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Lesereise Abu Dhabi

Lesereise Abu Dhabi

Titel: Lesereise Abu Dhabi
Autoren: Fabian Poser , Helge Sobik
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ist. Und es ist ideal, wenn man anhand der Marke sofort weiß, dass es etwas wert ist. Ohne »Brand« kann man viel falsch machen, mit trauen sich die Kritiker nicht aus der Deckung – aus Golfsicht. Wer würde schon ernsthaft etwas gegen Louvre oder Guggenheim an sich sagen können? Wer, wenn es sich um die weltweit größten Niederlassungen dieser Marken handelt? Wer, wenn die bedeutendsten Architekten der Gegenwart hinter den Entwürfen der Gebäude stehen? Und wer würde strahlen, wenn niemand meckert? Die Antwort auf die ersten drei Fragen lautet: vor Ort keiner, anderswo kaum einer. Die Antwort auf die letzte Frage: Abu Dhabi – und ganz besonders die Macher, die Entscheider hinter diesem neuen Gesicht der Hauptstadt. Sie werden so unanfechtbar wie die Marken, die sie ins Land geholt haben.
    Helge Sobik

Louvre am Golf
Wo Museen von Weltrang aus dem Sand wachsen
    Als die Sonne gerade aufging, lagen die Nerven noch blank. Als ihre Strahlen auf das leicht gewölbte Dach mit seinen fünfzehn Metern Durchmesser trafen, hatten alle Herzklopfen. Und als es hell wurde in dem mehrstöckigen Gebäude, als sich diese von nichts als der natürlichen Beleuchtung erzeugte Aura aus Würde und Geheimnis in dem improvisierten Konstrukt mit den Wellblechwänden ausbreitete und nach und nach seltsam geformte Ornamente auf dem Fußboden auftauchten, da fielen sie sich in die Arme: Architekten, Bauleiter und arabische Financiers auf der Insel Saadiyat, kaum mehr als einen Steinwurf von der Baustelle des künftigen Louvre von Abu Dhabi entfernt.
    Was sie diesen Morgen miterlebt hatten, war die Generalprobe für einen Gedanken, der Praxistest einer Vision. Es ging darum, ob die Rechnung von Stararchitekt Jean Nouvel aufgeht, den kreisrunden künftigen Louvre von Abu Dhabi einzig durch ornamentöse Aussparungen im Kuppeldach zu beleuchten. Es ging darum, zu klären, ob all das, was in der Theorie möglich war, mit der Wirklichkeit des konkreten vorgesehenen Bauplatzes und generell mit den meist grellen Lichtverhältnissen dieser Weltgegend vereinbar sein würde. Und im Kleinen ging es auch darum auszuprobieren, welche Dimension die Aussparungen im Dach haben dürfen, um mit der Statik vereinbar zu sein.
    Um all das herauszufinden, hat man in Sichtweite der Sheikh Khalifa Bridge eigens einen kleinen Ausschnitt des Gebäudes in Originalgröße und am Originalschauplatz errichtet – wenn auch noch mit einfacheren Mitteln und preiswerteren Materialien. Der mit Spannung erwartete Test dieses sogenannten Rain Light Building verlief zur vollen Zufriedenheit aller Beteiligten. »Ich wollte ein Dach wie einen Schirm, um darunter einen Ort zu schaffen, an den man gerne kommen mag, um zu schauen – oder um einfach nur dort zu sein«, hat Jean Nouvel seine Zielrichtung beschrieben: »Es soll nicht einfach nur ein Museum werden. Es wird mehr.«
    Der Bau des Originals mit seinen gewaltigen hundertachtzig Metern Dachdurchmesser im milliardenteuren Kulturdistrikt der bis vor Kurzem nur von Sand überzogenen und von Mangroven gesäumten Insel Saadiyat kann beginnen – obwohl unterwegs noch viele kniffelige Aufgaben zu lösen sein werden. Denn was Jean Nouvel sich da an Konstrukt ausgedacht hat, ist alles andere als simpel.
    Es bemisst sich an der Aufgabenstellung der Scheichs, die all das bezahlen und sogar das Geld für den unüblichen auschnittweisen Probebau locker machten. Sie verlangten ein »Landmark Building«, ein architektonisches Weltwunder von hohem ikonografischem Wert – ein Gebäude, das eines Tages so sehr für das neue Abu Dhabi stehen kann wie die Oper von Sydney für Australien, wie das Empire State Building für New York. Und mindestens so wie das Burj al-Arab für den ewigen Lokalrivalen Dubai.
    Gleichzeitig stachelten sie geschickt den Ehrgeiz der einzelnen Architekten an, denn insgesamt gaben sie gleich fünf solcher Gebäude in Auftrag, die eines Tages alle nur wenige Schritte von einander entfernt für jedermann offen sein sollen: jedes für sich ein solches architektonisches Ausrufezeichen im Wüstensand, keines davon auch nur ansatzweise ein Allerweltsbau. Und um die Aufgabe nicht zu einfach erscheinen zu lassen, verpflichteten sie die Größten.
    Jean Nouvel baut den Louvre, Frank O. Gehry das Guggenheim-Museum, Sir Norman Foster das Sheikh Zayed National Museum, Zaha Hadid das Center for Performing Arts und Tadao Ando, Pritzker-Preisträger wie alle anderen aus dieser illustren Fünfer-Runde, das Maritime Museum.
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