blieb überraschenderweise aus. Die Bevölkerung lehnte sich auf, ging auf die Straße, reagierte mit Generalstreiks und Großdemos. Mitte der neunziger Jahre war die Mafia wieder einmal beinahe am Ende. Dazu kam dann noch eine hohe Zahl aussagewilliger pentiti – der Reuigen: Das Terrorregime der Corleonesi unter Führung von Riina verbreitete auch nach innen Angst und Schrecken. Etliche Mafiosi wandten sich von dem System ab, abgeschreckt von sinnlosen und brutalen Morden. Zudem war Riina außerordentlich misstrauisch und sah überall Verrat. Vielen erschien daher die Staatsanwaltschaft als das kleinere Übel. Bis zu tausend Mafia-Mitglieder liefen über und schalteten die Cosa Nostra beinahe aus.
    1995 wurde ein entscheidendes Jahr für die Mafia: In Palermo begann unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen der Prozess gegen Giulio Andreotti. Im Jahr darauf ging Giovanni Brusca, der »Schlächter der Mafia« ins Netz. Damit war auch die Ermordung von Richter Falcone aufgeklärt, denn Brusca gestand, dass er den Finger an der Fernbedienung der Bombe gehabt hatte. Vierundzwanzig dicke Fische wurden zu lebenslanger Haft verurteilt, den anderen kroch die Panik den Rücken entlang. Die Mafia am Scheideweg: In einem Bauernhaus bei Mezzoiuso rief Provenzano schließlich die »pax mafiosa« aus. Anschläge auf wichtige Persönlichkeiten wurden verboten. Es müsse wieder Ruhe einkehren, damit man ungestört den Geschäften nachgehen könne, so seine Devise. Für die nächsten sieben Jahre muss Ruhe herrschen, bestimmte er und verließ den von Riina eingeschlagenen Weg der Gewalt. Schon eine ganze Weile vor Provenzanos Verhaftung sagte Leoluca Orlando in einem Interview: »Wenn die neuen, unbekannten Bosse, die Anzug und Krawatte tragen und vier, fünf Sprachen sprechen, ihn nicht mehr benötigen, dann lassen sie ihn sowieso fallen.« Die Mafia ist tot, es lebe die Mafia …

Sizilien und das Sizilianische
Leonardo Sciascia
    Es ist eigentlich beinahe eine Selbstverständlichkeit, dass auf einer Insel, auf der die feinen Häute des Papyrus wachsen, auch großartige Schriftsteller gedeihen müssen. Mit Luigi Pirandello und Salvatore Quasimodo brachte das Eiland im Mittelmeer gleich zwei bedeutende Nobelpreisträger für Literatur hervor. Auch die Werke von Schriftstellern wie Giovanni Verga oder Giuseppe Tomasi di Lampedusa sind weit über die Grenzen hinaus bekannt. Und dann ist da noch Leonardo Sciascia, der es wie kein anderer verstanden hat, seine Landsleute mit kritischem Blick, spitzer Feder und feinem Augenzwinkern unter die Lupe zu nehmen.
    Sciascia wird am 8. Januar 1921 in Recalmuto, irgendwo im Hinterland von Agrigent geboren. Er lebt in einfachen Verhältnissen, die Mutter
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