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Lehrer-Deutsch - Deutsch-Lehrer

Lehrer-Deutsch - Deutsch-Lehrer

Titel: Lehrer-Deutsch - Deutsch-Lehrer
Autoren: Hans Klaffl
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er endlich zur Ruhe und man liest vierfarbig im Schrifttyp Bubble Exotic: „Einleitung“.
    Stehende Ovationen der Klasse!

    Spätestens beim dritten Gliederungspunkt haben die Schüler in der ersten Reihe ein schweres Schleudertrauma, die anderen klammern sich seekrank an ihren Vordermann mit Augen wie Mowgli vor der Schlange Kaa. PowerPoint in den Händen eines Fanatikers ist LSD für arme Leute. Wenn es denn funk­tioniert! Aber das muss es ja nicht. Nein, das will es sogar oft nicht. Wer erleben will, wie ein erwachsener Mensch hysterisch auf elektrische Geräte einbrüllt, muss einfach nur den Unterricht eines Kollegen besuchen, der nächtelang an seiner ersten Präsentation gearbeitet hat, deren Herausgabe der Computer (oder ist es der Beamer?) nun hartleibig verweigert.
    Natürlich rastet er erst aus, nachdem er geduldig und mit durchaus überzeugenden Argumenten versucht hat, diese Geräte zur Mitarbeit zu bewegen. Allerdings mit genau dem gleichen Erfolg, den er mit dieser Methode bei seinen Schülern erzielt: Ein Beamer steht nämlich dem guten Zureden genauso aufgeschlossen gegenüber wie ein Mittelstufenschüler in seiner hormonell kritischen Phase. (Eher kann man diesen noch davon überzeugen, dass Mädchen oberhalb der Zahnspange auch noch interessante Körperteile haben.)
    Jetzt, in diesem Stadium hoch angereicherter Emotionen, fehlt nur noch der besagte Tipp mit der rechten Maustaste: „Hey Alter …!“ Es waren seine letzten Worte.
    Gelobt sei, was hart macht : der Sportunterricht
    „Ich war immer der Letzte, der in die Mannschaft gewählt wurde. Erst nachdem wirklich überhaupt niemand mehr da war, kam ich dran. Sogar die Mädchen wurden vor mir ausgewählt. Und dann musste ich ins Tor, weil ich der Dickste war.“ Wenn nicht schon der Gesichtsausdruck des Erzählenden, dann verrät spätestens der nächste Satz die eigentliche Botschaft: „In allen anderen Bereichen war ich unschlagbar! Kognitiv, kreativ et cetera keine Probleme, nur dieses blöde Rumgehupfe!“
    Entweder hat man schöne Erinnerungen an den Sportunterricht oder eben an alle anderen Fächer. Beides zusammen ist offenbar nicht möglich. Nur das benotete Einzelvorsingen im Musikunterricht hat noch ein ähnlich nachhaltiges Horror­potenzial. Nicht umsonst spricht man in Mafiakreisen davon, jemanden „zum Singen zu bringen“.
    Höhepunkte im Sportunterricht sind die Bundesjugendspiele, denn hier wohnen andere Klassen und Geschlechter der Blamage bei. Die Bezeichnung „Spiele“ ist in diesem Zusammenhang historisch zu verstehen: Auch die Gladiatorenkämpfe im alten Rom wurden als Spiele bezeichnet, was die mitspielenden Christen wohl gelegentlich als Euphemismus „erlebten“.
    Der Sportunterricht im Sommer ist für die Schüler meist erträglich. Man verläuft sich irgendwo in den Weiten des Sportplatzes und taucht erst gegen Ende der Stunde wieder auf. Anders im Winter – Geräteturnen ist angesagt. Es beginnt wie weiland bei der Inquisition mit dem ersten Stadium, der Territion (auch Schreckung genannt), nämlich dem Zeigen der Instrumente. Jetzt gilt es, erste Grundsatzentscheidungen zu treffen: Kann man sich an Geräten mit vielen Stangen besser festhalten oder ist es wahrscheinlicher, sich daran blaue Flecken zu holen?
    Zweites Stadium: Verlesen der Tortur. Das sind diese grauenvollen Übungsbeschreibungen, gespickt mit Fachtermini wie Quetschpraller, Mattenschleifer, Nackenknicker, Drehstaucher etc. Zum Schluss immer ein harmlos klingendes „mit halber Drehung zum Gerät“.
    Damit ist der Versuch des Opfers gemeint, nach dem Einschlagen in den Boden nochmals zurückzuschauen, was das eigentlich für ein Gerätist, das einen soeben dermaßen furchtbar zugerichtet hat.
    Die Hilfestellung, an der man jedes Mal im Blindflug ganz knapp vorbeisegelt – weil dieses Kameradenschwein immer einen Schritt zurücktritt, sobald es brenzlig wird –, kann man nur als sicherheitstechnisches Placebo sehen. Allenfalls kommt von dieser Seite ein Versuch, das Wrack psychisch wieder aufzubauen: „Willst du darüber sprechen?“ Es ist kein Zufall, dass im Stundenplan das Fach „Sport männlich“ mit SM abgekürzt wird.
    Was wird im Bildungssystem heute nicht alles auf den Prüfstand gestellt, hinterfragt, evaluiert, in Zweifel gezogen … der Sportunterricht ist tabu. Auch bei den Sportlehrern gibt es keinerlei Selbstzweifel: „Wenn ich es nicht mache, macht es ein anderer!“ Allerdings darf man über Sportlehrer wirklich nicht zu
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