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Lausbubengeschichten

Lausbubengeschichten

Titel: Lausbubengeschichten
Autoren: Ludwig Thoma
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Stunden
    Karzer gekriegt. Der Pedell hat gesagt, ich wäre dimittiert ge-
    worden, wenn mir nicht der Gruber so geholfen hätte. Der Fal-
    kenberg hat darauf bestanden, daß ich dimittiert werde, weil
    ich das Priesterkleid beschmutzt habe. Aber der Gruber hat ge-
    sagt, es ist bloß Übermut, und er will meiner Mutter schreiben,
    ob er mir nicht ein paar herunterhauen darf. Dann haben ihm
    die andern recht gegeben, und der Falkenberg war voll Zorn.
    Er hat es sich nicht ankennen lassen, sondern er hat das
    nächstemal in der Klasse zu mir gesagt: „Du hast gesündigt,
    aber es ist dir verziehen. Vielleicht wird dich Gott in seiner
    unbeschreiblichen Güte auf den rechten Weg führen.“
    Die sechs Stunden habe ich brummen müssen, und der Fal-
    kenberg hat mich nicht mehr aufgerufen; er ist immer an mir
    vorbeigegangen und hat getan, als wenn er mich nicht sieht.
    Den Fritz hat er auch nicht leiden können, weil er mein
    bester Freund ist und immer lacht, wenn er „Kindlein“ sagt.
    Er hat ihn schon zweimal deswegen eingesperrt, und da ha-
    ben wir gesagt, wir müssen dem Kindlein etwas antun. Der
    Fritz hat gemeint, wir müssen ihm einen Pulverfrosch in den
    Katheder legen; aber das geht nicht, weil man es sieht. Dann
    haben wir ihm Schusterpech auf den Sessel geschmiert. Er
    hat sich aber die ganze Stunde nicht darauf gesetzt, und
    dann ist der Schreiblehrer Bogner gekommen und ist hängen
    geblieben.
    Das war auch recht, aber für den Kindlein hätte es mich
    besser gefreut.
    Der Fritz wohnt bei dem Malermeister Burkhard und hat
    ihm eine grüne Ölfarbe genommen, wie der Katheder ist. Die
    haben wir vor der Religionsstunde geschwind hingestrichen,
    wo er den Arm auflegt.
    Da hat es auf einmal geheißen, der Falkenberg ist krank
    und wir haben Geographie dafür. Da ist der Professor Ulrich
    eingegangen, weil er voll Farbe geworden ist, und er hat den
    Pedell furchtbar geschimpft, daß er nichts hinschreibt, wenn
    frisch gestrichen ist.
    Der Kindlein ist uns immer ausgekommen, aber wir ha-
    ben nicht ausgelassen.
    Einmal ist er in die Klasse gekommen mit dem Rektor
    und hat sich auf den Katheder gestellt. Dann hat er gesagt:
    „Kindlein, freuet euch! Ich habe eine herrliche Botschaft für
    euch. Ich habe lange gespart, und jetzt habe ich für unsere ge-
    liebte Studienkirche die Statue des heiligen Aloysius gekauft,
    weil er das Vorbild der studierenden Jugend ist. Er wird von
    dem Postament zu euch hinunterschauen und ihr werdet zu
    ihm hinaufschauen. Das wird euch stärken.“
    Dann hat der Rektor gesagt, daß es unbeschreiblich schön
    ist von dem Falkenberg, daß er die Statue gekauft hat, und
    daß unser Gymnasium sich freuen muß. Am Samstag kommt
    der Heilige, und wir müssen ihn abholen, wo die Stadt an-
    fangt, und am Sontag ist die Enthüllungsfeier.
    Da sind sie hinausgegangen und haben es in den anderen
    Klasszimmer gesagt. Und ich und der Fritz sind miteinander
    heimgegangen.
    Da hat der Fritz gesagt, daß der Kindlein es mit Fleiß ge-
    tan hat, daß wir den Aloysius am Samstagnachmittag ho-
    len müssen, weil er uns nicht gönnt, daß wir frei haben. Ich
    habe auch geschimpft und habe gesagt, ich möchte, daß der
    Wagen umschmeißt.
    Dem Fritz sein Hausherr hat es schon gewußt, weil es in
    der Zeitung gestanden ist. Er kann uns gut leiden und redet
    oft mit uns und schenkt uns eine Zigarre.
    Auf den Falkenberg hat er einen Zorn, weil er glaubt, daß
    sein Pepi wegen dem Falkenberg die Prüfung in die Latein-
    schule nicht bestanden hat. Ich glaube aber, daß der Pepi zu
    dumm ist.
    Der Hausherr hat gelacht, daß so viel in der Zeitung ge-
    standen ist von dem Heiligen. Er hat gesagt, daß er von Gips
    ist und daß er ihn nicht geschenkt möchte. Er ist von Mühl-
    dorf. Da ist er schon lang gestanden, und niemand hat ihn
    mögen. Vielleicht hat ihn der Steinmetz hergeschenkt, aber
    der Falkenberg macht sich schön damit und tut, als wenn
    er viel gekostet hat. Das ist ein scheinheiliger Tropf, hat der
    Hausherr gesagt, und wir haben auch geschimpft über den
    Kindlein.
    Dann ist der Samstag gekommen. Das ganze Gymna-
    sium ist aufgestellt worden, und dann haben wir durch die
    Stadt gehen müssen. Vorne ist der Rektor mit dem Falken-
    berg gegangen, und dann sind die Professoren gekommen.
    Der Gruber war nicht dabei, weil er Protestant ist. Oben auf
    dem Berg ist ein Wirtshaus, wo die Straße von Mühldorf
    herkommt. Da haben wir gehalten und haben gewartet. Ein
    halbe Stunde haben wir stehen
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