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Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose
Autoren: Sonia Marmen
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noch den seltsamen Eindruck, beobachtet zu werden. Die Herde und die Männer waren soeben über den Hügelkamm verschwunden, und auf der Heide herrschte wieder die Stille, die hierhergehörte. Er warf einen letzten Blick hinter sich und wollte schon das Tal verlassen, um sich wieder zu seinem Kameraden zu gesellen, als eine flüchtige Bewegung seinen Blick anzog. Hinter einem Erlenbusch, in der Nähe des Bachs, der die Heide durchquerte, um schließlich in den Lyon-Fluss zu münden, hatte sich etwas bewegt. Er ritt auf dem Weg, den er gekommen war, zurück. Wahrscheinlich war es nur ein Tier, doch er wollte sichergehen.
    Plötzlich tauchte eine Gestalt aus dem Gebüsch auf und stürzte eilig den Abhang hinunter. Duncan gab seinem Pferd die Sporen und nahm die Verfolgung auf. Wenige Augenblicke später hatte er den Flüchtigen eingeholt, warf sich über ihn und hielt ihn nieder. Doch er wehrte sich, und die beiden kugelten über die Heide und stießen sich an den Steinen, die hier und da aus dem Boden ragten. Schließlich erstarrten sie.

    »Verflucht!«, zeterte eine helle Stimme. »Nimm deine dreckigen Pfoten weg, Macdonald!«
    »Herrje, du bist ist ja eine Frau!«
    Duncan, der auf dem Hinterteil der jungen Frau saß und ihr ein Knie ins Kreuz gepresst hielt, fasste den Dolch, den er ihr in den Nacken drückte, lockerer. Er hatte die Haut leicht eingeritzt.
    »Was hast du hier zu suchen, Weib?«, verlangte er mit harter Stimme zu wissen. »Ist es nicht ein wenig spät, um spazieren zu gehen und auf der Heide Blumen zu pflücken?«
    Er konnte ihr Gesicht nicht erkennen, das von einem dichten, roten Haarschopf verborgen wurde. Doch der Duft nach Rosenwasser, der daraus aufstieg, kribbelte in seiner Nase.
    »Du tust mir weh, du hundsgemeiner Kerl«, fauchte sie und versuchte wütend, sich loszumachen. »Reicht es euch denn noch nicht, unsere Kühe zu stehlen! Ihr schmutzigen Langfinger … Ich habe wirklich genug von euch. Mein Großvater hätte euch alle auslösch …«
    Sie hatte keine Zeit, zu Ende zu sprechen. Duncan drehte sie brutal auf den Rücken, setzte ihr die Stahlspitze seines Dolches unter das Kinn, dort, wo die Haut am weichsten ist, und durchbohrte sie mit einem wütenden Blick. Angesichts der realen Bedrohung durch die scharfe Klinge und der subtileren Drohung, die von den kalten Augen, die sie anstarrten, ausgingen, erstarrte die junge Frau. Ihre Lippen begannen zu zittern, und sie riss die Katzenaugen weit auf.
    »Ich … Das w … w … wollte ich gar n … nicht sagen.«
    Duncans Atem ging keuchend, und vor Zorn wurde ihm ganz schwindlig. Die Anspielung auf das Massaker, das seinen Clan vor dreiundzwanzig Jahren dezimiert hatte, brachte ihn außer sich. Es hätte nicht viel gefehlt, und er hätte den Stahl in die blasse Haut der dreisten kleinen Gans getrieben, die fluchte wie ein Mann und sich unter ihm wand. Doch als er ihr in die Augen sah…
    »Ich bin mir sicher, dass du nicht über das nachgedacht hast, was da eben über deine hübschen Lippen gekommen ist.«
    »Nein … Wirklich nicht.«

    Sie hatte aufgehört zu zappeln und starrte ihn jetzt entsetzt an. Duncan beobachtete sie mit halb geschlossenen Augen. Er sah, wie die Brust der jungen Frau sich rasch hob und senkte. Sein Blick verharrte auf den Kurven, die den schlammverkrusteten Stoff spannten.
    »Wer bist du?«
    Die Frau schluckte. Duncan fiel auf, dass die Spitze seines Dolchs sich immer noch in die zarte, blasse Haut bohrte. Langsam zog er seine Waffe zurück, blieb aber auf den Schenkeln seiner Gefangenen sitzen. Das kleine Biest schien nur über eine einzige Waffe zu verfügen, nämlich seine Zunge; und damit würde er schon zurechtkommen.
    »Wer bist du?«, fragte er noch einmal grob.
    »Das sage ich dir nicht.«
    »Bei deinem Schandmaul bist du ganz offensichtlich eine Campbell«, bemerkte er und musterte sie begehrlich. »Du hast von deinem Großvater gesprochen … Du bist nicht zufällig die Enkelin von Robert Campbell, diesem Bastard?«
    Sie gab keine Antwort, hielt aber seinem Blick stand. Duncan packte die Handgelenke der jungen Frau fester, und sie krümmte sich. Ihr Schweigen ließ keinen Zweifel daran, wen er da vor sich hatte
    »Na, das ist ja allerliebst! Dann sitze ich also auf der Tochter des Laird von Glenlyon?«
    »Scher dich zum Teufel!«, fauchte sie ihm ins Gesicht.
    Von neuem zappelte sie unter ihm wie ein Aal. Ihre Bewegungen begannen ihn ziemlich zu erregen. Wie hatte Glenlyon nur ein so bezauberndes Wesen
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