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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena
Autoren: Weiss wie die Unschuld
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Gruß.
    »Herrgottsackzement, ich bin sicher, dass die sich erst hinterher zugedröhnt haben, nachdem sie den Kerl erschossen hatten, damit sie behaupten können, sie hätten totale Mattscheibe gehabt! Und was hat unsere Jungvermählte über Weihnachten getrieben? Gegessen und gebumst, was?«
    An Ströms Ausdrucksweise hatte ich mich schon auf der Polizeischule gewöhnt. So begnügte ich mich damit, zustim-mend zu lächeln. Gar so drastisch hätte ich mich zwar nicht ausgedrückt, aber er hatte richtig geraten.
    »Und, schon was Kleines unterwegs?«, fuhr Pertsa fort und maß mich unverfroren von Kopf bis Fuß.
    »Das geht dich zwar nichts an, aber da es dich so brennend zu interessieren scheint, darf ich dich davon in Kenntnis setzen, dass nichts dergleichen geplant ist. Meine Spirale bleibt, wo sie ist«, gab ich zurück und verzog mich, bevor er mit weiteren Kommentaren aufwartete. Ich war nicht in der Stimmung für einen verbalen Schlagabtausch. Unsere Gespräche arteten immer wieder in Streit aus, wir kamen einfach nicht miteinander klar.
    Ich hatte mich von Anfang an davor gefürchtet, mit Pertsa Ström zusammenarbeiten zu müssen, obwohl mir zu Ohren gekommen war, dass ausgerechnet er unserem Chef Jyrki Taskinen vorgeschlagen hatte, mir die Stelle bei der Espooer Polizei anzubieten.
    Vor einigen Jahren, als ich noch in der Anwaltskanzlei in Tapiola arbeitete, waren wir im Zusammenhang mit einem Mordfall heftig aneinander geraten. Pertsa hatte einen Unschuldigen verhaftet, der mich als Rechtsbeistand engagiert hatte.
    Dass die Aufklärung des Falles letzten Endes nicht der Polizei, sondern mir zu verdanken war, hatte Pertsa natürlich nicht verdauen können. Erst später hatte ich erfahren, dass damals gerade seine Scheidung lief und er sich kaum auf seine Arbeit konzentrieren konnte. Er selbst hatte darüber nie ein Wort verloren, aber Palo, dessen Ehefrau Nummer drei mit Pertsas Ex befreundet war, tratschte mit Vergnügen über Ströms Privatleben.
    In Henttaa waren die Straßen von Schneewehen wie aus dem Bilderbuch gesäumt, sie brachten die weihnachtliche Beleuchtung der Häuser doppelt schön zur Geltung. Unsere rote Bruchbude sah geradezu anheimelnd aus. Antti hatte als Willkommensgruß eine Stalllaterne angezündet und schaufelte gerade den Hof frei. Es hatte wieder angefangen zu schneien.
    Ich aß rasch eine Banane und zog mich um. Die frische Luft blies meine Müdigkeit davon, das Geräusch der gleitenden Skier war vertraut und doch von einem Winter zum anderen wieder ganz neu. Aber so sehr ich mich auch bemühte, mich ganz auf das Skilaufen zu konzentrieren, meine Gedanken kehrten immer wieder zu Elina Rosberg zurück. Wo war sie bloß abgeblieben?
    Natürlich kann man niemanden nach seinem öffentlichen Image beurteilen, aber ich hatte nicht den Eindruck gewonnen, dass Elina Rosberg zu impulsivem Handeln neigte. Sie hatte in den letzten Jahren häufig an Fernsehdebatten teilgenommen, bei denen es unter anderem um Probleme der Sexualität und der Geschlechterrollen ging. Während die anderen Teilnehmer sich in Rage geredet und gegenseitig niedergeschrien hatten, war Elina geradezu aufreizend ruhig geblieben, bis die anderen nach und nach still wurden und ihr zuhörten. Nein, sie schien mir nicht der Typ zu sein, der sich ohne Ankündigung in den Zug setzte und Freunde in einer anderen Stadt besuchte. Schon gar nicht, wenn sie Gäste hatte.
    Nach ein paar Kilometern kehrte die Müdigkeit zurück. Meine Beine waren schlapp und kraftlos, ich schaffte es kaum noch, die Skier vorwärts zu schieben. Antti fuhr in gleichmäßigem Tempo vor mir her, und es fuchste mich, dass ich ihn bitten musste, langsamer zu laufen.
    »Na, Schneefrau, was ist los?«, lachte er. Ich schüttelte den Schnee aus dem Haar.
    »Meine Beine fühlen sich ganz komisch an. Vielleicht kriege ich die Grippe? Ach ja, meine Tage müssten bald kommen, wahrscheinlich liegt es nur daran.«
    »Kehren wir lieber um«, schlug Antti vor. Irgendwie schaffte ich es, mit meinen Wackelpeterbeinen zu wenden. Ich gab mir Mühe, nicht an meine Mattigkeit zu denken, sondern mich auf Anttis Rücken zu konzentrieren. Sein grüner Anorak leuchtete vor dem Schnee im Dämmerlicht, sein Schatten sah aberwitzig lang und dünn aus. Als er sich umdrehte und fragte, ob das Tempo richtig sei, erinnerte er mich mit seiner großen Hakennase mehr denn je an einen Indianer. Es war ein herrliches Gefühl, unser Haus wieder zu sehen, zu wissen, dass die heiße Sauna
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