Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lebe die Liebe

Lebe die Liebe

Titel: Lebe die Liebe
Autoren: Nora Roberts
Vom Netzwerk:
akzeptiert, aber sie hatte nie eine Gelegenheit ausgelassen, auf die Schande hinzuweisen, die ihr Vater damit über den guten Namen ihrer Familie gebracht hatte.
    Bei Dianas Erziehung hatte sie mit aller Gewalt versucht, die in ihren Augen negativen Einflüsse des Indianerblutes, das in Dianas Adern floss, auszumerzen. Sie war von der fixen Idee besessen, den Fehler ihres Vaters in den Augen der Gesellschaft dadurch wieder wettzumachen, dass sie aus Diana eine Dame machte, bei der nichts mehr an indianische Einflüsse erinnerte.
    Als kleines Mädchen hatte Diana gelernt, die strenge Erziehung über sich ergehen zu lassen und unziemliche Fragen zu unterdrücken. Sie hatte sehr schnell herausgefunden, welche Fragen sie nicht aussprechen durfte, weil sie bei Tante Adelaide auf eisige Ablehnung stießen und nur noch eine weitere, endlose Erklärung darüber nach sich zogen, was ein wohlerzogenes junges Mädchen zu tun und zu unterlassen hatte.
    Diana hatte sich immer mehr zurückgezogen. Die Leere in ihrem Leben hatte sie versucht mit Lernen auszufüllen, und ihre Erfolgserlebnisse bestanden ausschließlich in den guten Noten, die sie nach Hause brachte.
    Im Laufe der Jahre hatte die Erziehung Wirkung gezeigt. Die kühle, distanzierte, etwas arrogante Art war ihr zur zweiten Natur geworden, und die Sehnsucht nach Liebe und Anerkennung hatte sie so weit in den Hintergrund gerückt, dass sie beinahe vergessen war.
    Wenn bei manchen Gelegenheiten wirklich einmal der Verdacht in ihr aufkeimte, dass das Leben noch mehr zu bieten habe, dann verdrängte sie diesen Gedanken schnell wieder. Wenn sie nur dem einmal eingeschlagenen Weg folgte und so funktionierte, wie die Tante das immer von ihr gefordert hatte, dann konnte nichts passieren. Ihr Ehrgeiz würde sie siegen lassen und ihr am Ende zu der Karriere verhelfen, die sie anstrebte.
    Trotzdem gab es Dinge in ihrem Leben, bei denen die Tante die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen hätte. Niemals wäre es ihr in den Sinn gekommen, dass ihre Nichte nicht nur in Vier-Sterne-Restaurants ging, sondern sich auch einmal in einer kleinen Pizzeria wohlfühlte, dass sie sich Filme ansah, die den hohen kulturellen Ansprüchen der Tante niemals genügt hätten, dass sie Sportwagen liebte und ab und zu ein deftiges Essen mit einem großen Bier.
    Lächelnd blieb Diana stehen, steckte die kalten Hände tief in ihre Manteltaschen und sah hinaus auf das wilde Meer. Warum fühlte Justin sich ausgerechnet hier wohl?
    Langsam ging sie weiter, den Kopf gesenkt. Wie wenig wusste sie doch von dem Mann, der ihr am Abend zuvor beim Dinner gegenübergesessen hatte. Er hatte sehr ruhig und beherrscht gewirkt, trotzdem hatte Diana gespürt, dass unter dieser ruhigen Oberfläche etwas brodelte. Sie hatten wenig miteinander gesprochen, und selbst die unmissverständliche Bitte in Serenas Blick hatte Diana nicht dazu bringen können, mehr als nur eine seichte, nichtssagende Unterhaltung zu führen.
    Sicherlich war das völlig unverständlich für Serena. Aber was wusste diese Frau schon von ihren Gefühlen. Serena MacGregor war sehr behütet in einer liebevollen Familie aufgewachsen. Sie hatte nie um Liebe und Anerkennung betteln müssen, als sie noch ein kleines Mädchen war. Und diese Verbindung zur Familie war nie abgerissen. Allein schon die herzliche Art, wie Serena und Caine miteinander umgingen …
    Caine! Diana seufzte und schlug wegen der eisigen Kälte den Mantelkragen hoch. Sie konnte diesen Mann nicht einordnen, nachdem sie ihn jetzt kennengelernt hatte. Er entsprach einfach nicht dem Bild, das sie sich von ihm während ihres Studiums in Harvard gemacht hatte. Nie hätte sie ihm zugetraut, dass er sich so einfühlsam um jemanden kümmern konnte, wie er es gestern getan hatte, nachdem er sie auf ihr Zimmer geführt hatte.
    Und trotzdem … Ähnlich wie bei Justin wurde sie auch bei Caine das Gefühl nicht los, dass unter der sanften Oberfläche ein Vulkan verborgen war. Nachdem ihre Tränen versiegt waren, hatte sie sich in seinen Armen nicht mehr wohlgefühlt, dabei hatte er ihr nur sehr leicht und tröstend immer wieder übers Haar gestrichen. Mit keiner Geste hatte Caine versucht, die Situation für sich auszunutzen. Warum also hatte sie es trotzdem so eilig gehabt, sich aus seinen Armen zu lösen?
    »Stehst du immer so früh auf? Andere gehen gerade jetzt erst zu Bett.«
    Erschrocken drehte Diana sich um – und stand vor Caine. Er trug Jeans und eine Lederjacke. Der eisige Wind schien
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher