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Leidenschaft des Augenblicks

Titel: Leidenschaft des Augenblicks
Autoren: Jayne Ann Krentz
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zwölf Stunden am Tag gearbeitet. Normalerweise sogar vierzehn.«
    »Jessie, bitte! Ein Unternehmen wie Benedict Fasteners zu leiten, kannst du schwerlich damit vergleichen, die Geschäfte für eine Wahrsagerin zu führen.«
    »Nenn sie nicht Wahrsagerin! Sie hat übersinnliche Fähigkeiten. Schau, Dad. Das hier ist eine Firma wie jede andere auch. Und ich muß sie leiten.« Jessie senkte ihre Stimme und sprach nun leise, aber eindringlich. »Tust du mir also bitte den Gefallen und sagst Hatch, daß ich anderweitig zu tun habe und ihn heute abend nicht begleiten kann?«
    »Den Teufel werd' ich. Sag es ihm selber.«
    »Dad, bitte. Der Mann macht mich nervös. Das habe ich dir doch schon gesagt.«
    »Du machst dich selber nervös, Jessie. Und zwar vollkommen unnötigerweise, wenn du mich fragst. Wenn du vorhast, ihn heute abend zu versetzen, obwohl er auf dich zählt, dann sag ihm das auch gefälligst selber. Und erwarte nicht, daß ich das für dich erledige.«
    »Komm schon, Dad. Bitte tu mir den Gefallen. Mir geht es wirklich dick ein, und ich habe keine Zeit herauszufinden, wo er sich herumtreibt.«
    »Mach dir darüber keine Gedanken. Er kommt gerade in mein Büro. Steht jetzt direkt vor mir. Jetzt kannst du ihm persönlich erklären, warum du ihn zwei Stunden vor einem wichtigen Geschäftsabschluß sitzenläßt.«
    Jessie zuckte zusammen. »Nein, Dad, warte, bitte...«
    Es war zu spät. Jessie schloß bestürzt die Augen, als sie hörte, wie ihr Vater die Hand über den Hörer legte und mit jemand in seinem Büro sprach.
    »Es ist Jessie«, schnaubte Vincent. »Versucht, sich vor dem Essen mit den Galloways heute abend zu drücken. Kümmern Sie sich darum. Sie sind hier jetzt schließlich der Geschäftsführer.«
    Jessie stöhnte auf, als sie merkte, wie ihr Vater den Hörer weitergab. Vor ihrem geistigen Auge tauchte ein Bild dieser Hände auf. Sie waren feingliedrig und trotzdem wunderbar maskulin. Die Hände eines Künstlers oder eines Fechtmeisters.
    Jetzt drang eine andere Stimme an ihr Ohr, eine Stimme so dunkel und ruhig und so unergründlich tief wie die Wasser eines mitternächtlichen Sees. Jessie durchlief ein leiser Schauer der Sinnlichkeit.
    »Wo liegt das Problem, Jessie?« fragte Sam Hatchard mit beunruhigender Gelassenheit.
    Alles, was Hatch tat oder sagte, geschah ruhig, kühl und mit einer in Jessies Augen rücksichtslos erscheinenden Härte. Äußerlich schien es, als flösse Eis in den Adem dieses Mannes, als sei er unfähig, wahre Gefühle zu empfinden. Doch vom ersten Augenblick an hatte ihre Intuition Jessie gewarnt, daß dies nicht wirklich der Fall war.
    »Hallo, Hatch.« Jessie nahm ihre Füße vom Schreibtisch und begann unbewußt, die Telephonschnur zwischen ihren Fingern zu verzwirbeln. Sie schluckte und bemühte sich, möglichst cool und gleichgültig zu wirken. »Tut mir leid, daß ich Sie enttäuschen muß«, sagte sie, »aber hier im Büro ist etwas Unerwartetes passiert.«
    »Wie kann im Büro einer Hellseherin etwas Unerwartetes passieren?«
    Jessie blinzelte. Hätte irgend jemand anderer als Hatch diese Worte gesagt, hätte sie dahinter einen Scherz vermutet. Doch schon vor Wochen war sie zu der Einsicht gelangt, daß dieser Mann keinerlei Sinn für Humor hatte. Finster starrte sie die Wand an. »Ich werde Sie heute abend nicht zum Essen mit den Galloways begleiten können. Meine Chefin ist im Krankenhaus, und ich muß mich hier um alles kümmern. Ich habe furchtbar viel zu tun und auch gar keine Zeit, jetzt noch lange weiterzureden. Vermutlich bin ich den ganzen Abend beschäftigt.«
    »Leider ist es jetzt zu spät für mich, als daß ich noch umdisponieren könnte.«
    Jessie räusperte sich. Ihre Finger umklammerten die Telephonschnur. »Es tut mir wirklich sehr leid, aber Mrs. Valentine ist ganz auf mich angewiesen.«
    »Bei dem Galloway-Geschäft geht es um sehr viel Geld.«
    »Ja, ich weiß, aber...«
    »George und Ethel Galloway freuen sich darauf, Sie wiederzusehen. George hat das ganz deutlich zum Ausdruck gebracht. Ich weiß nicht, wie die beiden die Situation auslegen werden, wenn Sie heute abend nicht dabei sind. Tauche ich allein auf, glauben sie womöglich, die Firma stecke in Verkaufsverhandlungen oder Ihr Vater und ich hätten eine Auseinandersetzung gehabt.«
    Jedes einzelne Wort war ein unsichtbarer Schlag, der ihre sorgfältig zurechtgelegte Ausrede Stück um Stück in Brüche gehen ließ. »Sehen Sie, Hatch...«
    »Falls Galloway auf den Gedanken kommt,
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