Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lady Chatterley (German Edition)

Lady Chatterley (German Edition)

Titel: Lady Chatterley (German Edition)
Autoren: D. H. Lawrence
Vom Netzwerk:
weibliche Hüften und wurde aus all diesen Gründen für ein wenig altmodisch und zu «fraulich» gehalten. Sie war nicht «so ein kleiner Hering», war nicht wie ein Junge. Kurz, sie war zu weiblich, um wirklich «modern» zu sein.
    Und so waren die Männer, besonders alle, die nicht mehr ganz jung waren, ausgesprochen reizend zu ihr. Aber da sie wußte, welche Qual es für den armen Clifford bedeutete, wenn er auch nur das leiseste Anzeichen eines Flirts verspürte, der von ihr ausging, ermutigte sie niemanden. Sie war still und zerstreut, sie hatte keinen Kontakt mit ihnen und wollte auch keinen haben. Clifford war über die Maßen stolz auf sich.
    Seine Verwandten waren sehr freundlich zu ihr. Sie wußte, daß diese Freundlichkeit einem Mangel an Furcht entsprang und daß diese Menschen keine Achtung empfanden, wenn man sie nicht ein wenig einschüchterte. Aber auch mit ihnen hatte sie keinen Kontakt. Sie ließ ihnen ihre freundliche Geringschätzigkeit, ließ ihnen das Gefühl, daß es nicht nötig sei, auf der Lauer zu liegen. Es gab kein Band zwischen ihnen.
    Die Zeit ging dahin. Was auch immer geschah – es geschah nichts, weil sie so angenehm jenseits allen Kontaktes war. Sie und Clifford lebten in gemeinsamen Gedanken und in seinen Büchern. Sie unterhielt sich … es waren immer Menschen im Haus. Die Zeit lief ab wie eine Uhr: halb acht und nicht mehr halb sieben.

DRITTES KAPITEL
    Allmählich wurde sich Connie einer zunehmenden Unrast bewußt. Ihre Beziehungslosigkeit war die Quelle einer Unruhe, die sich wie ein Wahnsinn ihrer bemächtigte. Es zuckte in ihren Gliedern, wenn sie nicht wollte, daß es in ihnen zuckte; es riß sie hoch, wenn sie nicht wollte, daß es sie hochriß, sondern wenn sie lieber still dagesessen hätte. Es durchschauerte ihren Leib, ihren Schoß, bis sie meinte, ins Wasser springen zu müssen und zu schwimmen, um diesem «Es» zu entkommen. Eine wahnwitzige Ruhelosigkeit. Ihr Herz schlug wild, ohne Grund. Und sie wurde dünner.
    Es war nur die Ruhelosigkeit. Sie rannte dann in den Park hinaus, ließ Clifford allein, warf sich flach ins Farnkraut. Weg vom Haus … sie mußte weg vom Haus und von allen. Der Wald war ihre einzige Zuflucht, ihre Freistatt.
    Doch er war keine wirkliche Zuflucht für sie, keine Freistatt, denn sie hatte keine Beziehung zu ihm. Er war nur ein Ort, wo sie sicher war vor allem andern. Nie rührte sie wirklich an die Seele des Waldes … wenn er überhaupt etwas so Unsinniges besaß.
    Undeutlich wußte sie, daß sie allmählich verfiel. Undeutlich wußte sie, daß sie ohne jede Bindung war, daß sie jede Beziehung zur wirklichen, lebendigen Welt verloren hatte. Nur Clifford und seine Bücher, die keinen Bestand hatten … hinter denen nichts steckte! Leere zu Leere. Undeutlich wußte sie das. Aber es war, als schlüge sie mit dem Kopf gegen eine Wand.
    Der Vater warnte sie wieder: «Warum legst du dir keinen jungen Mann zu, Connie? Das ist das einzig Richtige für dich.»
    In diesem Winter kam Michaelis auf ein paar Tage zu Besuch. Er war ein junger Ire, der mit seinen Stücken in Amerika ein beträchtliches Vermögen eingeheimst hatte. Eine Zeitlang war er von der smarten Londoner Gesellschaft überschwenglich gefeiert worden, denn er verfaßte smarte Gesellschaftsstücke. Dann ging der smarten Gesellschaft nach und nach auf, daß sie von einem lausigen Dubliner Gassenjungen lächerlich gemacht worden war, und der Wind drehte sich. Michaelis wurde zum Inbegriff all dessen, was schmutzig und plebejisch war. Er wurde als anti-englisch entlarvt, und in den Augen der Gesellschaftsklasse, die diese Entdeckung machte, war das schlimmer als das niederträchtigste Verbrechen. Er wurde verurteilt und seine Leiche in die Mülltonne geworfen.
    Dessenungeachtet hatte Michaelis seine Apartment-Wohnung in Mayfair und erging sich auf der Bond Street – jeder Zoll ein Gentleman: man kann nämlich auch die besten Schneider nicht dazu kriegen, von der Gesellschaft boykottierte Kunden zu ignorieren, wenn diese Kunden zahlen.
    Clifford lud den jungen, dreißigjährigen Mann in einem Augenblick ein, der für die weitere Karriere dieses jungen Mannes wenig Gutes verhieß. Doch das hinderte Clifford nicht. Michaelis hatte vermutlich Zugang zu ein paar Millionen Menschen; er war ein hoffnungsloser Außenseiter und würde es zweifellos zu schätzen wissen, zu diesem Zeitpunkt nach Wragby eingeladen zu werden, da die übrige große Welt ihn schnitt. Er würde dankbar sein und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher