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Leidenschaft der Nacht - 4

Leidenschaft der Nacht - 4

Titel: Leidenschaft der Nacht - 4
Autoren: Kathryn Smith
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nicht mehr um, hörte allerdings, wie er wenige Augenblicke später auf sein Pferd stieg und fortgaloppierte, als wären die Höllenhunde hinter ihm her.
    Sobald sie sicher war, dass er genügend Abstand hatte, sprang Olivia abermals in den Himmel auf. Ihr schlechtes Gewissen, weil sie den armen Jungen zu Tode erschreckt hatte, überlagerte ihre eigene Angst. Ihr blieb nicht viel Zeit, doch in den paar Stunden bis zum Morgengrauen hatte sie noch reichlich zu tun.
    Sie musste packen, alles vorbereiten und schnellstmöglich nach London aufbrechen.
    Die Zeitvorgaben des Entführers erlaubten ihr nicht, den jungen ausfindig zu machen, der den Brief bei der Botenagentur abgegeben hatte. Soweit sie wusste, konnte James längst auf dem Weg nach Schottland sein, wenn er nicht bereits dort war. Sie überlegte angestrengt, während sie nach Hause flog.
    Nein, sie durfte keine Zeit vergeuden! Egal, wie sehr sie es hasste, um Hilfe zu bitten, würde sie in London einen Pakt mit dem Teufel persönlich schließen. Mit ihrem Ehemann, dem umwerfend gutaussehenden schwarzhaarigen Bastard mit den blaugrauen Augen, der sie zum Vampir gemacht hatte. Der Mann, den sie ohne jedwede Skrupel als Lösegeld benutzen würde.
    Reign.
    »Ein wenig Zerstreuung gefällig, Sir?«
    Reign blinzelte. Was? Aus dem Augenwinkel sah er die Frau neben sich und wandte sich zu ihr. Wo zum Teufel war er mit seinen Gedanken gewesen, dass er nicht bemerkt hatte, wie sie sich ihm näherte? Selbst in einem Haus voller Menschen hätte er sie riechen, sie hören müssen, als sie ihm so nahe kam. Aber er hatte schlicht keine Gefahr wahrgenommen, dabei stellten die Gesellschaften seiner Gastgeberin per se eine Gefahr für jeden Mann dar, der als heiratbar galt. Dass Reign seine Haltung zur Ehe hinreichend klargemacht hatte, tat nichts zur Sache. Wahrscheinlich hatten all die Jahre zivilisierten Benehmens seine Sinne getrübt.
    »Zerstreuung?«, wiederholte er und bedachte seine Gastgeberin mit einem charmanten Lächeln. »Meine teure Mrs. Willet, was in aller Welt schwebt Ihnen da vor?«
    Mrs. Willets jugendliches Gesicht strahlte. Sie war eine reizende Dame in den Vierzigern mit ergrauendem blonden Haar und blassblauen Augen. Ihre üppige Gestalt wurde von einem goldenen Abendkleid verhüllt, dessen Säume und Kanten perlen und kristallbestickt waren und im Schein der Kronleuchter funkelten. Mit dem Strahlen ihrer Augen allerdings konnten die Glitzersteinchen ebenso wenig konkurrieren wie mit der schimmernden Eleganz ihrer Haltung. »Wie keck Sie sind, Mr. Gavin!«
    »Ich ziehe unverbesserlich vor, meine Teure.«
    Sie neigte den Kopf. Auch in ihrem Haar steckten Kristalle, wie er nun feststellte.

    »Eines der Dinge, die ich an Ihnen mag, Sir, ist Ihre Fähigkeit, mir das Gefühl zu geben, ich sei jünger als Sie, obgleich ich mir durchaus bewusst bin, dass ich mindestens zehn Jahre älter sein dürfte.«
    Eher fünfzehn, ging man vom physischen Alter aus, war Reign doch keine dreißig gewesen, als er unsterblich wurde. Allerdings lag das über sechshundert Jahre zurück, also dürfte Mrs. Willet genau genommen um sehr viel mehr jünger sein, als sie sich vorstellen konnte.
    Amüsiert lüpfte er eine Braue. »Aber das würde mich zu einem Knaben von siebzehn Jahren machen, nicht wahr?«
    Sie klopfte ihm mit ihrem zugeklappten Fächer auf den Arm und kicherte.
    »Unverbesserlich fürwahr! Werden Sie heute Abend tanzen, mein guter Sir?«
    »Ah, Sie möchten mich den Jungfrauen zum Fraß vorwerfen, vermute ich.«
    Sie lachte so tief und laut, dass Reign unweigerlich schmunzeln musste. »Es ist doch gar keine Saison, Mr. Gavin! Nein, nein, heute Abend sind Sie sicher.«
    Ja, sie hatte recht. Die Saison war Gott sei Dank vorbei. Entsprechend waren die Gesellschaften kleiner, auch wenn nicht wenige Familien dauerhaft in London lebten, insbesondere jene, die nicht zum Adel zählten. Reign hätte vor Jahrhunderten einen Titel bekommen können, aber die Leute maßen Titeln und Erben viel zu große Bedeutung bei. Und unter ständiger Beobachtung zu stehen war ihm nicht minder lästig als die zahlreichen jungen Damen, die man ihm vorführte, wann immer er für wenige Monate in London weilte. Er mochte keinen Titel besitzen, doch er hatte Vermögen, was ihn überaus attraktiv machte. Gelegentlich erzählte ihm eine ältere Matrone, sie hätte einst für einen Mann geschwärmt - oder sich vor ihm gefürchtet -, der eine große Ähnlichkeit mit ihm hatte. War es vielleicht sein
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