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Lenke meine Fuesse Herr

Lenke meine Fuesse Herr

Titel: Lenke meine Fuesse Herr
Autoren: Christian Wittenberg
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Besichtigung ist nicht gestattet. Wo ist die vielbeschriebene Gastfreundlichkeit der Mönche? Ich denke, der Rummel wurde ihnen zu groß und sie haben sich zurückgezogen. Doch eine geistliche Betreuung und Aufforderung zur Teilnahme an den Gottesdiensten hatte ich mir schon vorgestellt.
    Das Refugio ist das größte, das ich seit Roncesvalles gesehen habe — ich zähle 80 Betten! Die Sanitäreinrichtungen sind recht dürftig - vor allem das warme Wasser ist knapp: Wenn alle duschen, hat die hinterste Dusche nur kaltes und die Waschbecken gar keines! Dennoch schaffe ich es sogar, Wäsche zu waschen — nur muss man über die Straße gehen, wenn man an die einzige kurze Leine will. Inzwischen kommt Konstanze angewankt, völlig am Ende — sie wollte ja heute auch nur einen kurzen Weg gehen — und nun sind es 40 Kilometer geworden. Wir feiern sie wie eine Heldin!
    Ein heißt, gleich sei in der Basilika Chorgottesdienst: ein Gerücht! Als wir zum angegebenen Zeitpunkt in die Kirche kommen, wird eine Schar Nonnen wortreich und lautstark die Altäre entlang geführt. Enttäuscht gehen wir essen. Als wir über die Straße zurück in die Herberge gehen, schüttet es wie aus Eimern. Gut, dass ich vorhin meine Wäsche abgenommen habe! Ich falle ins Bett, doch gleich weckt mich Konstanze, die neben mir liegt, wieder auf: Ich schnarche wie ein Bär!

Donnerstag, 28. Juli 2005
Samos – Portomarin 39 km

    Ich bin früh auf den Beinen — fast der Erste in der Herberge. Wieder bewährt sich das Vorpacken am Abend. Ich bin schnell und ohne die Schläfer zu stören marschbereit. Konstanze öffnet kurz die Augen, ich verabschiede mich leise von ihr und trete auf die Straße. Eine Bar ist offen und ich frühstücke erst einmal: Orangensaft, zwei große Café con leche, eine Tostada mit Butter und Marmelade, ein Hörnchen. Gegen halb sieben marschiere ich aus dem Ort heraus.
    Es geht ein parkähnliches Gelände entlang, die Eisengeländer sind mit Pilgermuscheln verziert — ein großes Pilgerdenkmal — schade, dass meine persönlichen Erfahrungen dem pilgerfreundlichen Geist, den man dahinter vermuten könnte, so wenig entsprochen haben!
    Der Weg führt auf breitem Gehsteig die Straße entlang. Ein Pilger — oder Wanderer — schwer bepackt, mit einem wunderschönen Hund, zieht langsam Richtung Sarria. Bald habe ich ihn hinter mir. Es geht den Fluss entlang zu einem Rastplatz, weiter die Landstraße hinab, auf breit ausgebautem Gehsteig — soll das so weitergehen die ganzen zwölf Kilometer bis Sarria? Eine Horrorvision! Da führt ein Markierungspfeil rechts über die Straße und auf einen Feldweg steil hinauf in den Wald; ein anderer allerdings geradeaus. Ich entscheide mich für den Feldweg. Wie gestern geht es über Feld- und Waldwege durch einsame, armselige Dörfer — mal an einem kleinen Gutshof vorbei. In einem Hof ein altertümlicher Ochsenkarren.

    Die Landschaft aber ist wunderschön! Es regnet leicht, doch nicht stark genug für den Poncho und so spaziere ich unterm Regenschirm durch die Gegend, halte beide Stöcke in der freien Hand. Abschnittsweise geht es ziemlich steil auf und ab, streckenweise sogar zurück nach Osten. Ich glaube, ich gehe hier einen ziemlichen Umweg! Endlich bin ich in Calvor, wo mich der Strom der Pilger aufnimmt, die direkt von Triacastela gekommen sind. Ich lasse mich mittreiben und bin bis Mittag bei leichtem Nieselregen in Sarria.
    Hier treffe ich Christian aus Potsdam wieder. Gemeinsam ziehen wir weiter. Die Landschaft ist schön, grün, teilweise geht es durch Wälder. Als Tagesziel haben wir uns Ferreiros gesetzt, doch als wir da sind, wollen wir doch weiter. Regelmäßig tauchen nun Kilometersteine auf, die die Reststrecke nach Santiago anzeigen — und dann sind wir tatsächlich bei Kilometer 100! Da zaubert Christian eine Flasche Rosewein aus dem Rucksack, die er seit Leon mit sich rumschleppt und wir leeren die zur Feier des Tages — ein einsamer Wanderer kriegt auch einen Becher ab!

    Leicht schwankend geht es weiter, mal eine kurze Pause auf einen Kaffee, aber wir gehen zügig über Feldwege, durch viele kleine Dörfer — und dann stehen wir auf dem Berg und haben den Stausee von Portomarin vor uns. Über die große Brücke — der Wind weht mir fast den Hut vom Kopf, gut, dass ich ihn durch die Kinnschnur gesichert hatte! Doch Federn und Lavendelstrauß verabschieden sich. Jenseits eine steile, unendlich lange Treppe hinauf- und da steht ein großes Restaurant mit einem
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