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Lebenslust: Wider die Diät-Sadisten, den Gesundheitswahn und den Fitness-Kult (German Edition)

Lebenslust: Wider die Diät-Sadisten, den Gesundheitswahn und den Fitness-Kult (German Edition)

Titel: Lebenslust: Wider die Diät-Sadisten, den Gesundheitswahn und den Fitness-Kult (German Edition)
Autoren: Manfred Lütz
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»Lust« eher selten. Außer bei Fernsehsendungen über Sex, wo pflichtgemäß und nicht sehr lustig über Lust gesprochen wird. Was einen so ganz ergreift wie die Lust, darüber redet man nicht. Und wenn einige doch darüber reden, dann sprechen sie allenfalls moralinsauer von der »bösen« Lust. Das hat die Lust nicht verdient. Und so geht es diesem Buch auch um eine Rehabilitation der Lust in ihrem umfassendsten Sinn, also um Lebenslust.
    Dabei spielt die Gesundheit eine wichtige Rolle. Was hat die Gesundheit mit der Lebenslust zu tun? Kann man die Lebenslust durch Gesundheit verpassen? Kann man die Gesundheit durch Lebenslust zerstören? Jede falsche Antwort auf diese Fragen hat buchstäblich tödliche Folgen.
    Das Thema ist gefährlich. Denn das Gesundheitssystem der westlichen Welt ist inzwischen auch ein gigantischer machtvoller Wirtschaftskoloss, der rasant wächst und kaum mehr steuerbar ist. Konjunkturforscher befürchten, dass das anbrechende »Zeitalter der Gesundheit« ungebremst in den finanziellen Ruin steuert. Wegen der religiösen Verklärung von »Gesundheit« sind ihre Risiken und Nebenwirkungen nämlich tabu. Die Gesundheitsreligion ist in der Tat die neue Erlösungsreligion schlechthin.
    Es gibt auf diesem Gebiet zahlreiche heilige Kühe und eben auch strenge Regeln der Political Correctness. Dennoch ist der Autor entschlossen, sich über all dies hinwegzusetzen. Die Sache erfordert Klartext und den Mut, der Realsatire, die sich da abspielt, äußerstenfalls sogar mit Humor zu begegnen. Wen so etwas erschreckt, der sollte das Buch besser nicht lesen. Es geht um existenzielle Fragen: Ist die Gesundheitsgesellschaft noch zu retten? Hat der Mensch noch Zukunft? Ist Lebenslust eine unerreichbare Utopie oder gibt es sie wirklich, die Wege zur Erfüllung?
    Die hier vorgelegten Gedanken zu einem so grundsätzlichen Thema zwischen Medizin und Spiritualität gehen naturgemäß auf viele schriftliche und mündliche Anregungen anderer zurück. Ausdrücklich erwähnen möchte ich Prof. Rudolf Gross, Köln, Prof. Klaus Bergdolt, Köln, Prof. Kurt Heinrich, Düsseldorf, und den jüngst verstorbenen Steve de Shazer, Milwaukee, denen ich für wertvolle Hinweise herzlich danke. Um der Lesbarkeit willen habe ich auf Anmerkungen verzichtet. Da Originalität oft darin besteht, dass man vergessen hat, wo man etwas gelesen hat, geht der Autor sicherheitshalber davon aus, nichts Originelles vorzulegen. Er erinnert sich aber zumindest an nichts Vergleichbares.
    Es freut mich sehr, dass die Thesen dieses Buches inzwischen eine muntere Diskussion ausgelöst haben. Sie sind herzlich eingeladen, lieber Leser, sich daran lustvoll zu beteiligen.

    Juni 2006       Manfred Lütz

Einleitung
    E s wird Zeit, dass irgendjemand aufsteht und die Lust verteidigt. Zwar hat der antike Philosoph Epikur (341–271 v.Chr.) schon gewisse Vorarbeiten geleistet, indem er meinte: »Ich weiß nicht, was ich mir als das Gute vorstellen soll, wenn ich die Lust des Geschmacks, die Lust der Liebe, die Lust des Hörens und die lustvollen Bewegungen beim Anblick einer schönen Gestalt beiseite lasse.« Aber haben wir so etwas nicht heute: den Hedonismus als Lebensphilosophie, Fresstempel, die Pornoindustrie, quadrophone Dauerberieselung und Wellness-Einrichtungen mit lauter schönen knackig Braunen?
    Gleichzeitig sind die Leute so wenig »lustig«. Verdrossene, unzufriedene, saturierte Gesichter, wohin man blickt. Kein Lachen, keine Freude. Wo bleibt die übersprudelnde Lebenslust, die allgemeine »Aufhebung des Unbehagens«, die der englische Philosoph John Locke (1632–1704) verheißt? Müssten wir nicht längst im »Goldenen Zeitalter« leben, von dem Hesiod (um 700 v.Chr.) spricht? Man hat das Fressen verfeinert und den Sex optimiert. Warum sind wir nicht glücklich?
    Das 21. Jahrhundert n.Chr. ist sich darin einig, dass man zur Erlangung der Lebenslust in erster Linie etwas am Körper machen muss: Weg mit den Speckwülsten an der Hüfte! Fort mit der Betrübnis aus den Hirnen! Silicon in die Brüste! Liposome in die Falten! Collagen in die Oberlippe! Ein moderner Philosoph der Lebenslust ist beispielsweise der Jogging-Papst Ulrich Strunz (1943–möglicherweise unendlich). Er empfiehlt Laufen bis zum Umfallen. Und so laufen sich alle die Seele aus dem Leib, quälen sich mit Diäten, Bodyshaping und Bodyworkout, zwängen sich ins hautenge Bikerdress und investieren einen Großteil ihres sauer verdienten Geldes in ein aus allen
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