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Lebe lieber übersinnlich - 02 - Dreams 'n' Whispers

Lebe lieber übersinnlich - 02 - Dreams 'n' Whispers

Titel: Lebe lieber übersinnlich - 02 - Dreams 'n' Whispers
Autoren: Kiersten White
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seiner Hand und keuchte auf, als der Schmerz meinen gebrochenen Arm durchzuckte. Mühelos wand er sich aus meinem Griff und grinste mir noch ein letztes Mal zu, bevor er einen Schritt zurück machte und in der Dunkelheit verschwand.
    Dann war ich allein.

Hallo, Hölle
    Ich war allein.
    Allein auf den Feenpfaden.
    Sobald die Verbindung einmal abbrach, konnte man den anderen nicht mehr finden. Nie. Wieder. Genauso wenig, wie irgendjemand mich in der unendlichen, leeren Dunkelheit finden würde. All die Male, die ich aus diesem Albtraum aufgewacht war, panisch und schwitzend, und jetzt …
    Oh, bitte, bitte, lass das alles einen Albtraum sein. Hektisch sah ich mich um. Vielleicht konnte ich Jack ja doch wiederfinden. Vielleicht war all das, was ich über die Pfade gehört hatte, bloß eine Lüge, bloß eine von diesen Geschichten, die Raquel mir erzählt hatte, damit ich bei den Transporten keinen Quatsch machte. »Jack?«, rief ich und meine Stimme in dieser Stille machte mir noch mehr Angst als die Stille selbst. Denn sobald mein Ruf ohne Echo verklang, ausgelöscht wie eine Kerze, lastete die Stille noch schwerer auf mir, wie ein fühlbares Gewicht auf meinen Schultern.
    Ich könnte was unternehmen. Ich musste was unternehmen können. Die Pforte! Wir hatten doch direkt vor der Pforte zum Feenreich gestanden. Zitternd und verzweifelt streckte ich die Hand aus und tastete danach. Doch das Einzige, was ich spürte, waren die Ausläufer der Tore zum Chaos – zur Hölle –, diese brodelnden, bösen Orte, an die Jack die Feen hatte schicken wollen.
    Was, wenn ich versuchte, die Pforte aufzumachen, und stattdessen ein Tor öffnete?
    Piep, ich war in der Hölle und meine einzige Möglichkeit zu entkommen waren zahllose weitere Höllen.
    Es würde alles gut werden. Irgendjemand würde mir helfen. Irgendjemand musste mir helfen.
    »Reth!« Plötzlich sehnte ich mich verzweifelt nach dem Anblick seines goldenen Gesichts. »Lorethan!«, schrie ich, obwohl ich wusste, dass es nicht funktionieren würde, aber ich hoffte, dass er es vielleicht, irgendwie, immer noch merkte, wenn jemand seinen alten Namen aussprach.
    Er würde mich retten. Er hatte es doch selbst gesagt: Er wusste immer, wo ich war. Er würde es spüren und dann würde er kommen. Ich musste nur warten.
    Hatte es denn nicht schon lange genug gedauert?
    Es musste doch mittlerweile so viel Zeit vergangen sein, dass er mich hätte finden können.
    Ich zählte bis tausend und stimmte den Rhythmus meines Atems auf die Zahlen ab.
    Zweitausend.
    Dreitausend.
    Ich würde sterben.
    Viertausend.
    Ich würde ganz allein in der Dunkelheit sterben.
    Fünftausend.
    Und niemand würde es je erfahren und niemandem würde es etwas ausmachen.
    Sechstausend – verflucht noch mal, Reth, wo bist du?
    Er würde nicht kommen. Mein Atem ging schneller, mein Herz klopfte zu hastig in meiner Brust, versuchte, sich aus meinem Körper herauszuhämmern. Ich machte einen Schritt, dann noch einen, dann noch einen und noch einen und noch einen, mittlerweile rannte ich, aber ich spürte keinen Wind in meinem Haar, keine Bewegung außer die meiner Füße, die immer weiter und weiter und weiter liefen ins Nirgendwo.
    Ich konnte nirgendwohin. Ich war das Einzige, was hier existierte. Ich sah nach unten und mich ergriff eine Welle von Schwindel. Woher wusste ich denn, dass ich überhaupt auf irgendetwas stand? Was, wenn ich in Wirklichkeit fiel, wenn ich schon die ganze Zeit fiel und in alle Ewigkeit weiter durch die Dunkelheit fallen würde?
    Ich sackte nach unten und kauerte mich in Embryonalhaltung zusammen. Alles war stumpf, taub. Sogar mein gebrochener Arm tat kaum noch weh. Ich konnte nichts um mich spüren, während ich mich fragte, was mich wohl letztendlich umbringen würde. Durst? Hunger? Der Boden dieses Abgrunds, wenn ich ihn denn irgendwann mal erreichte? Oder was, wenn ich überhaupt niemals starb – wenn ich einfach für immer hier in der Dunkelheit liegen blieb?
    Meine Brust fühlte sich eng an, zu eng, und mein Herzschlag tat regelrecht weh. Vielleicht würde ich ja an einem Herzinfarkt sterben.
    Ich würde sterben.
    Ich würde sterben und Lend niemals wiedersehen. Er würde nie erfahren, was mit mir geschehen war. Ich würde ihm nie sagen können, wie leid es mir tat oder wie sehr ich ihn liebte und es immer tun würde, auch wenn ich ihn verlassen musste. Und Raquel, Arianna, David, sogar Vivian und Carlee – ich hatte sie alle ohne ein Wort der Erklärung verlassen. Ich hatte so
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