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Leichenspiele: Ein Max-Broll-Krimi (German Edition)

Leichenspiele: Ein Max-Broll-Krimi (German Edition)

Titel: Leichenspiele: Ein Max-Broll-Krimi (German Edition)
Autoren: Bernhard Aichner
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nichts?
    – Nein.
    – Kein Brief, keine Nachricht, nichts?
    – Nein, nichts, nur das Geld.
    – Wo ist es?
    – Weg.
    – Was, weg?
    – Ich dachte, das ist die Lösung, Max, das Geld, es war wie ein Geschenk des Himmels, verstehst du, ich hätte das Ruder mit einem Schlag wieder herumreißen können.
    – Hast du aber nicht, oder?
    – Nein.
    – Du hast wieder gespielt?
    – Ja.
    – Das hast du nicht.
    – Doch.
    – Du hast die zwanzigtausend verzockt?
    – Ich hatte Pech, Max.
    – Du hast sie ja nicht mehr alle, Baroni. Du bist ja völlig wahnsinnig.
    – Es hätte auch gutgehen können.
    – Das war nicht dein Geld, Baroni.
    – Das weiß ich.
    – Dich kann man keine Sekunde alleine lassen. Was hast du denn nun schon wieder getan?
    – Du bist nicht mein Papa, Max. Und das hier ist keine Beichte.
    – Was ist es denn dann?
    – Ich bitte dich um Hilfe.
    – Bravo, Baroni, der Max wird’s schon wieder richten, oder was?
    – Tatsache ist: Das Geld ist weg.
    – Und jetzt hat sich der Besitzer gemeldet, oder wie?
    – So ähnlich. Gestern lag ein Brief vor meiner Tür.
    – Das wird ja immer besser. Ein Brief also. Wo ist er?
    – Hier.
    – Gib her.
    – Und heute kam dieses Paket.
    – Halt jetzt bitte die Klappe, Baroni, und lass mich lesen.
    – Sie wollen, dass wir das hier verschwinden lassen.
    – Du sollst die Klappe halten.
    – So wie ich das Geld verschwinden habe lassen.
    – Ich kann lesen, Baroni.
    – Sie wissen, dass du Totengräber bist, Max.
    – Was soll die Scheiße, Baroni?
    – Sie wollen, dass du den Karton hier vergräbst.
    – Wenn du jetzt nicht sofort still bist, bin ich weg.
    – Wenn die Kiste verschwindet, vergessen sie das mit dem Geld.
    – Baroni, ich habe dich gebeten, kurz still zu sein. Kurz nur, ich muss nachdenken.
    – Wenn du den Karton nicht vergräbst, Max, dann holen sie sich das Geld zurück. Verstehst du das. Das Geld oder meine Hoden. Das steht da.
    – Das war’s, Baroni. Es reicht.
    Max stand auf und ging. Baroni wollte ihn zurückhalten, aber er ging einfach. Kopfschüttelnd, halbnackt über die Stiegen nach unten, zurück in den Friedhofsgarten, zurück in die Blocksauna. Zurück in die Stille, in die ruhige Welt, in der nichts ihn bedroht, in der alles wieder in Ordnung ist. Keine Träne, kein Schmerz, keine Angst. Nur Wasser auf dem Ofen, Hitze, Schweiß, und wie das Handtuch auf die Luft einschlägt. Die Polarfichte. Nur er und sein Körper. Seine Gedanken. Keine anderen. Keine Geschichten über Geld in einem Briefumschlag, kein Karton mitten im Wohnzimmer, kein Brief, keine Zeilen, die bedrohlich laut sind, die ihn warnen, die ankündigen, dass wieder etwas passieren wird. Etwas Schlimmes.
    Max schwitzt. Er weiß, dass Baroni in wenigen Augenblicken wieder bei ihm sein wird, dass er ihn in etwas hineinziehen wird, aus dem er so schnell nicht wieder herauskommt. Er macht die Augen zu. Er legt die Hand auf seine Ohren. Er will nicht hören, wie die Tür aufgeht, wie Baroni sich neben ihn setzt, wie er versuchen wird, ihn zu überreden, Max will es nicht. Nichts davon. Und trotzdem ist es da. Kommt über ihn. Mit Wucht kommt es. Alles, was Baroni sagt, worum er ihn bittet. Max weiß, dass er nicht Nein sagen kann, dass er in Baronis Schuld steht, dass der verrückte Fußballer auch für ihn alles getan hat. Er weiß es. Und deshalb will er nichts hören, sich verkriechen, er will nichts wissen davon. Doch er muss. Max weiß, was kommt. Er weiß nicht, welche Farbe es haben wird, aber er weiß, dass es kompliziert wird, schwarz wird, schwierig, gefährlich. Niemand legt einfach so zwanzigtausend Euro vor eine Haustür. Die Frage, warum er das getan hat, macht Max Angst. Warum das Geld vor Baronis Tür lag. Warum sein Name in dem Brief stand. Warum er schon wieder etwas tun muss. Warum man ihn nicht einfach in Ruhe lassen kann, warum nicht. Max sehnt sich nach seinem grünen Plastiksessel, er will den Sand auf seinen Zehen spüren, das Wasser.
    Er gießt auf. Er wartet auf Baroni, aber sein Freund kommt nicht. Er sitzt oben in seinem leeren Designerwohnzimmer und weiß nicht weiter. Er müsste längst hier sein, müsste längst neben ihm sitzen, ihn zum zweiten Mal aus der Sauna zerren, aber eine Minute nach der anderen vergeht und nichts passiert. Er hätte bleiben sollen, ihn nicht allein lassen dürfen, ihn nicht verurteilen sollen, mit seinen Blicken, mit der Verachtung in seiner Stimme. Weil er wieder gespielt hat, weil er das Geld einfach genommen hat.
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