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Lady Daphnes Verehrer

Lady Daphnes Verehrer

Titel: Lady Daphnes Verehrer
Autoren: Madeline Hunter
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Lesen des Buchs, das er sich als Zeitvertreib ausgesucht hatte, nicht eben förderlich.
    Schließlich hatte ihn die Haushälterin Mrs Hill, eine mürrische kleine Frau mit dunklen Augen und Habichtsnase unter der Spitzenborte ihrer Haube, in ein Schlafgemach geführt, das in femininen Gelb- und Blautönen gehalten war. Dort machte er sich für ein zwangloses Dinner bereit.
    Zu seiner Freude war Katherine nicht zugegen, und er war ganz allein mit seiner Gastgeberin. Als er am Tisch Platz nahm, erhoffte er sich ein lebhaftes Gespräch, bei dem er Mrs Joyes abermals die Röte ins Gesicht treiben und – wenn alles nach seinen Vorstellungen verlief – zu einem weiteren Gefühlsausbruch bringen könnte. Und er würde dafür sorgen, dass dieser eine ganze Weile andauerte.
    So erkundigte er sich gleich zu Anfang nach den Gärten und dem Geschäft, das den Namen The Rarest Blooms trug. Das erwies sich als Fehler. Nun lauschte er schon seit zwei Stunden ihren detaillierten Schilderungen und konnte sich das Gähnen kaum noch verkneifen. Mrs Hill servierte ein einfaches Mahl bestehend aus Suppe, kaltem Schinken und einem Trifle, das wahrscheinlich extra seinetwegen zubereitet worden war.
    Mrs Joyes war die ganze Zeit ein Ausbund an Selbstbeherrschung und kühler Gelassenheit. Ihre Umgangsformen waren tadellos, und während sie ruhig und freundlich mit ihm plauderte, drohten ihm wegen ihrer leisen monotonen Sprechweise mehrmals die Augen zuzufallen. Er war genau in der Art höflicher Konversation gefangen, die er hasste. Die Situation war dermaßen unerträglich, dass er sogar aufhörte, sich zu fragen, wie diese Frau wohl nackt aussah.
    Es war an der Zeit, die Sache in die Hand zu nehmen und den Abend ein bisschen anregender zu gestalten. Da er ein beträchtliches Interesse an Mrs Joyes hatte, übernahm er die Gesprächsführung.
    »Wie ich hörte, sind Sie Witwe«, sagte er, als sie endlich innehielt, nachdem sie ihm jede einzelne verdammte Verbenenart in ihrem Gewächshaus aufgezählt hatte.
    »Mein Mann ist im Krieg umgekommen.« Sie senkte den Blick, um ihm zu verstehen zu geben, dass dieses Thema vermieden werden sollte.
    Vielleicht hätte er es tatsächlich meiden sollen, aber wenn er jedem Wink gehorchte, würde er nie etwas Brauchbares erfahren. »Waren Sie lange verheiratet?«
    »Keine zwei Jahre.«
    »Und er war die meiste Zeit davon im Krieg, nehme ich an.«
    »Ich gehörte zum Tross, also waren wir wenigstens zusammen.«
    »Trotzdem, es ist ein großes Unrecht, dass Sie Witwe wurden, bevor sie die Freuden der Ehe auskosten konnten.«
    Ihre Miene war so ausdruckslos, dass man hätte meinen können, ihr sei die sinnliche Anspielung entgangen, welche eine unsichtbare Tür einen winzigen Spaltbreit geöffnet hatte. Sie war wirklich gut, das musste er ihr lassen. Sie trug ihre Contenance wie einen Schutzschild vor sich her. Mrs Joyes dazu zu bringen, sie zu verlieren, und sei es nur für einen Augenblick, empfand er allmählich als Herausforderung.
    Er ließ seinen Blick durch das Speisezimmer schweifen. »Ist es keinem unserer gemeinsamen Freunde merkwürdig vorgekommen, dass Ihnen ein Hauptmann der Armee ein Anwesen wie dieses hinterlassen hat? Das denken sie doch, nicht wahr? Dass Sie es durch Ihren Mann bekommen haben.«
    »Ich nehme an, dass sie das denken. Man hat mich nie danach gefragt.«
    Seit sie sich ihm im Garten zu erkennen gegeben hatte, waren ihm einige Bemerkungen über sie eingefallen, die er in der Vergangenheit gehört hatte. »Gibt es deshalb in diesem Haus die Regel, dass man nicht in der Vergangenheit der anderen herumschnüffeln darf? Damit niemand fragt und Sie keine Erklärungen abgeben müssen?«
    Ihre Augen begannen unheilvoll zu funkeln. Das Thema passte ihr nicht. Er wiederum hatte nicht vor, sich weiter mit endlosen Aufzählungen von lateinischen Blumennamen langweilen zu lassen. Das hatte sie nicht von ungefähr getan, war ihm inzwischen klar. Mrs Joyes hatte mit voller Absicht versucht, ihn einzulullen, bis er nicht mehr klar denken konnte. Es war wohl seiner Andeutung, sie verführen zu wollen, zu verdanken, dass sie nun auf der Hut vor ihm war. Wie unbedacht von ihm.
    »Lady Sebastian Summerhays hat kurz hier gewohnt. Sie ist Ihre Cousine, nicht wahr?«, bohrte er weiter. »Man würde doch meinen, dass sich eine nahe Verwandte nach solchen Dingen erkundigt.«
    »Ich habe diese Regel nicht aufgestellt, um Audrianna oder sonst jemandem die Großzügigkeit des Herzogs im Hinblick auf
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