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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena
Autoren: du hättest vergessen Du dachtest
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was Katja damals im Erdgeschoss gemacht hat? Und wer die Fingerabdrücke vom Hammer gewischt hat?«

    Sie riss die Augen weit auf. Die blaue Farbe war unnatürlich, Sara wirkte wie ein schlecht retuschiertes Foto ihrer selbst.
    »Natürlich erinnere ich mich. Was hat das mit Kaitsu zu tun?«
    »Ich hatte dich gebeten, die Tür zu schließen, bevor du nach unten gehst. Katja ist uns nachgelaufen und hat alles gesehen.
    Du hast immer wieder behauptet, dich nicht zu erinnern, weil du völlig durcheinander warst.«
    Sie schwieg, was selten genug vorkam. Ich hätte sie gern gebeten, zu gehen, wusste aber, dass ich es nicht tun würde. Sie hatte außer mir niemanden, bei dem sie Unterschlupf fand, und ich hatte keinen, den ich bemuttern konnte. Sara nahm mein Zuhören, mein Geld und meine glattgemangelten Laken gerne an.
    »Ich weiß nicht, wovon du redest«, sagte sie schließlich. »Und jetzt gehe ich schlafen. Ich habe eine anstrengende Reise hinter mir, die letzten Wochen waren die Hölle und du … Du fängst plötzlich von diesen alten Geschichten an, die überhaupt keine Bedeutung mehr haben. Kann ich mich ins Schlafzimmer legen?
    Du stehst ja sowieso früher auf.«
    »Auf dem Sofa sind saubere Laken, das Bett habe ich nicht frisch bezogen.«
    »Stört mich nicht.«
    »Du reitest doch immer darauf herum, dass du acht Jahre jünger bist als ich. Also kannst du auch auf dem Sofa schlafen, ich will das nicht mehr tun. Mir tut der Rücken weh vom vielen Stehen.«
    Sara schnaubte wütend, zog sich dann aber aus und legte ihre Sachen auf den Sessel. Sie ging ins Bad und verbrachte mindestens eine halbe Stunde unter der Dusche. Ich versuchte weiterzulesen, konnte mich aber nicht konzentrieren. Saras Parfüm drang bis ins Schlafzimmer.

    Wäre Katjas Leben anders verlaufen, wenn Sara ihr Versprechen gehalten und die Tür zugemacht hätte? In jener Nacht vor fast fünfundzwanzig Jahren hatte mich der Lärm aus dem Erdgeschoss geweckt. Sara lag nicht auf ihrer Matratze, aber als ich aufstand, um die Tür zu schließen, kam sie die Treppe heraufgerannt. Vom Saum ihres weißen Nachthemds tropfte Blut.
    »Vatis Kopf … Großes Loch«, stammelte sie wie ein kleines Kind, das noch nicht richtig sprechen kann.
    »Ich geh nachsehen, bleib du hier bei den Kindern«, sagte ich, denn Katja hatte die Augen aufgeschlagen und wälzte sich unruhig auf ihrem Feldbett. »Mach die Tür hinter mir zu, ich komm gleich zurück!«
    Aber Sara hatte die Tür nicht zugemacht, und Katja war mir nachgelaufen und hatte alles gesehen: Vater, der auf dem Boden lag, Rane und Veikko, der versuchte zu retten, was zu retten war. Da es ihm nicht gelang, hatten wir schließlich die Polizei anrufen müssen.
    Ich hasste die Frau, die auf meinem Sofa lag. Mit diesem Hass schlief ich ein, und am nächsten Morgen war alles wie an Dutzenden anderer Tage. Ich klapperte in der Küche absichtlich laut mit dem Geschirr, weil Sara mich in der Nacht wach gehalten hatte. Ich knallte den Klodeckel zu und ließ den Duschkopf dumpf gegen den Wannenrand schlagen. Doch Sara rührte sich nicht. Morgens hatte sie einen besonders tiefen Schlaf.
    Ich ging in die Küche, um zu lesen. Vor dem Haus liefen Leute mit Studentenmützen herum, die Kinder hatten große, glänzende Luftballons. Ich bekam plötzlich Appetit auf Mai-kringel und Mai-Met, vielleicht gab es sie am Kiosk zu kaufen.
    Sara atmete schnaufend und rasselnd, ein unfreundlicher Mensch hätte behauptet, sie schnarchte. Plötzlich wusste ich mit absoluter Sicherheit, dass alles wieder so werden würde wie früher. Kaitsu würde gehen lernen und wieder zu Hause einzie-hen, Sara würde wieder etwas Neues finden, das für die nächsten sechs Monate das einzig Wahre und Richtige für sie war, und Katja würde mit dem jungen Kalmanlehto glücklich werden. Ich saß im Sonnenschein und schloss die Augen. Alles ist in Ordnung, dachte ich. Vielleicht bekomme ich doch Enkelkinder, vielleicht reißt die Kette nicht ab. Eines Tages führe ich sie dann an das Grab meiner Eltern und erzähle ihnen, dass die Liimatainens …

    SECHSUNDZWANZIG
    Veikko
    … sich vor nichts fürchten als vor zu großer Nähe. Zum Glück sind die meisten Menschen es ohnehin nicht wert, dass man ihre Nähe sucht.
    Aber dann legt sich Veikko Liimatainen einen Hundewelpen zu. Er hat plötzlich Angst, wenn ein Wagen an seinem Haus vorbeifährt: Hoffentlich kommt die verflixte Töle nicht unter die Räder. Er liest in der Zeitung, dass in der Gegend ein Bär
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