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Leichensee

Leichensee

Titel: Leichensee
Autoren: Peter Mennigen
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Kellnerin jetzt?«
    »Im Haus ihrer Eltern auf Chappaquiddick. Ich befürchte allerdings, dass sie bald wieder in ihre alte Wohnung über dem Coffeeshop zurückkehren könnte. Dort wäre sie dann eine leichte Beute für Dodson. Er ist fast krankhaft auf sie fixiert. Früher oder später wird er ihr etwas antun, wenn sie sich ihm weiter verweigert. Solange dieser Stalker auf freiem Fuß ist, braucht die Frau bestmöglichen Schutz.«
    »Wieso zeigt sie den Kerl nicht selbst beim Sheriff an?«
    »Sie ist sich der Gefahr nicht bewusst. Deshalb werde ich Dodson anzeigen. Wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und Angriff mit seinem Auto auf einen Bundesagenten.«
    »Kann das nicht warten, bis der Sturm vorbeigezogen ist?«
    »Nein, denn in der Zwischenzeit könnte auf Chappaquiddick viel passieren. Wenn Dodson Amy etwas antun würde, nur weil ich mich wegen schlechten Wetters in meinem Hotel verkrochen habe, würde ich mir das nie verzeihen. Deshalb muss ich unbedingt den Sheriff mit Dodsons Verhaftung beauftragen. Und zwar jetzt gleich.«
    Decker betrachtete prüfend sein Gesicht. »Okay, aber ich komme mit. Dieser Sheriff nervt mich lange genug. Es ist an der Zeit, dass ich ihm dafür mal die Hölle heißmache.«
*
    Was die Agents auf der Straße erwartete, waren keine Vorboten des Sturms, es war der Sturm. Zwar hatte er sich noch nicht zur vollen Stärke aufgebaut, doch blies er bereits mit Orkanstärke. Schwarzgraue Wolken und dichter Schneefall tauchten die Straßen in düsteres Dämmerlicht. Unermüdlich versuchten Schneeräumer die Fahrbahnen frei zu halten.
    Die Agents holten ihr Auto aus der Tiefgarage und fuhren schweigend durch die Stadt. Die Witterungsumstände verlangten Deckers volle Konzentration. Der Schneefall wurde so heftig, dass der Verkehr nur noch im Schritttempo vorankam. Dabei hatten die Fahrzeuge nicht nur mit Schneemassen zu kämpfen, sondern auch mit unberechenbaren Sturmböen.
    Gewöhnlich dauerte die Fahrt bis zur Ortschaft Chappaquiddick keine halbe Stunde. Aufgrund der Wetterumstände erreichten sie ihr Ziel erst nach über zwei Stunden. Im Ort war keine Menschenseele zu sehen. Die Einwohner hatten sich in ihre Häuser verkrochen. Nur der Wind heulte wie ein hungriger Wolf durch die verwaisten Straßen.
    Decker parkte vor dem Polizeirevier. Sie nahm sich nicht einmal die Zeit, den Zündschlüssel abzuziehen. Während sie das Fahrzeug verließ, legte sie sich in Gedanken bereits ein paar unfeine Sätze zurecht, die sie dem Sheriff an den Kopf werfen wollte.
    Begleitet von Sturmböen betraten die beiden Agents das Revier. Es bestand aus einem einzigen großen Raum. Der vordere Teil mit drei Schreibtischen, Computern, einem Akten- und einem abschließbaren Waffenschrank stellte das Büro dar. Hinten war ein Bereich durch Gitterstäbe abgeteilt. Dort waren zwei Arrestzellen untergebracht. Beide waren leer.
    Sheriff Pearce hockte hinter dem größten Schreibtisch und starrte ungläubig auf das eintretende Duo.
    »Das darf doch nicht wahr sein«, stöhnte er. »Sie kann wohl nicht mal ein Blizzard davon abhalten, mir den Tag zu verderben? Wenn Sie nicht aufpassen, enden Sie noch als Frostleichen. Nicht, dass es mir übermäßig die Tränen in die Augen treiben würde …«
    »Ihnen auch einen schönen Tag, Sheriff«, grüßte Cotton. »Ich hoffe, Sie sind nicht zu sehr beschäftigt.«
    »Beschäftigt genug, um meine Zeit nicht mit Ihnen zu verplempern.«
    Decker lächelte nachsichtig. »Wir sind nicht zum Vergnügen durch einen Blizzard gefahren, sondern dienstlich.«
    »Was wollen Sie denn noch? Haben Sie nicht schon genug angerichtet? Auf diesen Inseln ist in den letzten Jahren so gut wie kein Verbrechen geschehen. Und dann kommen Sie daher und verwandeln diese Oase der Ruhe in ein Tollhaus. Ich habe nichts gegen das FBI. Nur gegen arrogante Schnösel, die mir sagen wollen, wie ich meine Arbeit zu machen habe. Einmischung von außen ist das Letzte, was wir in Chappaquiddick momentan gebrauchen können.«
    »Oh, ich denke, das ist genau das, was dieser Ort gerade am nötigsten braucht«, widersprach Decker scharf. »Jemanden, der dem örtlichen Gesetzeshüter einen Tritt in den Hintern gibt, damit der endlich seine Arbeit macht.«
    »Sie können mir nichts vorwerfen. Sie haben …«
    Cotton fiel ihm ins Wort: »Sie haben am Fundort keine Spuren gesichert und keine Beweise zusammengetragen, sondern nur die Skelette, so wie sie waren, in Kisten geworfen und verschickt. Und als Gipfel der
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