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Lehrer-Deutsch - Deutsch-Lehrer

Lehrer-Deutsch - Deutsch-Lehrer

Titel: Lehrer-Deutsch - Deutsch-Lehrer
Autoren: Hans Klaffl
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sondern allenfalls einen „Supervertrag“ bekommt, erstreckt sich diese Initiation in kleinen und kleinsten, nur für das verschulte Auge erkennbaren Schritten über einen längeren Zeitraum.
    Supervertrag
    Ein Euphemismus, der vertuschen soll, dass der junge Lehrer seine Beamtung nicht gleich, sondern voraussichtlich erst even­tuell viel später bekommen könnte, aber möglicherweise grundsätzlich auf jeden Fall.
    In der Lehrerkonferenz zum Schuljahresbeginn werden diese neuen jungen Kollegen enthusiastisch begrüßt. Stehende Ovationen des Kollegiums vermitteln ihnen einerseits das Gefühl, herzlich willkommen zu sein, andererseits weckt es natürlich ein gewisses Misstrauen: Was erwartet man hier von mir? Kann ich etwas, was die nicht (oder nicht mehr) können?
    Was sie nicht wissen: Die Motivation für diesen Applaus ist tatsächlich sehr durchwachsen. Die meisten älteren Kollegen haben ganz einfach Mitleid. Sie fragen sich, warum sich heutzutage noch jemand diesen Beruf antut. Warum wird so einer Lehrer? Er macht doch einen ganz vernünftigen Eindruck. Hat dieser arme, irregeleitete Mensch noch nicht mitgekriegt, dass die Eingangsgehälter gekürzt wurden und die Wochenarbeitszeit permanent steigt? Warum hat er nicht BWL studiert und ist Unternehmensberater geworden? Und die Schüler von heute. Der wird sich wundern!
    Dabei übersehen viele der Altvorderen, dass diese jungen Kollegen vor gar nicht allzu langer Zeit selber „Schüler von heute“ waren. Sie kennen fast noch alles, was die Alten in den Wahnsinn treibt – sie haben nur die Seite gewechselt. Schon ihr Outfit signalisiert: Aufpassen Kids, hier kommt einer, der sich in eurem Revier bestens auskennt. Einer, der mit Madonna aufgewachsen ist (nicht mit den Stones wie der C-Typ oder gar mit Monte­verdi wie der D-Typ). Einer, der das Vokabular von Bushido drauf und in seiner Schulzeit nicht „We shall overcome“ gesungen hat, was genau aus diesem Grund aber auf ihn zutrifft.
    Mit Cargohose, Dreitagebart und gegelten Haaren wie Schweini in seinen jungen Jahren tritt er an. Also modisch auch nicht ganz auf der Höhe, aber auf wesentlich höherem Niveau als die Jeans mit Gummibund des A-Typs. Er speichert die Digitalfotos von seinen Schülern auf dem MacBook und heißt bereits Marc oder Eric (allerdings noch nicht Thorben oder Kevin). Den Verweis, den seine gut abgehangenen Kollegen damals für das Wort „Scheiße“ bekamen und deshalb als Lehrer selbst erteilen, gibt es bei ihm frühestens ab „motherfucker“.
    Die junge Kollegin Viviane beeindruckt ebenfalls durch ihr modisches Outfit. Sicher, auch ältere Kolleginnen wissen sich zu kleiden, aber häufig übersehen sie ein wesentliches Merkmal der Mode: Sie ändert sich.
    Und, wahrlich nicht zu vernachlässigen: Der Mensch ändert sich auch.
Kollegin denkt :
Schüler denkt :
Ein bisschen bunter kann nicht schaden. Wirkt sicher lebhaft.
Aha! Hier sind unsere alten Küchenvorhänge also gelandet.

So ein Lederrock ist doch immer wieder chic.
Eine ganze Kuh für einen einzigen Rock! Was sagt dazu eigentlich der Tierschutzverein?
    Auf Schülerinnen und Schüler wirkt ein ansehnlich gestylter Lehrkörper durchaus motivierend. Allerdings erst etwa ab Jahrgangsstufe elf. Davor machen sie keinen Unterschied zwischen 30- und 60-Jährigen. Ob biVi oder uHu: Alt ist alt.
    Das eingangs erwähnte Mitleid mit den jungen Kollegen ist also in keinster Weise angebracht, denn sie sind gut. Selbstverständlich sind sie gut, sonst wären sie ja gar nicht hier. Sie haben durchweg Examensnoten mit einer Eins vor dem Komma und fast nichts dahinter. Das macht es für die älteren Kollegen auch nicht gerade einfacher. Der Fachbereichsleiter, der anno dunnemals mit seinem Dreierexamen problemlos in den Staatsdienst übernommen wurde, erkennt zunehmend seinen Fortbildungsbedarf, den die jungen Kollegen nicht immer bereitwillig erfüllen. Vor allem in Fächern mit einem gewissen Aktua­litätsanspruch wie Sozialkunde oder Musik werden dem Schüler die fachlichen Defizite des älteren Kollegen besonders bewusst, wenn sie beim jüngeren Mitbewerber nicht auftreten.
    Tipp für den Junglehrer:
    Lassen Sie ab und zu Ihre Unterrichtsmaterialien auf Ihrem Platz liegen. Sie lösen damit heftige Kopier­aktivitäten aus, die letztlich den Schülern dienen. Das sollte es Ihnen wert sein. Mit einem „Und, hat’s geklappt?“ nach der nächsten Unterrichtsstunde des Kollegen stimmt auch die emotionale Bilanz wieder.
    Und das sind
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