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Lanzarote

Lanzarote

Titel: Lanzarote
Autoren: Michel Houellebecq
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– oder zumindest die Bedin gungen, unter denen Ihr Glück möglich werden konnte. Von ihr wiederum wird erwartet – fern der Verabreichung eines Standardurlaubs und egal wie kurz Ihrer beider Begegnung ist -, so deutlich wie möglich Ihre Erwartungen zu erkennen, Ihre Wünsche, ja, Ihre geheimen Hoffnungen.
        »Wir hatten da zum Beispiel was in Tunesien. Ein klassisches Reiseziel, sehr günstig im Januar ...«, begann sie, offensichtlich ein Appetithappen. »Oder Südmarokko. Das ist in der Neben saison auch sehr schön.« Wieso Nebensaison? Südmarokko ist das ganze Jahr über sehr schön. Ich kenne Südmarokko sehr gut, mit Sicherheit besser als diese kleine Idiotin. Dort mag es ja sehr schön sein, aber das ist nicht nach meinem Geschmack, das müsste man ihr erst mal klar machen.
    »Ich mag die arabischen Inder nicht«, unterbrach ich sie. »Das heißt...« Beim Nachdenken fel mir eine Libanesin ein, die ich in einem Sexclub kennengelernt hatte; superscharf, schön weiche Muschi, große Brüste außerdem. Und ein Ar beitskollege hatte mir mal vom Hotel Nouvelles Frontihes in Hammamet erzahlt, wo ganze Trupps Algerierinnen hinka men, um es unter Frauen zu treiben, ohne männliche Bewa chung; eines seiner schönsten Ferienerlebnisse. Die arabischen Länder konnten schon ganz lustig sein, solange man von ihrer lächerlichen Religion absah. »Ich meine, die arabischen Län der sind schon in Ordnung, ich mag die islamischen Länder nicht«, korrigierte ich mich. Hätten Sie wohl ein arabisches, aber nicht-islamisches Land?« Wie eine kniffige Frage im Fernsehquiz. Ein arabisches, aber nicht-islamisches Land ... der Kandidat hat vierzig Sekunden. Ihr Mund stand ein besu chen offen.
    »Wir hatten da noch was im Senegal«, bot sie an, um das Schweigen zu beenden. Ja, war um nicht der Senegal? Ich hatte mir sagen lassen, dass die Weißen in Westafrika immer noch sehr gut angesehen waren. Man brauchte nur in einer Disko thek aufzukreuzen
    und konnte sofort eine Tusse in den Bungalow abschleppen; das waren nicht mal Huren, sie kamen zum Vergnügen mit. Klar mochten sie Geschenke, ein bisschen Goldschmuck zum Beispiel; aber welche Frau mag keine Geschenke? Ich verstand nicht, warum ich an diese Dinge dachte; ich hatte sowieso kei ne Lust zu vögeln.
    »Ich habe keine Lust zu vögeln«, sagte ich. Das Mädchen blickte erstaunt auf; kein Wunder, ich hatte mehrere Etappen meiner Gedankenkette übersprungen. Sie blätterte weiter in ihren Unterlagen. »Der Senegal fangt allerdings erst bei sechs tausend Franc an«, schloss sie. Ich schüttelte bekümmert den Kopf. Sie stand auf, holte einen anderen Katalog; diese Mäd chen sind nicht borniert, sie verschließen sich fnanziellen Gesichtspunkten nicht. Draußen auf dem Bürgersteig gingen die Passanten durch den Schnee, der allmählich zu Matsch wurde.
    Sie kam zurück, setzte sich mir wieder gegenüber und fragte mit vollkommen verändertem, sehr direktem Ton: »Haben Sie schon mal an die Kanaren gedacht?« Angesichts meines Schweigens meinte sie mit dem Lächeln des Profs: »Die Leu te denken selten an die Kanaren ... Eine Inselgruppe vor der afrikanischen Küste, vom Passatwind und dem Kanarenstrom beeinfusst; ganzjährig mildes Wetter. Ich kenne Kunden, die haben da im Januar gebadet...« Sie ließ mir etwas Zeit, um die Information zu verdauen, dann fuhr sie fort: »Wir hatten da ein Sonderangebot für das
    Bougünville Playa. 3290 Franc die Woche, alles inklusive, Ab fug von Paris am 9., 16. und 23. Januar. Vier-Sterne-Hotel, landesüblich. Zimmer mit voll eingerichtetem Bad, Föhn, Klimaanlage, Telefon, TV, Minibar, Privattresor gegen Gebühr, Balkon mit Poolblick (oder Meerblick gegen Aufpreis). 1000 m-Schwimmbecken mit Whirlpool, außerdem Sauna, Ham mam, Work-Out-Area. 3 Tenniscourts, Squashfelder, Minigolf, Tischtennis. Tanzdarbietungen, Ausfüge ab Hotel (Programm vor Ort erhältlich). Unfall- und Reiserücktrittskostenversiche rung eingeschlossen.«
    Ich musste einfach fragen: »Wo ist das?« »Lanzarote.«

- 2

    Me in Weihnachtsfest 1999 war missraten; ich versuchte, ins Internet reinzukommen, schaffte es aber nicht. Ich war gerade umgezogen; wahrscheinlich hatte ich die Modemkarte rein stallieren lassen müssen oder so was in der Art. Die frucht losen Bemühungen ermüdeten mich schnell, gegen elf Uhr schlief ich ein. Ein modernes Weihnachtsfest.
    Ich hatte mich für den Abfug am 9. Januar entschieden. In der Halle H von Orly, die jetzt Terminal hieß,
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