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Lebensversicherung (German Edition)

Lebensversicherung (German Edition)

Titel: Lebensversicherung (German Edition)
Autoren: Harald Schnare
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ein
Steroidderivat, welches die Muskeltätigkeit lähmt. Pavulon, oder auch
Pancuronium, ist ein Anästhetikum, welches während der Anästhesie zur andauernden
Muskelentspannung bei intraabdominalen und intrathorakalen Operationen
verwendet wird. Es hat eine relativ geringe Initialdosierung und von allen
gängigen nicht-depolarisierenden Neuromuskularblockern die geringste
Nachdosierung, die nach 30 bis 40 Minuten erfolgen soll. Beachte das, denn dann
ist der Hingerichtete bereits in der Autopsie!
    Schmid machte die imaginäre Bewegung des Schneidens.
    - Beginn und Dauer der neuromuskulären Lähmung hängt von der
Dosis ab, wobei zwei Faktoren die Wirkung beeinflussen: Hyperkaliämie und
Acidose.
    Siehst du, und jetzt kommt Kaliumchlorid dazu, und wir haben
die schönste Hyperkaliämie und auch die Acidose ist nicht fern.
    Aber lass´ mich etwas ausholen, obwohl du als Biologe das
sicher weißt.
    Nicht wahr, das Kaliumion ist das prinzipielle intrazelluläre
Kation der meisten Körpergewebe, und wir nehmen es normalerweise mit der
Nahrung auf. Es partizipiert an zahlreichen essentiellen physiologischen
Prozessen wie der Aufrechterhaltung des intrazellulären Druckes, der
Übertragung von Nervenimpulsen, der Kontraktion der Herz-, Skelett- und glatten
Muskulatur sowie der Aufrechterhaltung der normalen Nierenfunktion.
    Aber wir sind ja bei der Hinrichtung.
    Schmid zeigte auf sich.
    - Sowohl Mangel als auch Überangebot an Kalium führt unter
anderem zu einer Störung des Herzrhythmus hin bis zur Paralyse, dem
Herzstillstand.
    Also, Überangebot führt zur Hyperkaliämie. Wie der Begriff
schon sagt. Sie tritt insbesondere bei Überdosierung von Kalium auf
intravenösem Wege auf. Nebenbei, sie kann auch durch orale Gabe hervorgerufen
werden. Pass auf bei Salzersatz!
    Schmid, der alte Wissenschaftsjournalist!
    - Also, wenn demnach Kaliumchlorid intravenös zu schnell
zugeführt wird, tritt eine fatale Hyperkaliämie auf, die zum einen in einer
hohen Serumkaliumkonzentration, zum anderen als eine charakteristische
Veränderung im EKG gemessen werden kann. Du weißt, die zum Tode zu Befördernden
sind an ein EKG angeschlossen.
    Bei der Hinrichtung wird Kaliumchlorid zu schnell intravenös
zugeführt. Die Hyperkaliämie manifestiert sich in Muskellähmung und
kardiovaskulärem Kollaps durch Herzstillstand. Der Herzmonitor sagt dir, wann
es soweit ist.
    Es kommt also zum anaphylaktischen Schock, der per Definition
ein plötzlich einsetzendes, fortschreitendes allgemeines Kreislaufversagen ist,
welches durch Mikrozirkulationsstörungen gekennzeichnet wird, infolge einer den
ganzen Körper betreffenden schweren Anaphylaxie. Die Symptome sind zum Beispiel
ein tiefer Abfall des Blutdruckes mit Abnahme des Herzminutenvolumens, welches
die vom Herzen zur Aufrechterhaltung des Kreislaufes geförderte Blutmenge
wiederspiegelt. In schweren Fällen, was unsere Hinrichtung unzweifelhaft ist,
kommt es zu Herz- und Atemstillstand.
    Der Körper fällt ins Koma. Du weißt, so ein Koma kann über
Tage und Jahre anhalten. Wird dabei keine elektrische Aktivität des Gehirns
mehr gemessen, dann spricht man vom Hirntod. Dieser tritt schon nach wenigen
Minuten Sauerstoffmangel ein, welchen wir ja durch das Kaliumchlorid erreicht
haben.
    Schmid machte eine Pause.
     
    Mach weiter, dachte ich.
    - Nochmal, die durch KCL hervorgerufene Hyperkaliämie und die
einhergehende Acidose, also die Versäuerung des Blutes, führte zum
Herzstillstand und damit zum Erliegen des Kreislaufes. Das Gehirn wurde nicht
mehr versorgt.
    Es ist dahin, und der zum Tode Verurteilte wird für tot
erklärt. Die Vorhänge zur Todeskammer werden zugezogen, und die Zeugen
entlassen.
    Schmid verabschiedete per Handzeichen die imaginäre Menge.
    - Soweit eigentlich eine saubere Sache, sagte ich.
    - Natürlich. Weniger als fünf Minuten und keine Sauerei.
    Schmid nahm ein Blatt aus dem Ordner. In einzelnen Punkten
hatte er die Schritte der Exekution aufgelistet.
    - Aber jetzt kommt´s. Als Behandlungsmaßnahmen bei Hyperkaliämie
werden u.a. aufgeführt: Aufhebung der Acidose durch intravenöse Gabe von Natriumhydrogenkarbonat,
die Hämodialyse oder eine peritoneale Dialyse.
    Schau´ doch mal, die Infusionen liegen noch. Es ist nun ein
leichtes, Natriumhydrogenkarbonat zuzuführen und das Blut zu reinigen, um die
toxische Wirkung des Kaliumchlorids aufzuheben.
    Auch die Wirkung des Pavulon kann man aufheben. Gibt man zum
Beispiel Neostigmin intravenös, so kann man schon nach
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