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Lady Sunshine und Mister Moon

Lady Sunshine und Mister Moon

Titel: Lady Sunshine und Mister Moon
Autoren: S Andersen
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ausgerechnet das Wort funktioniert, das er benutzt hat, während er mich beleidigt hat? Nee, eher friert die Hölle zu.“
    „Wo habe ich nur meine Gedanken“, schmunzelte Mack mit einem Achselzucken. Er war der Vater zweier erwachsener Töchter. „Ich vergaß für eine Sekunde, dass ich es mit einer Frau zu tun habe.“
    „Das ist wirklich sehr witzig, mein Lieber“, antwortete Ellen trocken, bevor das Paar einen so liebevollen Blick austauschte, dass Carly vor Rührung ihre Kaffeetasse abstellen musste.
    „Genug davon“, sagte sie. „Sind die Fotos von eurem Italienurlaub endlich fertig? Gibt es was Neues von der Hochzeit? Bringt mich mal auf den neuesten Stand.“
    Doch als sie schließlich die Fotos betrachtete und sich anhörte, was ihre Freunde geplant hatten, schoss ihr durch den Kopf, dass der Tag, an dem die Hölle zufror, vielleicht schon bald gekommen war. Rufus zuliebe wäre sie möglicherweise doch bereit, ihren Stolz ein zweites Mal hinunterzuschlucken. Und Wolfgang Jones um Hilfe zu bitten.

4. KAPITEL
    W olfgang schritt in der Wartehalle des McCarran International Airports auf und ab. Das Flugzeug hatte Verspätung, und er konnte sich nicht entscheiden, ob das nun ein gutes oder ein schlechtes Zeichen war.
    Er freute sich darauf, seine Familie wiederzusehen. Der verrückte Einfall seiner Mutter würde trotzdem niemals funktionieren. Doch es war ihm nicht gelungen, sie ihr am Telefon auszureden.
    Er würde persönlich mit ihr darüber reden. Darüber, dass seine Eltern aus unerfindlichen Gründen seinen Neffen Niklaus nach Vegas mitbrachten.
    Natürlich konnte seine Mutter nichts für diese Situation. Und Wolf war erst recht klar, wie schrecklich es für Niklaus sein musste, schon wieder woandershin zu gehen. Beim bloßen Gedanken daran verhärtete sich seine Miene, denn er kannte diese Situation nur zu gut. Wie oft wollten seine Eltern ihre Adresse denn noch ändern?
    Er hatte schon längst den Überblick darüber verloren, wie oft sie seit seinem elften Lebensjahr umgezogen waren. Sein Vater war G.I. gewesen, als er Wolfgangs Mutter Ende der Sechzigerjahre in Stuttgart kennengelernt hatte. Er hatte sie prompt geheiratet, und als Wolfgang vier Jahre später in Fort Benning, Georgia, zur Welt kam, waren sie schon zweimal umgezogen. Seine Schwester Katharina kam in Camp Zama zur Welt – in Japan. Wolf war noch ein Teenager, als er schon in Heidelberg in Deutschland und in Shape-Chievres in Belgien gelebt hatte und in zwei oder drei amerikanischen Städten, an deren Namen er sich nicht mal mehr erinnern konnte. Bis sein alter Herr schließlich in den Ruhestand trat, hatten sie den Bundesstaat noch x-mal gewechselt.
    Aber es war auch nicht so, dass seine Eltern danach aufgehört hätten zu reisen. Im Gegenteil. Sein Vater …
    „Hallo, mein Sohn!“
    … schritt durch die Wartehalle auf ihn zu. Wolfgang riss sich von seinen Erinnerungen los und beobachtete die Ankunft mit denselben gemischten Gefühlen, die sein alter Herr schon immer in ihm ausgelöst hatte: hilflose Liebe, bei der es Wolfgang ganz warm ums Herz wurde, gepaart mit dem beunruhigenden Wunsch nach Aufmerksamkeit und einer unterschwelligen Abneigung, die ihn jedes Mal zur Weißglut brachte.
    Rick Jones war ein großer, schlaksiger Mann. Er kam auf Wolfgang zu, drückte ihn an sich und klopfte ihm auf die Schulter. Wolf bemerkte eine leichte Bierfahne, doch dann löste sich sein Vater von ihm, um ihn aus Armeslänge zu betrachten.
    „Jetzt sieh dich nur an!“, sagte Rick. „Du siehst aus wie der Erfolg persönlich! Hast du alles erreicht, wovon du all die Jahre geträumt hast, während du in den Botschaften Trübsal geblasen hast?“
    „Ich arbeite daran.“ Wenn Wolfgangs Stimme etwas rau klang, dann lag es daran, dass seine Erinnerungen ihn zu überwältigen drohten. Erinnerungen an all die Botschaften, in die man ihn als Teenager mitgeschleppt hatte, nachdem Rick aus der Army ausgeschieden war. Erinnerungen an das Gefühl, immer auf der falschen Seite der Botschaftstür gestanden zu sein, weil sein alter Herr eben kein Botschafter war. Und Erinnerungen an seinen damals aufkommenden Wunsch, einmal mehr zu sein. Einmal auf der richtigen Seite der Tür zu stehen.
    Doch dann schob er diese Gedanken beiseite. „Wo sind Mom und Niklaus?“
    „Sie kommen gleich. Er hat während des Flugs wohl zu viel Limonade getrunken, und du kennst ja deine Mutter. Sie glaubt immer, dass ohne ihre Hilfe niemand irgendwohin finden
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