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Leon, Der Slalomdribbler

Leon, Der Slalomdribbler

Titel: Leon, Der Slalomdribbler
Autoren: Joachim Masannek
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eine bis zum Himmel stinkende Ungerechtigkeit. Für die Schule gestern hatten sogar schon 37,5° ausgereicht. Aber das, so meinte seine Mutter, war was ganz anderes.
    „Natürlich war das was anderes gewesen“, dachte sich Felix, und er kochte vor Wut. Er kochte so sehr, dass die LCD-Anzeige des Fieberthermometers in seinem Mund wie ein von Arnold Schwarzenegger geschlagener Hau-den-Lukas explodieren musste. Zum Glück ahnte seine Mutter nichts von dem Eiswürfel unter seiner Zunge und als der rettende Piepston des Thermometers endlich ertönte, drückte Felix es ihr mit einem schelmischen Grinsen blitzschnell in die Hand.
    „So, das war’s dann wohl!”, sagte Felix und rannte auf die Straße hinaus.
    „Und hör endlich auf, dir Sorgen zu machen. Ich weiß ganz genau, was ich tu!”, hörte ihn seine Mutter noch rufen, während sie ungläubig auf die 33,1° auf der LCD-Anzeige starrte. Ihr Sohn hatte kein Fieber mehr, sondern er stand kurz davor, zu erfrieren. Aber Felix war schon auf und davon.
    Auf Grund seiner List erreichte er als Erster von uns unseren Bolzplatz, wo er als Erster von uns mit der neuen, ungeheuerlichen und schier unüberwindlichen Gefahr konfrontiert wurde, die dort auf uns wartete.
    Zehn Minuten früher riss Raban in der Rosenkavaliersgasse Nr.6 die Haustür auf.
    „Ich bin auf dem Bolzplatz!”, schrie er in das Arbeitszimmer seiner Mutter hoch. „Bis heute Abend!” Doch dann wichen alle Begeisterung und Entschlossenheit aus seinem Gesicht: Oh, nein! Verflixt! Das kann doch nicht ... !
    „Hallo, Rarbarbarlein! Das ist aber süß, dass du auf uns wartest.” Raban traute seinen Augen und Ohren nicht. Auf der anderen Seite der offenen Tür standen die drei Töchter der Freundinnen seiner Mutter und drängten ihn wie eine Wand aus rosa Schleifchen und Rüschen zurück ins Haus.
    „Mama! Was ist das?”, schrie Raban um Hilfe. „Was wollen die hier?“
    Doch seine Mutter stand bereits auf der Treppe und begrüßte die Mädchen, die kaum Zeit hatten, den Gruß zu erwidern. Sie waren längst damit beschäftigt, den schimpfenden und strampelnden Raban auf einem Stuhl festzuhalten und ihn mit ihren Lockenwicklern zu quälen.
    „Mama! Ich warne die! Sag ihnen das!”, drohte Raban, aber seine Mutter dachte gar nicht daran.
    „Was soll das, Raban?”, sagte sie genervt, weil sie so schnell wie möglich zu ihrer Arbeit zurückkehren wollte. „Sei froh, dass überhaupt jemand da ist, der mit dir spielt. Deine Freunde haben ausnahmslos Hausarrest.“
    „Ja und? Du glaubst doch nicht etwa, dass die das auch nur ’n Pfifferling interessiert?”, gab Raban zurück. Er stand jetzt wirklich mit dem Rücken zur Wand, doch seine Mutter zuckte nur mit den Achseln.
    „Das geht mich nichts an”, sagte sie. „Du bleibst auf jeden Fall hier!”
    Mit diesen Worten schloss sie die Tür ihres Arbeitszimmers hinter sich zu. Raban schaute zurück zu der Wand aus rosa Rüschen und Schleifchen, die ihn umgab und die jetzt mit einem boshaften Grinsen ihre Zähne entblößte.
    „Aber Rarbarbarlein!”, säuselten die drei Wesen von einem anderen Stern mit ihren Stimmen aus Zuckerguss. Für Raban war es, als spuckten sie Säure. Er sprach jetzt ganz leise, damit es seine Mutter nicht hörte, doch jedes seiner Worte war trotzdem rasiermesserscharf: „Jetzt hört mir mal ganz genau zu! Ich weiß zwar nicht, ob ihr euch zwei Sachen auf einmal merken könnt, aber ich heiß nicht Rarbarbarlein. Und ich bin auch nicht das Versuchskaninchen für euch drei Kindergarten-
    Friseusen! Ist das klar?!” Mit diesen Worten sprang Raban auf, sprengte die rosa Mauer und rannte in die Freiheit hinaus.
    Er rannte und rannte und kam kurz nach Felix am Bolzplatz an, wo er als zweiter von uns mit der neuen, ungeheuerlichen und schier unüberwindlichen Gefahr konfrontiert wurde, die dort auf uns wartete.
    Juli und Joschka im Fasanengarten hatten es im Vergleich zu Raban dagegen fast einfach. Sie waren ein Team wie Marlon und ich, und während ihre Mutter sich im Badezimmer fürs Büro zurecht machte, quengelten sie erbarmungslos an der Tür: „Bitte, Mama, es ist so schönes Wetter! Das kannst du doch nicht machen. Die andern sind bestimmt schon längst auf dem Bolzplatz. Die Eltern von denen sind nicht so gemein!”
    Doch ihre Mutter blieb standhaft und als Juli und Joschka mit der Quengelei nicht aufhören wollten, rauschte sie aus dem Badezimmer hinaus in den Flur, um sie endlich zum Schweigen zu bringen. Dort im Flur fand
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