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Lausbubengeschichten

Lausbubengeschichten

Titel: Lausbubengeschichten
Autoren: Ludwig Thoma
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geschossen. Es war sehr schön bei ihm. Er behandelte
    mich beinahe wie einen Herrn, und wenn das Essen vorbei
    war, gab er mir immer eine Zigarre und sagte: „Du kannst
    es schon vertragen. Dein Vater hat auch geraucht wie eine
    Lokomotive.“ Da war ich sehr stolz.
    Die Frau von Rupp war eine furchtbar noble Dame, und
    wenn sie redete, machte sie einen spitzigen Mund, damit
    es hochdeutsch wurde. Sie ermahnte mich immer, daß ich
    nicht Nägel beißen soll und eine gute Aussprache habe. Dann
    war noch eine Tochter da. Die war sehr schön und roch so
    gut. Sie gab nicht acht auf mich, weil ich erst vierzehn Jahre
    alt war, und redete immer von Tanzen und Konzert und ei-
    nem gottvollen Sänger. Dazwischen erzählte sie, was in der
    Kriegsschule passiert war. Das hatte sie von den Fähnrichen
    gehört, die immer zu Besuch kamen und mit den Säbeln über
    die Stiege rasselten.
    Ich dachte oft, wenn ich nur auch schon ein Offizier wäre,
    weil ich ihr dann vielleicht gefallen hätte, aber so behandelte
    sie mich wie einen dummen Buben und lachte immer drek-
    kig, wenn ich eine Zigarre von ihrem Papa rauchte.
    Das ärgerte mich oft, und ich unterdrückte meine Liebe
    zu ihr und dachte, wenn ich größer bin und als Offizier nach
    einem Kriege heimkomme, würde sie vielleicht froh sein.
    Aber dann möchte ich nicht mehr. Sonst war es aber sehr
    nett bei Herrn von Rupp, und ich freute mich furchtbar auf
    jeden Sonntag und auf das Essen und auf die Zigarre.
    Der Herr von Rupp kannte auch unsern Rektor und sprach
    öfter mit ihm, daß er mich gern in seiner Familie habe, und
    daß ich schon noch ein ordentlicher Jägersmann werde, wie
    mein Vater. Der Rektor muß mich aber nicht gelobt haben,
    denn Herr von Rupp sagte öfter zu mir: „Weiß der Teufel,
    was du treibst. Du mußt ein verdammter Holzfuchs sein,
    daß deine Professoren so auf dich loshacken. Mach es nur
    nicht zu arg.“ Da ist auf einmal etwas passiert.
    Das war so. Immer wenn ich um acht Uhr früh in die
    Klasse ging, kam die Tochter von unserem Hausmeister, weil
    sie in das Institut mußte.
    Sie war sehr hübsch und hatte zwei große Zöpfe mit roten
    Bändern daran und schon einen Busen. Mein Freund Raithel
    sagte auch immer, daß sie gute Potenzen habe und ein feiner
    Backfisch sei. Zuerst traute ich mich nicht, sie zu grüßen;
    aber einmal traute ich mich doch, und sie wurde ganz rot.
    Ich merkte auch, daß sie auf mich wartete, wenn ich später
    daran war. Sie blieb vor dem Hause stehen und schaute in
    den Buchbinderladen hinein, bis ich kam. Dann lachte sie
    freundlich, und ich nahm mir vor, sie anzureden.
    Ich brachte es aber nicht fertig vor lauter Herzklopfen;
    einmal bin ich ganz nahe an sie hingegangen, aber wie ich
    dort war, räusperte ich bloß und grüßte. Ich war ganz heiser
    geworden und konnte nicht reden.
    Der Raithel lachte mich aus und sagte, es sei doch gar
    nichts dabei, mit einem Backfisch anzubinden. Er könnte je-
    den Tag drei ansprechen, wenn er möchte, aber sie seien ihm
    alle zu dumm.
    Ich dachte viel darüber nach, und wenn ich von ihr weg
    war, meinte ich auch, es sei ganz leicht. Sie war doch bloß
    die Tochter von einem Hausmeister, und ich war schon in
    der fünften Lateinklasse. Aber wenn ich sie sah, war es ganz
    merkwürdig und ging nicht. Da kam ich auf eine gute Idee.
    Ich schrieb einen Brief an sie, daß ich sie liebte, aber daß ich
    fürchte, sie wäre beleidigt, wenn ich sie anspreche und es ihr
    gestehe. Und sie sollte ihr Sacktuch in der Hand tragen und
    an den Mund führen, wenn es ihr recht wäre.
    Den Brief steckte ich in meinen Caesar, De bello gallico,
    und ich wollte ihn hergeben, wenn ich sie in der Frühe wie-
    der sah.
    Aber das war noch schwerer.
    Am ersten Tag probierte ich es gar nicht; dann am näch-
    sten Tag hatte ich den Brief schon in der Hand, aber wie sie
    kam, steckte ich ihn schnell in die Tasche.
    Raithel sagte mir, ich solle ihn einfach hergeben und fra-
    gen, ob sie ihn verloren habe. Das nahm ich mir fest vor, aber
    am nächsten Tag war ihre Freundin dabei, und da ging es
    wieder nicht.
    Ich war ganz unglücklich und steckte den Brief wieder in
    meinen Caesar.
    Zur Strafe, weil ich so furchtsam war, gab ich mir das
    Ehrenwort, daß ich sie jetzt anreden und ihr alles sagen und
    noch dazu den Brief geben wolle.
    Raithel sagte, ich müsse jetzt , weil ich sonst ein Schuft
    wäre. Ich sah es ein und war fest entschlossen.
    Auf einmal wurde ich aufgerufen und sollte weiterfahren.
    Weil
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