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Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Titel: Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)
Autoren: Marie Lu
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sich ein strahlendes Lächeln aus. Er steht auf und versucht, mir entgegenzugehen, dann aber bleibt er wieder stehen. Er scheint nicht genau sehen zu können, wo ich bin. »Bist du das, Daniel?«, fragt er mit zittriger Stimme.
    Ich renne zu ihm, hebe ihn hoch und drücke ihn an mich. »Ja«, flüstere ich. »Ich bin’s, Daniel.«
    Eden weint. Heftige Schluchzer schütteln seinen Körper. Er schlingt mir so fest die Arme um den Hals, als wollte er mich nie wieder loslassen.
    Ich atme tief durch, um meine eigenen Tränen zurückzuhalten. Die Seuche hat ihm einen Großteil seiner Sehkraft genommen, aber er ist hier, gesund und munter und kräftig genug, um auf den Beinen zu sein und mit mir zu sprechen. Das reicht mir vollkommen. »Schön, dich wiederzusehen, Kleiner«, stoße ich hervor und zerstrubbele ihm mit einer Hand das Haar. »Du hast mir gefehlt.«
    Ich weiß nicht, wie lange wir so stehen bleiben. Minuten? Stunden? Aber es spielt keine Rolle. Die Sekunden ticken vorbei und ich versuche, den Moment so gut es geht in die Länge zu ziehen. Es ist, als würde ich meine gesamte Familie umarmen. Er ist für mich der wichtigste Mensch auf der ganzen Welt. Wenigstens habe ich ihn.
    Hinter mir höre ich ein Hüsteln.
    »Day«, sagt der Arzt. Er lehnt im Rahmen meiner offenen Zimmertür, sein Blick ist ernst und das Neonlicht zeichnet dunkle Schatten auf sein Gesicht.
    Ich setze Eden behutsam ab und lege ihm eine Hand auf die Schulter.
    »Kommen Sie. Es dauert auch nicht lange, das verspreche ich Ihnen. Ich, äh …« Er hält inne und wirft einen Blick auf Eden. »Ich würde vorschlagen, dass Sie Ihren Bruder hier draußen warten lassen. Nur ganz kurz. Ich garantiere Ihnen, dass Sie in ein paar Minuten wieder zu ihm können, und dann werden Sie beide in Ihre neue Wohnung gebracht.«
    Ich rühre mich nicht, denn ich traue ihm nicht.
    »Ich verspreche es Ihnen«, wiederholt er. »Wenn ich lügen sollte, na ja, dann können Sie ja den Elektor bitten, mich verhaften zu lassen.«
    Tja, da hat er wohl recht. Ich warte noch einen Augenblick ab und kaue auf der Innenseite meiner Wange herum, dann tätschele ich Eden den Kopf. »Ich bin sofort wieder da, okay? Setz dich noch mal kurz auf die Bank. Und nicht weglaufen. Wenn irgendjemand dich mitnehmen will, schreist du. Alles klar?«
    Eden wischt sich mit der Hand über die Nase und nickt.
    Ich führe ihn zurück zu der Bank und folge dann dem Arzt in mein Zimmer. Er schließt mit einem leisen Klicken die Tür hinter uns.
    »Was gibt’s denn?«, frage ich ungeduldig. Mein Blick wandert immer wieder zur Tür, so als könnte sie jeden Moment in der Wand verschwinden, wenn ich nicht aufpasse. In der Ecke zeigt der Bildschirm June, die allein in ihrem Zimmer sitzt und wartet.
    Diesmal aber wirkt der Arzt nicht ungehalten. Er drückt auf einen Knopf an der Wand und murmelt etwas davon, den Ton der Kameras auszuschalten. »Wie ich eben schon sagte, bevor Sie das Zimmer verlassen haben … Im Rahmen der Untersuchungen haben wir Ihr Gehirn gescannt, um zu sehen, ob in den Kolonien Veränderungen daran vorgenommen wurden. Wir haben nichts Derartiges entdeckt … dafür aber etwas anderes.« Er dreht sich um, drückt auf ein kleines Gerät und richtet es auf einen erleuchteten Monitor an der Wand. Ein Bild meines Gehirns erscheint. Ich runzele die Stirn, denn ich weiß nicht, was ich darauf erkennen soll. Der Arzt deutet auf einen schwarzen Fleck im unteren Teil des Bildes. »Wir haben das hier in der Nähe Ihres linken Hippocampus gefunden. Wir vermuten, dass es schon älter ist, wahrscheinlich sogar Jahre alt, und dass es sich mit der Zeit verschlimmert hat.«
    Ich starre eine Weile auf den Fleck, dann wende ich mich wieder dem Arzt zu. Mir kommt das alles so bedeutungslos vor, da doch Eden draußen im Flur auf mich wartet. Da ich doch bald June wiedersehen darf. »Und? Was noch?«
    »Hatten Sie in letzter Zeit starke Kopfschmerzen? Kürzlich oder auch in den letzten Jahren?«
    Ja. Natürlich hatte ich die. Ich habe Kopfschmerzen, seit sie in jener Nacht im Los Angeles Central Hospital irgendwelche Versuche mit mir angestellt haben, seit der Nacht, in der ich hatte sterben sollen, in der ich geflohen bin. Ich nicke.
    Er verschränkt die Arme. »Unsere Akten besagen, dass an Ihnen … Experimente durchgeführt worden sind, nachdem Sie Ihren Großen Test nicht bestanden hatten. Einige davon auch an Ihrem Gehirn. Sie … äh«, er räuspert sich und scheint nach den richtigen Worten zu
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