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Lesereise Abu Dhabi

Lesereise Abu Dhabi

Titel: Lesereise Abu Dhabi
Autoren: Fabian Poser , Helge Sobik
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beide gut kannten. Beide kamen von dort, hatten den Großteil ihres Lebens dort im Sand verbracht: in der Wüste. Scheich Zayed bin Sultan al-Nahyan, Herrscher von Abu Dhabi, und Scheich Rashid bin Saeed al-Maktoum, Herrscher von Dubai, sind die Väter dieser Föderation. Sie legten fest, dass der jeweilige Herrscher Abu Dhabis immer Präsident des neues Staates sein und der Premierminister immer derjenige aus Dubai sein werde. Das System funktioniert zuverlässig.
    Und trotzdem stellt sich die Schneewittchenfrage am Golf täglich neu: Wessen Emirat ist das schönste, das beliebteste, welches strahlt am goldensten? Wer hat das beste Hotel, den meisten Pomp, die schlagzeilenträchtigste Attraktion? Für Urlauber aus aller Welt ist die gewisse Eitelkeit der Herrscherclans nur von Vorteil. Sie beschert ihnen vor allem in den beiden Vorzeige-Emiraten Abu Dhabi und Dubai ständig neue Attraktionen, während die anderen nur in kleinen Schritten aufholen und sich von denen bisher lediglich Sharjah und Ras al-Khaimah offensiv auf die große Bühne des internationalen Tourismus gewagt haben. Ersteres setzt dabei vor allem auf Kultur, will mit Museen und arabischer Tradition punkten – und indirekt auch mit der Nähe zu Dubai, zumal Sharjah ebenso wie Ajman baulich längst mit dem weit berühmteren Nachbarn zusammengewachsen ist und man sich seit Jahren die Rush-hour-Staus teilt. Das liegt vor allem daran, dass beide kleinere Nachbarn Wohn- und Schlafstädte für jene geworden sind, die in Dubai arbeiten und täglich mit Bus oder Auto pendeln. Ras al-Khaimah unterdessen, das grünste und zugleich wegen der Lage am Hajjar-Gebirge landschaftlich vielseitigste der Emirate, setzt neuerdings auch auf Luxus-Lodge-Tourismus im Hinterland. Bis dato ging es auch hier – und das mit ganz gutem Erfolg – vor allem um Badetourismus entlang der Strände. Angeboten werden die Hotels zumeist von Pauschalveranstaltern zu Übernachtungspreisen deutlich unterhalb der in Dubai üblichen Raten: Weil der eigene Hotel-Shuttlebus ins rund hundert Kilometer entfernte Dubai nicht wirklich ein Pluspunkt ist, sondern vor allem den Standortnachteil unterstreicht.
    In Ajman und Fujairah scheint all das noch keine nennenswerte Rolle zu spielen, und das vergleichsweise arme und ländliche Umm al-Qaiwain ist sowieso aus der Zeit gefallen. Gerade dadurch wird es interessant, solange es sich nicht verändert. Denn wie jetzt in Umm al-Qaiwain mit seinen sandigen Straßen ohne wirkliches Geschäftszentrum, eher wie zufällig zusammengewürfelt – so oder ähnlich hat es auch in den anderen Emiraten vor einem halben Jahrhundert und weniger ausgesehen. Der Boom steht hier erst noch bevor. Er wird noch auf sich warten lassen müssen. Gleichwohl, auf dem Reißbrett der Stadtplaner sind bereits Entwürfe für das neue Umm al-Qaiwain entstanden: mit Wolkenkratzer-Skyline aus Stahl, Glas und Beton. Zweierlei behindert das Vorhaben derzeit. Es mangelt an Geld – und die konservative örtliche Herrscherfamilie ist nicht sonderlich glücklich mit der von außen angeregten Verwandlung ihres Zuhauses.
    Die Großen in der Föderation haben Handel und Dienstleistung, darunter vor allem den Tourismus, längst als Wirtschaftsfaktor für die Zeit nach dem Öl ausgemacht. Die Entwicklung ist daher kein Zufall, sondern folgt einem Masterplan – zuerst in Dubai, weil die dortigen Ölvorräte schon länger nahezu ausgeschöpft sind, dann in Abu Dhabi, wo das Öl noch lange reicht, aber die Position im Schatten des kleineren Nachbarn nicht mehr mit dem eigenen Selbstverständnis vereinbar war.
    Deswegen gibt es dort das goldstrotzende Luxushotel Emirates Palace, in dessen Lobby Gäste mit der Kreditkarte an einem Automaten Goldbarren ziehen können wie anderswo Zigaretten. Deswegen gibt es in Abu Dhabi eine Formel-Eins-Rennstrecke, die auf ein paar Metern unter einem Hotel hindurchführt, deshalb haben die Scheichs ihre »Ferrari World« als größten Indoor-Freizeitpark der Welt gebaut. Und aus demselben Grund folgen ab 2015 nach und nach die spektakulären Museen auf der Kulturinsel Saadiyat. Wirklich eilig ist in Abu Dhabi gleichwohl nichts, und der große Wurf ist den hiesigen Verantwortlichen lieber als der schnelle Teilerfolg.
    Dubai unterdessen, zwischenzeitlich zu unrecht totgesagt, ist besser durch die Wirtschaftskrise gelangt als weithin angenommen – und eine pulsierende Metropole geblieben: eine, die zur Stunde nicht mehr vorrangig an schlagzeilenträchtigen
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