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Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)

Titel: Laurence Sterne: Tristram Shandy (Jubiläumsausgabe zum 300. Geburtstag des Autors) [kommentiert] (German Edition)
Autoren: Laurence Sterne
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müssen wir zu den zwei leergelassenen Kapiteln zurückkehren; wegen deren meine Ehre seit einer halben Stunde blutet. Ich stille dies Blut, indem ich einen meiner gelben Pantoffel ausziehe und ihn mit aller Kraft nach der entgegengesetzten Wand meines Zimmers schleudere, mit folgender Erklärung an dessen Absatz: – dass, welche Ähnlichkeit dies Kapitel auch mit der Hälfte der Kapitel haben mag, die in der Welt schon geschrieben wurden, oder so viel ich weiß, eben jetzt geschrieben werden, – es sich gleichwohl so zufällig gestaltete, wie der Schaum von Zeuxis Ross. Überdies betrachte ich ein Kapitel, das nur nichts enthält, mit besonderer Hochachtung; und wenn man bedenkt, dass es weit schlimmere Dinge auf der Welt gibt, – so ist dies keines Wegs ein passender Gegenstand für die Satire.
    Warum aber ist es so ausgefallen? Und wenn man mir hier, ohne dass man meine Antwort abwartet, so viel Dummköpfe, Blechschädel, Einfaltspinsel, Gimpel, Tröpfe, Narren, Schafsköpfe, und Bettsch—r und andere geschmacklose Benennungen an den Kopf wirft, als die Kuchenbäcker von Lerne jemals den Hirten des Königs Garangantan ins Gesicht schleuderten, – so mögen sie es tun, wie Brigitte sagte, solange es ihnen Vergnügen macht: denn wie hätten sie voraussehen können, dass ich das 304. Kapitel meines Buchs vor dem 297. u. s. w. schreiben müsste?
    Ich nehme es ihnen somit nicht übel. – Alles was ich wünsche, ist, dass es der Welt eine Lektion sein möchte, damit sie die Leute ihre Geschichten auf ihre eigene Weise erzählen lässt.
     
    Das 297. Kapitel
    [Anmerkung: Die Kapitel 297 und 298 sind vom Autor absichtlich oben ausgelassen und hier, an numerisch falscher Stelle, eingefügt worden]
    Als Jungfer Brigitte die Türe öffnete, ehe noch der Korporal geklopft hatte, war der Zwischenraum zwischen diesem Ereignis und der Einführung meines Onkels Toby in das Besuchszimmer so kurz, dass Frau Wadman kaum noch Zeit hatte, hinter ihrem Vorhang vorzukommen, eine Bibel auf den Tisch zu legen und ein Paar Schritte nach der Türe hin zu machen, um ihn zu empfangen.
    Mein Onkel Toby grüsste Frau Wadman in der Art, wie Damen im Jahr unseres Herrn Ein Tausend Sieben Hundert Dreizehn von den Herren begrüsst wurden; – machte dann rechtsum, marschierte mit und neben ihr nach dem Sopha und erklärte ihr dann mit drei kurzen Worten, – doch nicht ehe er sich gesetzt hatte – und nicht nachdem er schon saß, – sondern währenddem er sich niedersetzte, dass er verliebt sei; er beeilte sich somit mit seiner Erklärung mehr als nötig war.
    Frau Wadman sah natürlich auf einen Riss in ihrer Schürze herab, an dem sie gerade gestopft hatte; und erwartete, dass mein Onkel Toby weiter machen würde; da er aber nicht das Talent hatte viele Worte zu machen, und die Liebe überdies der Gegenstand war, in dem er am allerwenigsten zu Hause war, so ließ er es, nachdem er Frau Wadman einmal gesagt hatte, dass er sie liebe, dabei bewenden, und glaubte, es müsse jetzt von selber weitergehen.
    Mein Vater war immer entzückt über dieses System meines Onkels Toby, wie er es fälschlich nannte, und pflegte oft zu sagen, – wenn sein Bruder Toby sein Verfahren nur noch mit einer Pfeife Tabak verstärkt hätte, – so hätte er damit gewiss den rechten Weg zum Herzen der Hälfte der Frauenzimmer des Erdballs gefunden, wenn anders das spanische Sprichwort Recht habe.
    Mein Onkel Toby begriff nie, was mein Vater damit sagen wollte; auch will ich nicht mehr daraus herauslesen, als die Verdammung eines Irrtums, dem die meisten Menschen unterliegen; – die Franzosen aber samt und sonders, die daran fast ebenso fest glauben, als an die wirkliche Gegenwart Christi im Abendmahl, nämlich: dass von Liebe sprechen so viel sei als lieben.
    Nach diesem Rezept wollte ich gerade so gut eine Blutwurst machen.
    Fahren wir fort! – Frau Wadman saß also da und wartete, was mein Onkel Toby nun weiter sagen würde, sie wartete fast bis zum ersten Pulsschlag der Minute, wo das Schweigen von der einen oder andern Seite unanständig wird; nun aber rückte sie etwas näher zu ihm hin, blickte empor, errötete dabei ein wenig, – und hob den Handschuh auf – oder das Gespräch, wenn man lieber will, und wendete sich mit folgenden Worten an meinen Onkel Toby:
    Die Sorgen und Unruhen des ehelichen Standes, sprach sie, sind sehr groß.
    Das glaube ich wohl, bemerkte mein Onkel Toby.
    Wenn es daher Jemand so gut hat wie Sie, Kapitain Shandy, fuhr Frau
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