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Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose
Autoren: Sonia Marmen
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Standarte des Stuart-Prätendenten zu den Waffen. Vater hat so etwas schon erwartet. John MacIain erhielt letzte Woche neue Kunde aus Kildrummy Castle. Aber ich hätte nie gedacht…«
    Ein eisiger Schauer überlief ihn vom Kopf bis zu den Füßen.

2
Das Flammende Kreuz
    Ich klammerte mich so fest an den Türrahmen, dass meine Knöchel weiß wurden, um nicht in Ohnmacht zu fallen. Jetzt ist es soweit, Caitlin , sagte ich mir. Seit fast zwanzig Jahren hast du diesen Augenblick gefürchtet … Ich schluchzte auf. Liam legte mir seine große Hand auf die Schulter. Der Druck seiner Finger teilte mir seine Befürchtungen mit. Er sagte nichts, doch ich wusste, was er empfand. Sechsundzwanzig Jahre waren jetzt seit der Schlacht von Killiecrankie vergangen; doch die Erinnerungen standen ihm immer noch deutlich vor Augen. Die Bilder, die er mir beschrieben hatte, stiegen vor mir auf, und ich wurde von einem heftigen Grauen ergriffen, das sich aus Furcht und Abscheu gleichermaßen zusammensetzte.
    Ich hatte diese neue jakobitische 3 Erhebung gegen die Sassanachs 4 gefürchtet. Auf gewisse Weise wäre es mir lieber gewesen, sie hätte früher stattgefunden, als meine Söhne noch nicht alt genug waren, um zu den Waffen zu greifen, aber … Ich legte die Hand auf die Liams. Verflucht sollen die Sassanachs sein. Wieder musste ich schluchzen.
    »Liam …«
    »Tuch! Na can guth, a ghràidh. « Psst, sag nichts, meine Liebste.
    Das Flammende Kreuz. Zwei kleine Holzstücke, zusammengebunden mit einem in Blut getränkten Stück Stoff. Man zündete es an und zog damit durch die Täler, auf dass es von der
Hand eines Kriegers zum nächsten wanderte. Der Ruf zu den Waffen. Zu Beginn hatte ich geglaubt, ein Irrlicht zu sehen. Doch je näher der Funke kam, umso klarer wurde mir, dass es sich tatsächlich um eine Fackel handelte, die von einem Reiter durch das Tal getragen wurde. Alasdair Og Macdonald, der Bruder des Kriegsführers von Glencoe, trug das Flammende Kreuz durch unser Tal und rief die Männer des Clans zusammen, damit sie unter dem Banner der Stuarts kämpften … Wieder einmal. Würde es das letzte Mal sein? Ich wünschte es mir von ganzem Herzen.
    Die Hand, die meine Schulter drückte, zitterte leicht. Ich wandte mich um und sah Liam an. Die Furcht malte sich auf seinen Zügen und in seinen Augen. Er hatte Angst. Nicht um sich selbst, aber um seine Söhne. Unsere Söhne.
    »Es ist so weit!«, flüsterte ich.
    »Ja …«, seufzte er und zog mich an sich.
    Ich schmiegte mich in die Sicherheit seiner Arme, vergrub mein Gesicht in der abgetragenen Wolle seines Plaids und schloss die Augen. Er strahlte einen Duft nach Heide und Kiefern aus, in den sich der animalische, moschusartigere Geruch nach Mann mischte.
    »Oh, Liam, fear mo rùin , mein Geliebter! Warum?«
    »Weil Gott es so verlangt. Es ist Sein Wille, und wir müssen uns Ihm beugen.«
    Das konnte ich nicht verstehen. Ich sah zum Himmel auf und zog die Augen zusammen.
    »Gott hat mit alldem nichts zu schaffen! Er würde uns nicht zwingen, unsere Söhne für einen König zu opfern, der noch nie die Luft der Highlands geatmet hat. Ist es das, was Gott will, Schießpulverfutter, Liam?«
    Er schloss die Augen, schüttelte den Kopf und schluckte mühsam.
    »Ich habe keine Ahnung, Caitlin. Aber wir müssen uns anschließen, das weißt du genau.«
    Ich wusste es, doch ich weigerte mich, es zu akzeptieren. Sein Kiefer verkrampfte sich, und unter seinem Hemd erstarrte sein Oberkörper.

    »Für den Stuart-Prätendenten«, setzte er nach kurzem Schweigen hinzu. »Wir haben gute Aussichten, ihn endlich auf den Thron zu setzen, der ihm rechtmäßig zusteht. Jetzt oder nie, verstehst du?«
    »Ich will es gar nicht begreifen, Liam. Die Stuarts sind doch seit dem Beginn ihrer Dynastie verflucht. Ihre Regentschaft endet grundsätzlich mit einem Mord oder damit, dass man sie vom Thron stürzt. Wenn Gott ihnen nicht erlaubt, über Schottland zu regieren, wie wollt ihr denn als einfache Sterbliche dieses Wunder vollbringen? Ich will euch bei mir behalten… Ich will meine Söhne nicht verlieren.«
    »Unsere Söhne sind nicht unser Eigentum, Caitlin. Sie gehören Gott, dem König und Schottland, ob es dir nun gefällt oder nicht.«
    »Nein …«
    Meine Hände kneteten den Tartan der Macdonalds, mit dem ich mir die Tränen abwischte. Von neuem ließ ich den Blick über unser Tal schweifen. Die Männer hatten sich versammelt und gingen den Weg hinunter, der dem verschlungenen Lauf des
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