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Lass mich in Dein Herz

Lass mich in Dein Herz

Titel: Lass mich in Dein Herz
Autoren: Julia Arden
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Leere.
    »Sie . . . du erinnerst dich?« fragte die andere unsicher.
    Erinnern? Das war die Untertreibung des Jahrhunderts!
    »Ja.« Wenn du deinem Vokabular nicht bald ein paar Worte hinzufügst, wird es schwierig, Gina!
    »Fein.«
    Schweigen.
    Sag doch was, Gina! Gleich wird sie wieder auflegen!
    »Rufe ich in einem ungünstigen Moment an? Störe ich?«
    »Nein! Nein.« Du machst echte Fortschritte, Gina! »Ich bin nur überrascht«, brachte sie endlich ihren ersten zusammenhängenden Satz hervor. »Ich hatte schon nicht mehr damit gerechnet, dass du anrufst.«
    »Ich . . . war mir nicht sicher, ob ich es tun sollte. Eigentlich – bin ich es immer noch nicht«, gestand Andrea.
    »Gut.«
    »Wie bitte?«
    »Ich meine: Gut, dass du es getan hast.«
    Das Gespräch gestaltete sich so zäh, dass Andrea beinah schon bereute, angerufen zu haben. Zumal sie selbst nicht so recht wusste, warum sie es tat. »Ich glaube, es war keine so gute Idee«, sagte sie etwas enttäuscht.
    »Nein, bitte! Leg nicht auf!« erwiderte Gina hastig.
    Der flehende Ton in ihrer Stimme hielt Andrea tatsächlich davon ab. Anscheinend war es nicht falsch gewesen, ihre Zweifel zu äußern. Die Reaktion war zumindest vielversprechend.
    »Ich weiß, das klingt jetzt furchtbar ungeschickt«, sagte Gina verlegen, »aber . . . hast du Lust bei mir vorbeizukommen?« Sie konnte kaum mehr sprechen, so trocken war ihr Hals. Und Andrea antwortete nicht! »Ich koche uns etwas«, ergänzte Gina schnell. »Ich kann gut kochen!«
    Sie verstummte und wartete. Mehr konnte sie nicht tun. Das Herz schlug ihr dabei bis zum Hals. »Kommst du?« Mit angehaltenem Atem harrte sie auf Andreas Antwort. Es dauerte eine halbe Ewigkeit.
    »Ja.«
    Gina schluckte. Dann räusperte sie sich. »Meine Adresse . . .«, stammelte sie und brachte es daraufhin tatsächlich zustande, Andrea ihre Anschrift zu nennen.
    »Bis gleich«, sagte Andrea.
    Gina hörte das Knacken in der Leitung und legte den Hörer langsam ab. Sie hat tatsächlich ja gesagt! Ach, du heilige Sch. . .ande.
    Panik befiel sie. Sie lief ins Bad, warf ihre Sachen achtlos in die Ecke, duschte. Vor dem Kleiderschrank dann die Qual der Wahl. Nur nicht aufdonnern! Hemd und Jeans genügen. Sie zog sich halb im Laufen an, riss die Tür vom Kühlschrank auf. Kochen! Oje. Was willst du denn machen? Sie erinnerte sich an die Steaks im Gefrierfach und ließ warmes Wasser in die Spüle laufen, um das Fleisch aufzutauen.
    Eine Stunde später waren die Steaks gebraten, die Kartoffeln gekocht, der Salat angerichtet, der Tisch fertig gedeckt. Nur zwei Kerzen standen in der Mitte, es gab keine aufwendige Dekoration.
    Ginas Puls schlug mindestens hundertfünfzig Mal in der Minute. Nicht wegen der kurzen Zeit, in der sie alles hergerichtet hatte, sondern in der freudigen Erwartung, das jeden Moment Andrea in der Tür stehen würde. Nervös schaute sie zur Uhr. Halb acht durch. Vor reichlich einer Stunde hatten sie miteinander gesprochen.
    Na gut, auch Andrea brauchte ihre Zeit. Sich umziehen, die Fahrt –  du weißt ja nicht, von wo Andrea kommt  – das dauerte eben. Vielleicht stand sie trotz der späten Stunde noch in einem Stau. Ja genau, das war’s!
    Gina setzte sich und schaltete den Fernseher an, um sich abzulenken. Sie wird schon kommen.
    Das Vorabendprogramm wurde von der Tagesschau abgelöst, diese wiederum von einem Spielfilm. Gina schaute immer öfter zur Uhr. Als es schließlich auf neun zuging, konnte sie ihre Selbsttäuschung nicht länger aufrechterhalten. Um diese Zeit gab es auf den Straßen nun wirklich keine Staus mehr. Und Andrea hätte anrufen können, um zu sagen, dass sie später kam. Der Grund, warum sie es nicht tat, lag auf der Hand: Andrea würde die Verabredung nicht einhalten. Heute nicht und niemals.
    Gina ging einfach ins Bett. Ihr fehlte jeglicher Antrieb, den Tisch abzuräumen oder das Essen in den Kühlschrank zu stellen, um es vielleicht am nächsten Tag aufzuwärmen. In ihrem Kopf schwirrten immer wieder die gleichen sinnlosen Fragen herum: Warum hat sie überhaupt angerufen? Warum gesagt, dass sie kommen würde, wenn sie es nie vorhatte?
    Am nächsten Tag meldete Gina sich krank. Sie wollte mit niemandem sprechen, saß bis zum Abend vor dem Fernseher, ließ sich berieseln und hing ihren deprimierenden Gedanken nach.
    Natürlich wusste Gina, dass sie so nicht ewig weitermachen konnte. Irgendwann würde Judith auftauchen, durchschauen, dass sie gar nicht krank war, ihr eine
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