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Last days on Earth

Last days on Earth

Titel: Last days on Earth
Autoren: Susanne Gerdom
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Karla versicherte. Er
saß in den Pausen in Karlas winziger Küche und erzählte ihr, was für ein
großartiges Werk der Magietechnik dieser Generator sei und dass es eigentlich
eine Schande sei, ihn zu zerlegen. Er fotografierte jeden Schritt des Abbaus,
machte sich Notizen, zeichnete Pläne und war vollkommen glücklich.
    Alexandra war ein mageres, stilles Wesen mit Augen, denen nichts zu
entgehen schien. Zu Karla hatte sie nicht mehr als »Guten Tag«, gesagt, aber
wenn sie neben Horace kniete und mit ihm die Bauteile sortierte und in einer
Liste verzeichnete, sprach und lachte sie leise.
    Karla kehrte mit einem Ruck in die Gegenwart zurück, als sie vor
Raouls Jaguar standen. »Tora-san hat uns gebeten, bei ihr vorbeizukommen«,
sagte Raoul. »Soll ich allein zu ihr fahren?«
    Karla schüttelte den Kopf und biss die Zähne zusammen. Ihr
Verhältnis zu Raouls Lehrerin war äußerst gespaltener Natur. Sie konnte es der
Großmeisterin nicht verzeihen, dass sie Raouls Leben so beiläufig aufs Spiel
gesetzt hatte. Erst in der letzten Woche hatte sie erfahren, dass Tora schon
zuvor zweimal versucht hatte, Raoul zu töten. Brad war allerdings auf der Hut
gewesen und hatte die Anschläge zu verhindern gewusst.
    Brad. Karla musterte Raoul. »Wie geht es dir?«, fragte sie.
    Â»Ich werde mich daran gewöhnen müssen, ein Krüppel zu sein«,
erwiderte er.
    Â»Langer, du bist der stärkste Chaosmagier des Landes«, sagte Karla
eindringlich. »Tora-san sagt, du reichst inzwischen an sie heran. Brad hat dir
in all den Jahren deine Kräfte genommen und sie für seine Zwecke benutzt. Ohne
ihn könntest du …«
    Â»Du verstehst das nicht«, unterbrach er sie schroff.
    Â»Du hast diesen Zauber für die Dachbodentür gewirkt«, fuhr Karla
hartnäckig fort. »Erinnerst du dich, was du gesagt hast? Dass ihn ein Meistermagier
hergestellt haben musste?«
    Â»Du verstehst es nicht!«, rief Raoul. Seine Knöchel wurden weiß, so
fest umklammerte er das Lenkrad. »Du warst nie Wirt. Du weißt nicht, wie es
ist, an Informationsentzug zu leiden!«
    Karla legte ihre Hand auf seinen Arm. »Vergib mir«, sagte sie. »Ich
will nur nicht, dass du dich kleiner machst, als du bist. Brad hat dir großen
Schaden zugefügt, Langer. Du müsstest froh sein, dass du ihn los bist.«
    Karla näherte sich Toras Haustür im sicheren Windschatten von
Raouls Rücken. Sie hatte ihm nie erzählt, wie unsanft sie bei ihrem letzten
Besuch empfangen worden war. Natürlich würde das nicht wieder geschehen, aber
der ausgestandene Schreck ließ sie nicht so leicht los.
    Tora-san empfing sie in ihrem Wohnzimmer. Sie hockte lesend auf dem
Boden, rauchte und trank Tee.
    Raoul humpelte zu ihr, beugte sich hinunter und küsste sie auf beide
Wangen. Die Großmeisterin blinzelte verblüfft und räusperte sich. »Mein Junge«,
sagte sie. »Das ist schön. Setzt euch.« Sie deutete auf die flachen Kissen.
    Karla setzte sich unbehaglich auf ein Zabuton und verschränkte die
Arme. Sie musterte das alterslose Gesicht der Großmeisterin.
    Â»Wie geht es dir?«, fragte Tora und reichte Raoul eine Tasse Tee.
    Er nahm sie mit einem gemurmelten Dank entgegen und legte seine
Hände darum. »Gut. Das Bein macht noch ein bisschen Ärger, aber es wird
wieder.« Er trank und erwiderte gelassen Toras forschenden Blick.
    Die Großmeisterin nickte und sah Karla an. »Sie haben sich von dem
Schreck erholt, mein Kind?«
    Karla seufzte unwillkürlich. »Nicht ganz«, gab sie zu. »Ich kann
mich immer noch nicht damit abfinden, wie Sie die Angelegenheit gehandhabt
haben.« Sie sah zu Raoul, dachte an die schreckliche Schusswunde, zwang sich,
den Blick wieder auf Tora zu richten.
    Die Großmeisterin nickte nachdenklich. »Sie meinen, ich hätte ihn
schonen müssen.«
    Â»Ich meine, Sie hätten ihn nicht lebensgefährlich verletzen dürfen«,
erwiderte Karla heftig.
    Â»Sie hätten also das Wohl eines Individuums über die Existenz der
gesamten Welt gestellt?«
    Â»Es ist doch überhaupt nicht bewiesen, dass Brad wirklich vorhatte,
die Apokalypse herbeizuführen«, rief Karla aufgebracht. »Er hätte sich doch
sämtlicher potenziellen Wirte beraubt und damit auch aller Emotionen, die er
als Nahrung benötigt!«
    Raoul räusperte sich. »Karla …« sagte er,
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