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Land aus Feuer und Wasser

Land aus Feuer und Wasser

Titel: Land aus Feuer und Wasser
Autoren: Hans Dominik
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sich seine Aufmerksamkeit wieder dem Stamm zu. »Sehen Sie das hier, Herr Professor. Diese eigenartigen Querfurchen in gleichen Abständen und unter sich fast genau parallel. Ich zerbreche mir den Kopf, wie das zustande gekommen ist. Ich dachte erst an irgendein Stück Wild, das an der Rinde seine Zähne gewetzt oder sein Geweih geschabt haben könnte. Aber so etwas gibt es doch auf der Insel nicht.« Während Dr. Wille sprach, hatte sich der lange Schmidt dicht über die Furchen in der Rinde gebeugt und sie genau betrachtet.
    »Das stammt von Menschenhand«, sagte er, als er sich wieder aufrichtete. »Zweifellos ist es mit einem scharfen Werkzeug in die Rinde gekerbt. Eigenartig … Ich zähle fünfundvierzig Einkerbungen. Wer mag sich das sonderbare Vergnügen gemacht haben, den Stamm hier in Kerbschnittmanier zu bearbeiten?«
    »Wenn die Spuren, wie Sie behaupten, Herr Kollege, von Menschenhand herrühren«, griff Dr. Wille die Bemerkung des langen Schmidt auf, »dann könnte man an Schiffbrüchige denken, die auf die Insel verschlagen wurden und sich nach dem Vorbild von Robinson Crusoe an dem Stamm einen Kalender angelegt haben. Man könnte dann vielleicht weiter schließen, daß sie sich 45 Tage hier aufgehalten und danach die Insel wieder verlassen haben.«
    Mit reichlich gemischten Gefühlen hörte Professor Eggerth die Schlußfolgerungen an, die Dr. Wille aus diesen Kerbzeichen zog. »Ich glaube, Herr Doktor, Ihre Phantasie verführt Sie zu allzu kühnen Schlüssen.«
    »Gewiß, Herr Professor, es ist nur eine vage Vermutung von mir«, gab Dr. Wille zu.
    »Aber eine Vermutung, die sehr viel für sich hat«, hakte der lange Schmidt wieder ein. »Wenn aber Menschen anderthalb Monate hier gewesen sind, dann müßte man auch noch andere Spuren von ihnen finden können. Feuerstellen vielleicht oder sonst dergleichen …«
    Vergeblich bemühte sich Professor Eggerth, Dr. Schmidt zur Rückkehr zu ›St 25‹ zu veranlassen.
    »Wenn das hier ihr Kalender war, müssen sie hier in nächster Nähe gehaust haben«, erklärte der Doktor und machte sich daran, die Umgebung abzusuchen. Wohl oder übel blieb Professor Eggerth und Dr. Wille nichts anderes übrig, als ihm zu folgen. Über schwellendes Gras ging der Weg landeinwärts zum Waldrand, wo Dr. Schmidt etwas Auffälliges zu sehen glaubte, das sich beim Näherkommen als ein Gewirr von verrotteten wollenen Decken und Kleidungsstücken entpuppte. Dr.
    Schmidt machte sich darüber her und begann die Sachen auseinanderzuräumen, und da zeigte es sich schnell, daß sie es mit einem nur primitiv aus drei Stämmen und einigen Wolldecken errichteten Zelt zu tun hatten, das wohl schon vor längerer Zeit verlassen und später dann zusammengebrochen war. Aber nicht natürliche, allmähliche Verwitterung, sondern eine plötzliche gewaltsame Einwirkung von außen hatte diese Zerstörung hervorgerufen, und zweifellos hing sie mit der Bildung des neuen Vulkans zusammen. Das wurde offensichtlich, als Schmidt jetzt eine der Decken beiseite schob und darunter zwischen zersplittertem Holz einen Lavabrocken entdeckte, der gut und gern ein Gewicht von einem halben Zentner haben mochte.
    Ein bräunlicher, glasiger Stein war es. Nur mit einiger Anstrengung vermochte Dr. Schmidt ihn beiseite zu rollen. Dann ließen sich ein paar andere Decken ohne Schwierigkeit aufnehmen, und unter ihnen kam eine Kiste zum Vorschein, die allerlei Werkzeuge enthielt. Ein paar Handbeile, eine Axt, Sägen und Stemmeisen. Das Eisen war stark vom Rost angegriffen, aber klar und deutlich war auf den hölzernen Griffen noch ein eingebrannter Stempel zu erkennen. Mit ›St 8‹ waren alle diese Werkzeuge gezeichnet.
    Der lange Schmidt sah es und stutzte. Ein unbestimmter Verdacht schien in ihm aufzusteigen.
    »Werkzeuge von ›St 8‹, Herr Professor?« fragte er nachdenklich, während er ein Handbeil ergriff und sich den Stempel noch einmal besah. »Das ist eigenartig.«
    Im stillen verwünschte Professor Eggerth Dr. Schmidt mit seinen neugierigen Fragen. Äußerlich ließ er sich nichts anmerken und erwiderte gelassen:
    »›St 8‹ ist vor Jahren einmal auf dieser Insel gewesen. Ich nehme an, daß das Werkzeug von unseren Leuten vergessen wurde. Möglicherweise haben Schiffbrüchige es später gefunden, und wahrscheinlich ist es ihnen ein wertvolles Hilfsmittel gewesen. Vielleicht konnten sie sich damit ein Boot zimmern und die Insel wieder verlassen.«
    »Das könnte so gewesen sein«, meinte Dr. Schmidt, aber
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