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Leben mit Hochsensibilitaet

Leben mit Hochsensibilitaet

Titel: Leben mit Hochsensibilitaet
Autoren: Marletta-Hart Susan
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würde ja eh Mutter und Hausfrau werden. „Meine Eltern waren mir gegenüber wenig einfühlsam. Mein Vater, obwohl wahrscheinlich selbst hochsensibel, fand, dass ich abgehärtet werden müsse. Ich sollte schnell Verantwortung tragen und ein starkes Mädchen werden, meinte er. Deshalb bekam ich mit zwölf Jahren die Aufgabe, mit einer kleinen monatlichen Summe völlig selbständig für meinen Lebensunterhalt zu sorgen. Doch ich kam damit nicht aus und musste irgendwie etwas dazuverdienen. Da ich gesetzlich zu jung zum Arbeiten war, blieb mir nur Schwarzarbeit. So hatte ich schon als Kind große Geldsorgen, was meine Eltern jedoch als normal empfanden. Außerdem wurde ich noch auf andere Art ‚abgehärtet‘. Mein Vater und mein älterer Bruder hänselten mich regelmäßig so lange, bis ich in Tränen ausbrach. Dann konnten sie wieder sagen: ‚Schau mal einer an, das ist jetzt wieder typisch Sophie, die heult immer.‘ Kurz, ich fühlte mich zu Hause schrecklich fehl am Platz. Ich wurde nicht so akzeptiert, wie ich war. Ich erhielt fast keine Unterstützung. Es gab ununterbrochenen Druck und ich fühlte mich ungeschützt. Ich drückte mich so anders aus, so viel gefühlvoller, dass die anderen mich als geziert und zimperlich empfanden.“
    Es ist wichtig zu erkennen, dass Anpassungsstrategien nicht nur in der Kindheit, durch die Situation in der Familie, hervorgerufen werden. Sie können auch später im Leben durch unschöne oder traumatische Erfahrungen entstehen. Wie dem auch sei, ihr Kennzeichen ist jedenfalls, dass sie ein „eigenes Leben“ führen. Sie können einem im späteren Leben mehr und mehr im Weg stehen und für Schwierigkeiten sorgen. Man kann davon buchstäblich krank werden.Je weiter man sich von sich selbst – seinem wahren Kern – entfernt hat, desto schwieriger wird es, authentisch und ausgeglichen zu leben. Probleme treten auf, wenn man das unechte Verhalten internalisiert hat. Statt ein froher, sorgenfreier, intensiv lebender Mensch zu sein, ist man beispielsweise ängstlich, ärgerlich oder grüblerisch. Statt im Jetzt zu leben, in Erwartung einer schönen Zukunft, lebt man mit Schreckensbildern aus der Vergangenheit.
    Der Britische Kinderpsychiater und Psychoanalytiker D.W. Winnicott hat viel zum Wissen über den Prozess der Selbstbildformung beigetragen. Er untersuchte psychische Prozesse bei Kindern und Erwachsenen, die zu Abhängigkeit und Unfreiheit in Gefühlen, Gedanken und Wünschen führen. Winnicott benutzt dabei die Bezeichnungen: „the true self“ und „the false self“ – das
wahre Selbst
und das
falsche Selbst
. Das
wahre Selbst
entsteht idealiter aus dem Kind selbst – es ist der authentische Charakter oder das instinktive „Herz“ seiner Persönlichkeit. Es ist das Selbst, das sich gesund entfalten konnte – mit ausreichend Möglichkeiten, seine Impulse ununterbrochen „fließen“ zu lassen. Das Kind hat ein normales Gefühl des eigenen Werts ausgebildet und entwickelt so einen starken authentischen Charakter und damit ein gesundes Maß von Selbstachtung. Wenn sich allerdings das wahre Selbst bedrängt fühlt, weil es beispielsweise der Mutter nicht gelingt, auf die spontanen Reaktionen des Kindes zu antworten, entsteht möglicherweise ein
falsches Selbst
– ein unechtes Selbstbild in Verbindung mit mangelhafter Selbstachtung. Schließlich kommt es zur Verwirrung: nicht nur das Kind oder später der Erwachsene selbst, sondern auch andere sehen das falsche Selbst als das wahre an. Solch ein Mensch zeigt nach außen vielleicht eine erfolgreiche Persönlichkeit, fühlt sich jedoch innen – unter dieser Außendarstellung – unecht und unfrei.
    Nochmals: Für einen hochsensiblen Menschen ist es unumgänglich, im Gleichgewicht mit der eigenen Persönlichkeit zu leben, um zu größerer Authentizität und damit mehr Zufriedenheit zu finden.
    Rose wartet auf die Prüfung ihres Antrags auf Erwerbsunfähigkeitsrente. Ihre Arbeit als Sekretärin hatte zur völligen Erschöpfunggeführt. Vor einigen Monaten hat sie dann den Begriff Hochsensibilität entdeckt. Als sie das erste Mal davon las, machte ihr Herz Freudensprünge. Noch immer strahlt ihr Gesicht, wenn sie darüber erzählt: „Eine Welt ging für mich auf. Auf einmal war ich nicht mehr die Weltfremde, sondern schien irgendwo dazu zu gehören. Meine Schüchternheit, meine Sensibilität und all die Probleme, die ich mit anderen hatte, zeigten sich für mich auf einmal in einem sinnvollen Zusammenhang.“ Sie
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