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Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Titel: Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)
Autoren: Ilona Andrews
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Rückkehr vom Dienst suspendieren. Man wird uns wegen Hochverrats vor Gericht stellen. Unsere Familie verliert ihre Zuflucht, und das Herzogtum Louisiana hat eine Entschuldigung für einen offenen Konflikt mit Adrianglia. Wenn Kaldar jetzt hier wäre, würde er Ihnen genau dasselbe sagen. Wir sind in diesem Krieg nur Soldaten. Und die können sich nicht aussuchen, welchen Befehlen sie Folge leisten.«
    Das saß. Sie konnten ihr nicht helfen. Sie hätten es gerne getan, aber sie konnten nicht.
    »Wann brecht ihr auf?«, fragte sie mit heiserer Stimme.
    William verschnürte den Verband. »Sofort.«
    Der Drache war nur noch ein entfernter Fleck am blauen Himmel. Audrey beschirmte mit der Hand ihre Augen und sah ihm nach. Es kam ihr vor wie ein Traum. Ein qualvoller, schrecklicher Albtraum.
    Kaldar, seine Augen, sein Lächeln, die Art, wie er sie küsste … Sie hatte ihn verloren. Ihr war erst klar geworden, wie sehr sie ihn gewollt hatte, als er fort war, und nun klaffte in ihrem Innern ein schmerzhaftes Loch. Sie fühlte sich vollkommen leer.
    Sie hätten so glücklich sein können. Warum nur musste es so enden? Warum hatten sie nicht gemeinsam entkommen können?
    Audrey schloss die Augen und zwang sich, endlich aufzuwachen. Sie wollte wach werden, die Augen öffnen und über sich die Drachenkabine sehen. Und Kaldar, wie er sich mit seinem Gaunergrinsen über sie beugte …
    Bitte. Bitte, ich mache alles. Aber lass mich aufwachen und mich ihn sehen. Lieber Gott, ich flehe dich an, bitte .
    Neben ihr räusperte sich Gaston.
    Nein, es gab kein weiteres Erwachen, sie war bereits wach.
    Audrey machte die Augen auf. Gastons Blick wanderte über ihr Gesicht.
    »Gehst du auch?«, fragte sie.
    »In der Nachricht ist von allen Agenten die Rede. Ich bin kein Agent, jedenfalls noch nicht.«
    »Wieso wollte sie ihn? Warum hat sie mich gegen ihn getauscht?«
    »Geheimdienst.« Gaston zuckte die Achseln. »Wahrscheinlich werden sie ihn foltern … oh, tut mir leid. Sie sind inzwischen bestimmt auf dem Rückweg nach Louisiana.«
    »Nein«, widersprach George rau.
    »George?« Audrey kniete sich neben ihn.
    George schlug die Augen auf. Sein Gesicht wirkte hagerer und blasser als sonst. »Er wird in einer Ruine festgehalten. Dort.« Er hob die Hand und wies nach rechts. »Über dem Berg da. Sie hat ihn an einen Stuhl gefesselt. Gerade wird er an eine Maschine angeschlossen, die ihm sein Blut entzieht. Ich habe einen Vogel auf ihn angesetzt.«
    »Dann ist er am Leben?« Wenn Kaldar noch lebte, würde sie ihn da herausholen. Was auch immer dazu nötig war.
    »Noch.«
    »Wie viele Leute hat sie?«, wollte Gaston wissen.
    »Sechs.«
    Sechs Hunde, und auf ihrer Seite Gaston, sie selbst, die beiden Jungen, von denen einer bereits jetzt am Ende und der andere erst zwölf Jahre alt war.
    Audrey sah Gaston an. »Mit wie vielen wirst du fertig?«
    »Mit einem«, antwortete er. »Vielleicht mit zweien.«
    Sie war keine Kämpferin. Ein Tritt von Helena, und schon ging sie zu Boden. Audrey überlegte kurz.
    Sie mochte keine Kämpferin sein, aber eine ausgezeichnete Diebin. Und eine sehr gute Schwindlerin. In Audreys Kopf nahmen erste Züge eines Plans Gestalt an. »Gaston, kannst du dafür sorgen, dass der Drache sofort startbereit ist?«
    »Ich werde Kaldar dort nicht verrecken lassen«, knurrte Gaston.
    »Wir lassen ihn ja nicht im Stich.« Audrey hielt Georges Hand. »Hör mir zu«, sagte sie leise. »Ich will nicht, dass du dich vollkommen verausgabst. Bevor es so weit ist, lässt du den Vogel fallen, hast du mich verstanden?«
    George nickte. »Es geht mir gut«, sagte er. »Er ist so weit weg. Es ist verdammt schwer, die Verbindung über eine so große Distanz aufrechtzuerhalten. Ich brauche eine Pause, sonst nichts.«
    Audrey kam auf die Beine. »Wie weit ist es von hier zu de Braoses Burg?«
    »Bis zum Ende der Straße«, antwortete Gaston. »Eine halbe Stunde vielleicht.«
    »Ich benötige neue Kleider.« Audrey betrachtete ihren zerrissenen, blutigen Aufzug. »Andererseits bin ich so perfekt angezogen.«
    Wenn man in die Höhle des Löwen marschiert, nachdem man ihm seine Vorräte geklaut hat, kann man es wenigstens erhobenen Hauptes tun, dachte Audrey, während die beiden Vikinger sie in Braoses Burghof führten. Morells Wachmannschaft hatte Verluste hinnehmen müssen. Sämtliche Männer, die sie sah, waren entweder grün und blau, blutig, rußverschmiert oder alles zusammen.
    Aus dem zweiten Stock des Bergfrieds quoll eine ölige,
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