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Laura und das Labyrinth des Lichts

Laura und das Labyrinth des Lichts

Titel: Laura und das Labyrinth des Lichts
Autoren: Peter Freund
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sachte mit den jungen Pferden. Oder bist du etwa auf der Flucht?«
    » Sorry , Attila«, rief der Junge ihm über die Schulter hinweg zu. »Ich hab leider keine Zeit.« Während der letzte der Zwergriesen ihm kopfschüttelnd hinterhersah, überquerte Lukas den verlassenen Hof und eilte auf die Freitreppe zu, die zum Eingangsportal führte.
    Als Lukas die geflügelten Steinlöwen passierte, die wie zwei stumme Wächter an den äußersten Rändern der ersten Stufe standen, hielt er verwundert an. Die vermeintlich leblosen Kreaturen konnten durch die Wächter und ihre Verbündeten zum Leben erweckt werden, und sie hatten Laura und ihm als Flugtiere schon manch wertvollen Dienst erwiesen. Heute wirkten Latus und Lateris, wie die beiden Löwen genannt wurden, ungewöhnlich besorgt und schienen grimmiger dreinzublicken als üblich. War das ein Zeichen, dass Lukas’ Schwester tatsächlich in Gefahr schwebte? Oder war es nur seine eigene Sorge um Laura, die ihn irrtümlich zu dieser Annahme verleitete?
    Mit einem mulmigen Gefühl in der Magengegend hastete der Junge weiter. Er sprang die Stufen hinauf, nur um gleich darauf erneut innezuhalten und einen Blick auf die massige Steinsäule zu werfen, die neben der Treppe aufragte. Sie war in der Gestalt eines Riesen gehalten und trug das weit ausladende Vordach, das sich über die Stufen spannte. Genau wie die Löwen war auch die Säule aus den Steinen des aventerrischen Scheinsteingebirges gehauen. Deshalb konnte auch sie von den Wächtern zum Leben erweckt werden, um diesen als reimender Riese Reimund Portak zu Diensten zu sein.
    Lukas blinzelte und starrte forschend in das gutmütige Gesicht des Giganten. War Portaks Miene nicht anders als sonst? Schauten seine freundlichen Augen diesmal nicht eher sorgenvoll drein? Und wirkte der verschmitzt lächelnde Mund heute nicht bekümmert? War auch das ein schlechtes Omen oder nur eine weitere Sinnestäuschung?
    Lukas eilte weiter und betrat die Burg durch das große Portal. In der Eingangshalle, wo die Flure zu den Unterrichtsräumen abgingen und zwei Treppen zu den anderen Stockwerken des viergeschossigen Gebäudes führten, befiel ihn die gleiche Irritation wie schon zweimal zuvor. Auf dem riesigen Ölgemälde gegenüber dem Eingang sah man eine hübsche junge Frau im weißen Gewand. Silva hatte zu Lebzeiten des Reimar von Ravenstein schrecklich unter dem grausamen Ritter leiden müssen. Und heute erschien Silvas Gesicht Lukas weit blasser als üblich. Zudem sah sie so unsagbar traurig drein, dass ihm ganz weh ums Herz wurde.
    Sorgte auch die Weiße Frau sich um Laura? Oder lag das nur am Zwielicht, das in der Halle herrschte, weil der geizige Hausmeister nicht eine Lampe mehr als unbedingt nötig eingeschaltet ließ? Doch weder Silva beantwortete die stumme Frage des Jungen noch der mächtige schwarze Wolf, der zu ihren Füßen lag.
     
    A lienor spähte zum wolkenlosen Himmel, der sich wie ein Zelt aus blauer Seide über die Welt von Aventerra spannte. Die Sonne stand im Zenit und leuchtete und funkelte so prächtig, als wolle sie Zeugnis geben von der Kraft des Lichts. War das ein gutes Omen? Oder hatte es nichts weiter zu bedeuten?
    Eine Stimme aus dem Hintergrund riss das Mädchen aus den Gedanken: »Was stehst du hier rum und starrst Löcher in die Luft?«
    Morwena, die Heilerin von Hellunyat, schaute ihre Elevin vorwurfsvoll an. »Wolltest du nicht erleben, wie man sich der Wissenden Dämpfe bedient?«
    »Ja, ja, Herrin, natürlich«, antwortete Alienor rasch. »Ich eile!« Hurtig sprang sie auf und tauchte in die Höhle ein, vor deren Eingang sie gestanden hatte. Ihre dicken blonden Zöpfe hüpften dabei wie aufgeregte Füllen auf und ab.
    In der Höhle war es schummrig, obwohl ihre Herrin ein kleines Feuer entzündet hatte. Die Rauchwolken, die durch die enge Felsenkammer wehten, nahmen Alienor fast den Atem. Zum Glück war sie an den würzigen Geruch gewöhnt, der sich in den Rauch mischte.
    Morwena hatte ihr längst beigebracht, welchem Zweck die verbrannten Kräuter dienten: Sie öffneten den Geist der Heilerinnen, damit sie die Botschaft der Wissenden Dämpfe empfingen, bei denen sie seit Anbeginn der Zeiten Rat suchten. Tief aus dem Bauch Aventerras stiegen die Schwaden durch eine schmale Felsspalte empor, um den Eingeweihten ihre Geheimnisse zu offenbaren. Allerdings sprachen sie nur auf rätselhafte und verschlüsselte Weise, sodass es entscheidend darauf ankam, die Vision auch richtig auszulegen. Wurde sie falsch
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