Lesereise Nordseekueste

Frau spült sich den Schlick von den Füßen. Und dass hier ein riesiger Phallus aus dem Watt ragt, regt auch keinen mehr auf. Der Oldenburger Bildhauer Eckart Grenzer, auch er irgendwie ein Schüler von Beuys, hat ihn geschaffen, genau an der Hochwassergrenze, weil hier das Wasser den Stein umspült, also das weibliche Element das männliche. Drei Meter zwanzig hoch und viereinhalb Tonnen schwer ist der Phallus, Grenzer meißelte ihn aus schwedischem Granit. Wellen schlug das »Ding«, als BILD titelte: »Riesenpenis im Watt – Kunst?« Und das mitten im Sommerloch. »Kohl war am Wolfgangsee«, erinnert sich Tapken, »da ging das Theater erst richtig los.« Immerhin: Dangast war mal wieder in aller Munde und das Kurhaus rappelvoll.
    So, Feierabend. Die Glasscherbe, die Karl-August Tapken die ganze Zeit mit sich herumgetragen hat, wandert in eine Mülltonne. Am nächsten Morgen wird er wieder um halb vier aufstehen und zusammen mit seinem Schwiegersohn die ersten Bleche Rhabarberkuchen in den Ofen schieben. Erntefrisch ist der Rhabarber übrigens nicht, kann er auch nicht sein, weil er ja das ganze Jahr über angeboten wird. Nein, sie haben natürlich eine Tiefkühltruhe. Das Rezept stammt auch nicht von der Oma, sondern, viel banaler, aus einem populären Backbuch. Das jedenfalls erzählt Karl-August Tapken gerne. Nur glauben darf man ihm das nicht, verrät Tochter Maren. Ihr Vater kenne nicht einmal die Zutaten, das Rezept habe ihre Mutter aus Ostwestfalen mitgebracht und nach und nach verfeinert, weshalb auch in Zukunft jeder Versuch des Nachbackens grandios scheitern werde. Irgendwann in ein paar Jahren wird die junge Frau das Regiment am Kuchentresen übernehmen. Das Schöne daran ist, dass dann vermutlich alles beim Alten bleibt. Denn auch sie schätzt Dangast als Ort, »wo man keine Zäune hat. Und wo man sich nicht schick anziehen muss.«

Nachsatz
    Ein Teil der Texte ist bereits in Zeitungen und Zeitschriften wie der Berliner Zeitung , der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung , der Welt oder dem Weser-Kurier erschienen und zum Teil für dieses Buch aktualisiert worden. Die Reportage über den Leuchtturm von Dorum erreichte 2008 das »Finale der Besten« beim Columbus Autoren-Wettbewerb der Vereinigung Deutscher Reisejournalisten.

Der Autor
    Wolfgang Stelljes, geboren 1957 in Grasberg bei Bremen, studierte Sozialwissenschaften in Oldenburg. Arbeitet als Hörfunkredakteur für landes- und bundesweite Sender und hat sich als freier Journalist und Autor vor allem der Nordseeküste und ihrem Hinterland sowie den Ostfriesischen Inseln zugewandt. Seine Reportagen und Porträts sind unter anderem in der »Berliner Zeitung«, der »Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung« und der »Welt« erschienen.

Die Picus Lesereisen und Reportagen
Armenien
    Barbara Denscher, Reportage Armenien.
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978-3-7117-5065-5
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    Rasso Knoller, Reportage Australien.
Im Land der Regenbogenschlange
978-3-7117-5039-6
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    Kristine von Soden, Lesereise Backsteinstädte .
Der Butt, die Baukunst und das Meer
978-3-7117-5063-1
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    Markus Jakob, Lesereise Barcelona.
Metro zum Strand oder die vermessene Stadt
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Die kochenden Kerle von der Muschelbucht
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Einlass ins Reich des Donnerdrachens
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    Cornelius Hell, Lesereise Budapest.
Der frivole Charme der Brückenstadt
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Bulgarien
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Das gebrauchte Zepter am goldenen Sandstrand
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Burgund
    Susanne Pollak, Lesereise Burgund .
Gute Herzöge, weiße Kühe und goldene Weinhänge
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    Bernd Schiller, Lesereise Myanmar/Burma.
Gute Geister im Land der goldenen Pagoden
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Die blaue Tür mit der Nummer sieben
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    Stefanie Bisping, Lesereise Estland .
Das Model und der Kapitän
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Das letzte Postamt diesseits des Polarsterns
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Friaul/Triest
    Susanne Schaber, Lesereise Friaul/Triest
Großes Welttheater auf kleiner Bühne.
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