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Lenas Flucht

Lenas Flucht

Titel: Lenas Flucht
Autoren: Polina Daschkowa
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mit der Angst gekriegt.«
     
    Goscha lief aus der Tür, sprang in seinen Wagen und ließ den Motor an. Er mußte rasch von dem überfüllten Parkplatz runter und um das Gebäude herum zum Ausgang der Druckerei fahren. Als er sich zwischen den wartenden Autos hindurchschlängelte, bemerkte er, daß eine echte Banditenvisage ihn aus dem Krankenwagen beobachtete.
    Am Ausgang der Druckerei hielt er kurz, und Lena sprang auf den Rücksitz. Um aber auf die Straße hinauszukommen, mußte Goscha noch einmal über den Parkplatz. Dort stand ihnen ein riesiger LKW im Weg, der vom Lager kam und wenden mußte. Mehrere Minuten lang kamen sie nicht weiter. Als der Weg endlich frei war, sahen sie den Fahrer gerade mit einem Eßpaket in den Krankenwagen steigen.
    »Los, hinter dem Wolga her!« rief Kolja.
    Am Bahnübergang schlüpfte Goscha gerade noch unter den sich senkenden Schranken hindurch. In der Ferne pfiff bereits die Vorortbahn. Der Krankenwagen schaffte es nicht mehr. Danach kroch ein endloser Güterzug vorbei.
    »Die sind wir los, Lena! So einfach geht das! Und wohin jetzt?« fragte Goscha aufgeräumt.
    »Zur amerikanischen Botschaft.«
    »Du rennst vor denen aber weit weg. Was wollen die eigentlich von dir?«
    »Wenn ich es selber weiß, sag’ ich es dir.«
    »Und wie willst du es rauskriegen?«
    »Keine Ahnung.«
    »Hör mal, Lena, mir fällt da etwas ein. Mein Alter hat einen Bekannten, der dir vielleicht helfen kann. Ein Sonderermittler. Arbeitet bei der Kriminalpolizei an der Petrowka. Sergej Krotow heißt der Kerl. Ich muß irgendwo seine Telefonnummer haben.«
    Als sie an der nächsten Ampel hielten, blätterte Goscha hektisch in einem kleinen, zerschlissenen Büchlein.
    »Da ist sie.« Er hielt Lena das Büchlein hin. »Schreib sie ab. Ruf ihn noch heute an und bestell ihm einen Gruß von Papa. Oder von mir.«
    Es wurde wieder Grün, aber schon nach wenigen Metern saßen sie hoffnungslos in einem Stau fest.
    »Das war’s. Hier stehen wir mindestens eine halbe Stunde«, erklärte Goscha. »Was willst du überhaupt in der Botschaft?«
    »Meinen Paß mit dem Visum abholen. Ich habe doch wieder eine Einladung von der Columbia University.«
    »Dir geht’s gut«, seufzte Goscha. »Zum wievielten Mal fährst du jetzt in die Staaten?«
    »Zum dritten«, antwortete Lena.
    Sie drehte sich um und musterte die Autos ringsum.
    »Reg dich nicht auf, die haben uns verloren«, suchte Goscha sie zu beruhigen. »Und wann fliegst du?«
    »In einer Woche. Eigentlich wollte ich absagen. Mit meinem Bauch fallen mir Vorträge schon schwer. Man denkt langsamer und ist schneller erschöpft. Und dort geht es immer rund – vom Morgen bis zum Abend. Jetzt will ich aber fliegen. Je weiter weg von diesen Banditen, desto besser. Vielleicht beruhigt sich alles wieder, wenn ich eine Weile fort bin.«
    »Vielleicht«, stimmte Goscha ihr zu und schaute zerstreut in den Spiegel. Da sah er den Krankenwagen, der es irgendwie geschafft hatte, sich ihnen in dem Stau zu nähern.
    »Bleib ganz ruhig, Lena. Die sind wieder hinter uns. Aber vielleicht auch nicht? Es gibt so viele Krankenwagen in Moskau.«
    »Sie sind es«, stellte Lena fest, als sie einen kurzen Blick in die von Goscha gewiesene Richtung warf.
    »Wenn wir hier raus sind, schütteln wir sie wieder ab.«
    »Nein, ich steig’ jetzt aus und nehm’ den Bus. Ich will dich da nicht noch mit hineinziehen.«
    »Laß dir das nicht einfallen. Hier darfst du gar nicht aussteigen. Sitz still, ich schüttle sie ab. Und worauf ich mich einlasse, das bestimme ich schon selber.«
    Aber Lena hatte bereits die Autotür von außen zugeworfen.
     
    Kolja sah, wie sie zwischen den Autos zum Gehweg lief. Er wandte sich um und rief dem Rotschopf zu:
    »Los, raus und ihr nach! Sonst verlieren wir sie wieder!«
    Dem gefiel es gar nicht, daß dieser Grünschnabel ihn herumkommandierte. Aber er wußte selber, daß er sich jetzt an Lena hängen mußte. Kolja hinkte, und der Fahrer hatte am Steuer zu bleiben.
    Lena war an der Bushaltestelle in einer kleinen Menschenmenge untergetaucht und beobachtete von dort den Krankenwagen. Sie sah, wie ein Mann heraussprang und auf die Haltestelle zulief.
    Der Bus kam. Der Mann rannte, so schnell er konnte. Ein Milizionär pfiff ohrenbetäubend. Er wollte sich dem Rotschopf in den Weg stellen. Aber im letzten Augenblick schlüpfte dieser durch die sich schließende Tür.
    Der Bus schlich träge den Gartenring entlang. Der Krankenwagen hatte ihn bald erreicht und fuhr
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