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Legende der Angst

Legende der Angst

Titel: Legende der Angst
Autoren: Christopher Pike
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Situation schamlos ausnutzen.«
    Sie versuchte, sein Lächeln zu erwidern. »Das würde ich auch gern. Tut mir leid.«
    »Das muß dir nicht leid tun.«
    »Nicht?«
    »Nein.« Er wischte ihr eine Träne von der Wange. »Du hast Angst, aber alles wird gut werden. Ich werde auf dich aufpassen.«
    »Wirklich?«
    Er grinste. »Wirklich, kleine Angie. Es gibt keine Monster.«
    »Gott sei Dank.« Sie nahm seine Hände in ihre und küßte sie. Dann schob sie ihre Hände hinter seinen Hals, massierte leicht seinen Nacken mit ihren Fingerspitzen, bis Kevin sich entspannte. Erneut schloß er die Augen. Sie wollte nicht, daß er sie wieder öffnete. So beugte sie sich vor, öffnete den Mund und küßte Kevin ein weiteres Mal, diesmal intensiver als zuvor, so intensiv, daß sie das Gefühl hatte, in ihm zu sein; sie war ein Teil von ihm und er ein Teil von ihr. Ihrer beider Herzen schlugen schneller. Sie wollte, daß sie sich noch näher waren. Nicht nur ihr Körper wollte das, es war mehr, ihre Seele sehnte sich danach. Es sollte so sein; das wußte sie jetzt. Aber sie war nicht wie die anderen, denn sie wollte nicht, daß er litt. Nicht ihr süßer Kevin. Sie wollte ihn nur lieben – ihn eins mit sich machen.
    Sie drückte ihre Hände fester an seinen Kopf.
    »Ich liebe dich, Kevin«, flüsterte sie.
    Ich werde dich immer lieben. Jetzt und in alle Ewigkeit.
    Sie riß seinen Kopf so fest herum, wie sie konnte.
    Sie hörte die Knochen in seinem Nacken knacken. Nicht so wie bei einem Chiropraktiker. O nein. Das Knacken war sehr viel lauter. Kevin sackte in ihre Arme.
    Er atmete nicht länger schwer. Tatsächlich atmete er gar nicht mehr.
    Er schläft nur, dachte sie.
    Sie strich ihm das Haar aus dem Gesicht.
    Er konnte so lange schlafen, wie er wollte.
    Sie küßte ihn auf die Wange. »Ich liebe dich«, sagte sie.
    Sie öffnete den Mund und schloß die Augen.
    Sie fing an. Sie dachte nicht länger nach.
    Es war gut so.

 
    14. Kapitel
     
     
     
    Lieutenant Nguyen fuhr ziellos durch Balton. Er wußte, was er zu tun hatte. Er mußte zu Angela nach Hause fahren und mit ihr über das reden, was Mary gesagt hatte. Nguyen hatte das Gefühl, daß Angela die Geschichte ihrer Freundin inzwischen für bare Münze nahm, und er glaubte, daß sie auch gute Gründe dafür hatte. Fast hielt er selbst das alles schon für möglich. Aber Angela hatte ihm gesagt, er solle sich von ihr fernhalten. Sie hatte ihm irgendwie befohlen, sie in Ruhe zu lassen, hatte den Gedanken tief in ihm verwurzelt. Alles trieb ihn dazu, mit ihr zu reden, doch er fürchtete, den schlimmsten Fehler seines Lebens zu begehen, wenn er sich Angela nur auf zehn Meilen näherte.
    Schließlich brachte ihn seine Irrfahrt zu dem Friedhof, auf dem Todd Green und Kathy Baker begraben worden waren. Es war fast halb zwölf, und das Tor war natürlich abgeschlossen. Aber er hatte einen Satz Schlüssel im Wagen, mit denen er jedes Schloß aufsperren konnte. Und sollte ein Polizist vorbeikommen, konnte er ihm einfach seinen Dienstausweis zeigen und sagen, daß er Ermittlungen in einem ganz bestimmten Fall durchführte.
    Ich verhöre die Mordopfer. Vielleicht können sie mir etwas erzählen, was in der Sache weiterhilft.
    Er hatte keine Ahnung, warum er zum Friedhof gefahren war. Als das Schloß jedoch aufsprang und das Tor quietschte, als es aufschwang und den Weg freigab, glaubte er, eine kalte Hand in seinem Nacken zu spüren. Er wollte genausowenig hier sein, wie er in der Nähe von Angela Warner sein wollte. Er hatte in seinem Leben viele Menschen sterben sehen – Hunderte. Er war an Leichen vorbeigeschritten, die von Tretminen in tausend Stücke zerrissen worden waren, und hatte sich dabei nicht so nervös gefühlt wie in diesem Augenblick. Er betrat das Gelände des Friedhofs, und die Kälte kroch seine Wirbelsäule entlang bis in die Nähe seines Herzens. Er konnte die Gedanken an das grüne Zeug nicht abschütteln, das aus dem Blut der beiden ermordeten jungen Leute gewachsen war. Als er letzte Woche nach der Schießerei zum erstenmal bei Jim Kline gewesen war, um mit diesem zu reden, hatte ihm der Junge leid getan. Jetzt fragte er sich, ob er nicht froh sein sollte, daß wenigstens diese zwei Leute tot waren.
    Die Gräber von Todd und Kathy waren leicht zu finden. Der Friedhof war klein, und auf zwei Rechtecken, auf denen sich Erde türmte, lagen immer noch die Blumen von der Beerdigung. Die beiden waren nebeneinander beerdigt worden. Nguyen seufzte und setzte sich auf
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