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Lebenslauf zweiter Absatz

Lebenslauf zweiter Absatz

Titel: Lebenslauf zweiter Absatz
Autoren: Hermann Kant
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gäbe, zur Rednerfrage
Statt ins Kino ins Casino?
zu. Nicht ohne dem Amtsträger zu raten, Croupier im Game Point »Ünner de Eeken« zu werden. Oder zum Kultus zu wechseln und die Leibesübung
Pole Dance
als Ausdruckstanz der Leitkultur zuzuschlagen.
    Auch wenn es nur geträumt sein könnte, meine ich, in Hinnerks Bündel eine Abmahnung des Ministers gesehen zu haben. Ob aber Gespinst oder nicht, die Aussicht auf weitere Wirren ließ mich am Morgen handeln: Ich versah des Freundes Unterlagen mit einem Zettel, auf dem ich ihm schrieb, der welthaltige Stoff verdiene einen anderen Autor. Am ehesten tauge ein junges freches starkes Weib für ihn.
    Dann tat ich Gelesenes wie Ungelesenes zurück insübergroße übergelbe Kuvert, verklebte es neu, bestieg mein Auto, fuhr zur Post und beriet mit mir, ob ich dem Landrat des Kreises, zu dem der Vorleseort Z. gehört, von der Wirkung des Weges über sein Land berichten und ihm raten solle, per Rückbau weitere Anti-Gicht-Pfade einzurichten und als mautschlitzbestückte Los-von-der-Gicht-Alleen auszuschildern, deren Gebrauch zugleich dem eigenen wie dem kommunalen Wohl dienen könne.
    Angesichts des Päckchens von Hinnerk, das alarmgelb vor Passwangs Ideenzwang warnte, beschloss ich, dem Rat an den Amtmann die Frage an einen Medizinmann vorzuspannen, ob Gichtzustände im Ernst durch Wegzustände behebbar, sprich: durch Schotter-Schocks therapierbar seien. – Klar war mir schon jetzt, ich könnte nicht jedem Arzt damit kommen, ohne ihn eine delikate Überweisung erwägen zu lassen.
    Kam hinzu, dass ich nur wenige geeignete Doktoren kannte. Jedenfalls keinen in der Nähe. Fernmündlich wäre, was ohnehin unmöglich schien, schon gar nicht möglich. Höchstens bei meinem Hausarzt. Nur hatte der Urlaub, und seinen Vertreter wollte ich ihn ungern bei mir vertreten lassen. – Blieb einer aus dem Nachbarort, der mich einmal aushilfsweise behandelt hatte. Er entfiel jedoch aufgrund seines damaligen Gehabes. Und auch weil ich ihn nicht gut nach Jahren fragen konnte, ob Motocross gegen Zipperlein verfange. Vor allem aber störte mich, es sei wiederholt, sein Gehabe.
    An diesem Erzählpunkt, so würde Hinnerk einzuwenden wissen, hätte der Auftritt des Doktors in meiner Geschichte längst vorbereitet sein müssen. Wohl wahr, doch muss ein unvermittelter Nachtrag genügen: ImSommer vor Jahren stand ein mir unbekannter nasser und fast nackter Mann vor meiner rückwärtigen Tür und hielt einen jungen Hund vor seinem Bauch, als apportiere er mir das Tier. Ein eigenartiges Schniefen ging von beiden aus: von welchem genau, hätte ich nicht sagen können. Ob ich die Gartenpforte öffnen und sie vom Grundstück lassen könne, fragte der Herr. Sein Hundchen, das Banjo hieß, sei ihm davongeschwommen, als er aus der Badehose in die Hose wechseln wollte. Erschöpft erst habe es sich von ihm an Land hieven lassen. Übers Wasser zurück zur Badestelle ginge es nicht; nur lägen dort ihre Sachen wie Papiere. Er werde Banjo durchs Dorf tragen müssen, doch sei mein Tor davor. – Also zur Straße, wo ich dem Herrn und dem Hund die Pforte öffnete und alles Gute wünschte. Was geboten schien, da der Unglücksmensch nicht nur fast nackt, sondern, wie sein blanker Hintern zeigte, von Kopf bis Fuß bloß und nur zum Teil mit einem Junghund vom Stamme der Golden Retriever bedeckt war.
    Wir Südostmecklenburger sind zwar, vielleicht wegen der Nähe zu Brandenburg, beweglicher als die Leute im Nordwesten, doch ob man einen unbekleideten Fremden, der einen strohgelben Köter vorm vorderen Unterleib durchs Dorf trug, wortlos passieren ließe, wusste ich nicht, Umso gewisser war, brächte ich die quasi Schiffbrüchigen im Auto zum Badepfad, würde es nach ihrem Abgang zu Austausch über meinen Umgang führen.
    Was den beiden widerfahren ist, erfuhr ich nicht; ich hörte weniger davon als von Passwangs Abgang. Dank Hinnerk wusste ich, der fand nach einem
Tuttifrutti-Event
genannten Liederabend statt, den der Buchprüfer am Mikrofon seines Hyde-Park-Trabis gab. Der unermüdlicheKehrreim
Liebe die Tutti und kose die Frutti!
soll Bleicken veranlasst haben, den Künstler nach Itzehoe zurückzugeben. Was einem gesalbten Altprediger Anlass gab, Parallelen zwischen dem Gleichnis vom verlorenen Sohn, der Geschichte des Jason und der eines anderen ungelittenen Sängers zu ziehen. – Parallelen, sagte die Sprecherin der Linken dazu und meinte wahrscheinlich die Unendlichkeit, schnitten sich nur im ewigen Leben.
    Genug
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