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Lady Lavinias Liebestraum

Lady Lavinias Liebestraum

Titel: Lady Lavinias Liebestraum
Autoren: Mary Nichols
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schlüpfen. Als auch Lavinia sich von Daisy in ihr Kleid helfen ließ, kam Miss Hastings herein und teilte ihr mit, dass der Saal schon gut gefüllt und Major Greenaway in Begleitung eines ihr unbekannten Gentlemans gekommen sei, der, entgegen der festlichen Stimmung, ein recht düsteres Gesicht mache.
    Lavinia maß den Worten ihrer ehemaligen Gouvernante jedoch wenig Bedeutung bei und ließ sich von ihrer Zofe die Frisur arrangieren.
    Mr. Greatorex hatte zum Glück recht behalten: “Ein Sommernachtstraum” wurde ein voller Erfolg. Die Zuschauer huldigten den Amateurschauspielern nicht nur mit begeisterten Zurufen und Beifall, sondern sie zeigten sich auch äußerst spendabel, sodass eine beträchtliche Summe für das Waisenhaus zusammenkam.
    Gleichermaßen glücklich wie erschöpft zog Lavinia sich, noch immer in ihr Kostüm gehüllt, in die gegenüber dem Ballsaal gelegene Bibliothek zurück und nahm in einem der Sessel vor dem Kamin Platz, um in aller Stille zu sich selbst zu finden und Kraft für die ihr bevorstehende Unterredung mit James, aber auch für die mit Lord Wincote zu sammeln.
    “Lady Lavinia, da sind Sie ja! Ich habe bereits eine ganze Weile nach Ihnen gesucht. Warum verstecken Sie sich?”
    Sie hob den Blick und sah, als habe der Gentleman ihre Gedanken gelesen, Lord Wincote vor ihren Ohrensessel treten. Er hatte sich bereits umgezogen und stand nun in einem eleganten Frack vor ihr. “Ich verstecke mich nicht, Mylord. Ich brauche ein wenig Zeit und Ruhe, um mich von den Strapazen zu erholen, das ist alles.”
    “Ich verstehe”, erwiderte er väterlich nickend, während er sich ihr gegenüber auf dem Stuhl niederließ, wobei ihre Knie sich fast berührten. Er nahm ihre Hände in seine und beugte sich zu ihr vor. “Wir sollten beide gemeinsam hier einen kleinen Moment in Ruhe verharren. Ich versichere Ihnen, dass Sie bald wieder bei Kräften sind und bereit sein werden, die Welt zu erobern.”
    Sie schaute auf ihre fest von ihm umschlungenen Hände und begann sich äußerst unwohl zu fühlen. Indes war sie zu schwach, sich ihm zu entziehen. Wie so oft wünschte sie sich, James möge kommen und sie aus der misslichen Lage befreien. “Mylord …”
    “Edmund”, verbesserte er sie und hob eine Hand, um ihr die Wange zu streicheln. Sie erschauerte. “Sie haben doch nicht etwa Angst vor mir?”
    “Nein.”
    “Dann sehen Sie mich an.”
    Sie tat widerwillig, wie ihr geheißen, und schaute in zwei schwarze, stechende Pupillen. Sie schien gleichsam in ihnen zu versinken und vermochte den Blick nicht mehr abzuwenden. Bleierne Schwere bemächtigte sich ihrer, als sie seine monotone sonore Stimme vernahm. “Sie sind so müde nach all den Anstrengungen, dass wir beide in stiller Eintracht beieinander sitzen bleiben. Sie sind so ungemein müde …” Seine Stimme ging in ein tiefes Summen über. Die Augen fielen ihr unaufhaltsam zu, bis sie schließlich einschlief.
    James konnte Lavinia nirgendwo entdecken. Bei all den vielen Menschen, die sich begeistert von ihren Plätzen erhoben und sich vor der Bühne versammelt hatten, um ein paar Worte mit dem großen Mr. Greatorex wechseln zu können, hatte er sie aus den Augen verloren. Wincote war ebenfalls verschwunden, und er konnte nur hoffen, dass dies kein schlechtes Zeichen war. Als er in die Halle hinaustrat, kam Major Greenaway in Begleitung eines ernst aussehenden Mannes auf ihn zu, der ihm als der Juwelier Mr. Theobald Tribble vorgestellt wurde. Ohne Umschweife erklärte der Gentleman ihm, gestern sei ein junger Herr in seinen Laden gekommen, der den Schmuck Lady Willoughbys habe verkaufen wollen. Er habe nun den Verdächtigen auf der Bühne gesehen, sei sich aufgrund seines Kostüms jedoch nicht ganz sicher und wünsche, den Mann noch einmal zu Gesicht zu bekommen. Kurzerhand begaben die drei Gentlemen sich gemeinsam auf die Suche nach Wincote und Lavinia.
    “Kommen Sie, meine Liebe”, sagte Edmund vollkommen ruhig, aber bestimmt, als spreche er zu einem Kind. “Man wartet darauf, dass wir unsere Verlobung bekannt geben. Seine Gnaden hat eigens für diesen Anlass Champagner einschenken lassen.”
    “Ich bin müde”, erwiderte Lavinia einsilbig. “Lassen Sie mich schlafen.”
    Wincote erhob sich und ergriff ihren Arm. “Sie können so lange schlafen, wie Sie möchten, sobald die Formalitäten erledigt sind. Doch nun sind Sie brav, stehen auf und haken sich bei mir ein.”
    Zu müde und betäubt, um ihm Widerstand zu leisten, erhob sie sich
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