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Landung ohne Wiederkehr

Landung ohne Wiederkehr

Titel: Landung ohne Wiederkehr
Autoren: Isaac Asimov
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zurücklassen, ohne es zu wissen. Er befürchtete nicht, daß man ihn vorzeitig entdecken könnte. Keiner der am Projekt Beteiligten ahnte von dieser Aushöhlung im Mittelpunkt des Sondenkörpers. Im Entwurf war sie nicht vorgesehen, und die Monteure und Konstrukteure waren sich nicht bewußt, sie freigehalten zu haben.
    Dafür hatte Kane ganz allein gesorgt.
    Er wußte nicht, wie, aber er wußte, daß er es bewerkstelligt hatte.
    Er konnte seinen eigenen Einfluß beobachten, ohne zu wissen, wie er ausgeübt wurde. Da war zum Beispiel dieser Hammer, der Leiter des Projekts und am deutlichsten beeinflußbar war. Von all den nur unklar wahrgenommenen Gestalten im Umkreis von Kane war Hammer die ausgeprägteste Erscheinung. Manchmal, wenn er auf seinen langsamen und ziellosen Wanderungen durch Hallen und Werksgelände in Hammers Nähe vorbeiging, war er sich des Mannes sehr intensiv bewußt. An ihm vorbeigehen – mehr war nicht nötig.
    Kane erinnerte sich, daß es auch früher schon so gewesen war, besonders bei Theoretikern. Als Lise Meitner beschlossen hatte, unter den Produkten des Neutronenbeschusses von Uran nach Barium zu suchen, war Kane in der Nähe gewesen, ein unbeachteter Durchwanderer eines nahen Korridors.
    Im Jahre 1904 hatte er in einem Park Blätter und Abfälle aufgesammelt, als der junge Einstein grübelnd vorübergeschritten war. Unter dem Eindruck einer plötzlichen Erleuchtung hatten sich Einsteins Schritte beschleunigt. Kane hatte es selbst wie einen elektrischen Schlag empfunden.
    Aber er wußte nicht, wie es geschah. Weiß eine Spinne etwas über Architektur, wenn sie ihr erstes Netz zu bauen beginnt?
    Es ging weiter zurück. An den Tag, als der junge Newton den Mond beobachtet hatte, gefesselt von einer eben aufdämmernden neuen Idee, war Kane dagewesen. Und noch früher.
    Menschliche Ameisen eilten geschäftig um die Abschußrampe mit dem hochragenden, langgestreckten Projektil, dessen Spitze die Raumsonde trug. Diese Mission sollte alle vorausgegangenen übertreffen. Die Raumsonde sollte in die Tiefe des Sonnensystems vordringen, den Nachbarplaneten umkreisen und in elliptischer Bahn zurückkehren. Sie würde den Planeten fotografieren, Temperaturen und chemische Beschaffenheit von Atmosphäre und Oberfläche messen und untersuchen und automatisch nahezu alles das erledigen, was von einem bemannten Raumfahrzeug erwartet werden konnte. Damit würde die Raumsonde die Voraussetzungen für einen späteren bemannten Raumflug zum Nachbarplaneten schaffen.
    Doch in einer Weise war schon diese erste Mission ein bemannter Raumflug.
    Zum Start erschienen Vertreter der Regierung, der Industrie sowie führende Persönlichkeiten aus Gesellschaft und Wirtschaft. Es gab eine Fernsehübertragung, und zahlreiche Zeitungen hatten Berichterstatter entsandt.
    Wer nicht selbst dabei sein konnte, beobachtete den Start zu Haus auf dem Bildschirm und hörte die monoton abwärts gezählten Nummern, deren Rezitation in nur drei Dekaden zum traditionellen Brauch geworden war.
    Bei Null wurden die Motoren gezündet, und das Riesenprojektil erhob sich schwerfällig aus einer Glutwolke.
     
    Kane hörte das dumpfe Brüllen der ausströmenden Gase wie aus der Ferne, und bald fühlte er den wachsenden Druck der Beschleunigung.
    Er löste sein Bewußtsein vom Körper, hob es gleichsam aus ihm heraus, um von Schmerz und Unbequemlichkeit frei zu sein.
    In einer etwas unklaren Weise war ihm bewußt, daß seine lange Reise sich dem Ende näherte. Es war nicht länger notwendig, vorsichtig zu taktieren, damit den Menschen verborgen bliebe, daß er unsterblich war. Er brauchte nicht mehr von einem Ort zum anderen zu ziehen, Namen und Persönlichkeit zu ändern und das Bewußtsein von Menschen zu manipulieren.
    Natürlich war es nicht vollkommen gewesen. Die Mythen von Ahasver, dem ruhelos umherziehenden Juden, und dem fliegenden Holländer waren entstanden, aber er war noch immer da. Er hatte sich allen mißtrauischen Nachstellungen entziehen können.
    Er konnte seine Stelle am Himmel sehen. Durch das Material der Raumsonde konnte er sie sehen.
    Vieles von dem, was er wußte, konnte er nicht erklären, aber im Verlauf der Jahrhunderte hatte er es allmählich so gut kennengelernt, daß es keiner Begründung mehr bedurfte.
    Er hatte als Ei angefangen (oder als etwas, wofür »Ei« die annäherndste Bezeichnung war, die er kannte), auf die Erde abgelegt, ehe die unstet umherziehenden, jagenden Lebewesen, die sich später
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