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Lesereise - Israel

Lesereise - Israel

Titel: Lesereise - Israel
Autoren: Gil Yaron
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jüdischen Staates Haltung annahm, da wurde mir die Bedeutung der Existenz Israels klar.« Eichmann, dem willigen, ja engagierten Mittäter bei der systematischen Ermordung mehrerer Million Juden, machte der Prozess den Garaus. Er wurde am 31. Mai 1962 in Israel gehängt, seine Leiche verbrannt und die Asche über dem Mittelmeer verstreut.
    Bachs Arbeit im Prozess hat Narben hinterlassen. Sein schwerstes Erlebnis traf den überarbeiteten Staatsanwalt unvorbereitet. Es ereignete sich, als Bach die Deportation und Ermordung der rund fünfhunderttausend ungarischen Juden untersuchte: »Eichmann ließ die ersten Ankömmlinge in Auschwitz zwingen, Postkarten an ihre Familien in Ungarn zu schreiben, um die Deportationen zu erleichtern«, sagt Bach. »Schöne Umgebung, tolle Ausflüge, keine schwere Arbeit, aber nicht viel Platz. Also kommt schnell!«, stand auf den Karten. »Eichmann ließ hinzufügen: ›Bringt gute Schuhe mit für die Ausflüge‹, um das Schuhwerk der Wehrmacht zu übergeben. Er hat sich im Verhör mit dieser glorreichen Idee sogar gebrüstet!« Bach suchte nach Zeugen, um der Öffentlichkeit eine originale Eichmann-Postkarte zu präsentieren. Eines Tages erschien ein ungarischer Jude mit einer solchen Postkarte in Bachs Büro. »Ich sagte ihm, er solle am nächsten Tag in den Zeugenstand, hatte aber keine Zeit, seine Aussage mit ihm vorzubereiten.« Am folgenden Tag erzählte der Zeuge von der Selektion in Auschwitz. Er kam zu den Überlebenden nach rechts, seine Frau, Tochter und Sohn wurden nach links zu den Gaskammern geschickt. »Dann erzählte er auf einmal von einem roten Mantel, den seine Tochter damals trug. Seine Frau war in der Menge verschwunden. Er konnte aber noch den roten Punkt sehen, der sich immer mehr entfernte. So, wie der rote Punkt verschwand, verschwand seine gesamte Familie.« Bach war es in diesem Augenblick, als hätte man ihm den Boden unter den Füßen weggezogen: »Ich hatte meiner kleinen Tochter zwei Wochen vorher einen roten Mantel gekauft. Als der Zeuge das sagte und ich es zum ersten Mal hörte, da verschlug es mir die Stimme, ich konnte keinen Ton herausbekommen. Der Zeuge erholte sich und wartete auf die nächste Frage, aber ich brauchte einige Minuten, bis ich weitermachen konnte.« Bis heute jagen Kinder mit roten Mänteln Bachs Puls in die Höhe.

Vom Kaffee zum Krieg in einer Stunde
Wehrdienst gehört immer noch für die meisten Israelis zum Alltag. Der Kampfpilot Assaf hat in der Uniform ein Alter Ego
    Seinen Alltag in Tel Aviv bestreitet Ingenieur Assaf mit geschäftlichen Sitzungen oder in Beratungsgesprächen mit seinen Kunden in einem der zahlreichen Kaffeehäuser dieser brummenden Mittelmeermetropole. Doch alle paar Tage läutet sein Handy mit der Titelmusik von »Mission Impossible«. Dann lässt der Dreißigjährige alles liegen und rast zu seinem Geschwader in der israelischen Luftwaffe. Als an der Grenze zwischen Israel und dem Gazastreifen noch heißer Krieg und kein wackeliger Waffenstillstand herrschte, wurde der kleine, drahtige Hightech-Berater innerhalb einer Stunde vom Berater zum Kampfpiloten, der in seinem Kampfhubschrauber über dem Gazastreifen schwebte und Terroristen jagte. Assaf ist einer von einigen Hundert Reservisten, die die Speerspitze in Israels Kampf gegen den Terror bilden. Er nahm an der Umsetzung Israels umstrittener Politik gezielter Tötungen teil. In den Augen der Palästinenser ist er ein kaltblütiger Mörder, in den Augen der Israelis ein selbstloser Held ihres täglichen Überlebenskampfs.
    Wie viele seiner Kollegen in den Eliteeinheiten der Armee brachte Assaf eine gehörige Portion Idealismus dazu, Kampfpilot zu werden und jedes Jahr rund hundert Tage Reservedienst in seinem Cobra-Helikopter zu leisten: »Alle Israelis können nur davon sprechen, wie schwer die Lage in der Stadt Sderot ist, die täglich von palästinensischen Raketen beschossen wird. Ich kann wirklich etwas tun«, sagt er stolz und lehnt sich gelassen auf dem Stuhl in seiner Kammer im Luftwaffenstützpunkt nur wenige Minuten südlich von Tel Aviv zurück. Hunderte Einsätze hat der Liebhaber ausländischer Kinofilme in den letzten zehn Jahren schon geflogen. Oft hat er dabei auf den Auslöser gedrückt und mutmaßliche Terroristen getötet. Doch im Gespräch hebt er immer wieder den moralischen Aspekt seiner Arbeit hervor: »Wir sind keine Cowboys«, betont Assaf. »Keiner schießt wild um sich. Wenn auch nur die kleinste Gefahr besteht, dass wir
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