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L'Adultera

L'Adultera

Titel: L'Adultera
Autoren: Theodor Fontane
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ihm dann zu Kopf und schlug in Wellen über ihm zusammen. Und so auch jetzt. Er erhob sich und sagte:
    »Kupierungen sind etwas Wundervolles. Keine Frage.
    Ich beispielsweise kupiere Kupons. Ein inferiores Geschäft, das unter Umständen nichtsdestoweniger
    einen Anspruch darauf gibt, gegen Wort- und Rede-
    kupierungen gesichert zu sein, namentlich gegen
    solche, die reprimandieren und erziehen wollen. Ich bin erzogen.«

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    Er hatte mit vor Erregung zitternder Stimme gespro-
    chen, aber mit zugekniffenem Auge fest zu dem Ma-
    jor hinübergesehen. Dieser, ein vollkommener Welt-
    mann, lächelte vor sich hin und blinkte nur leise den beiden Damen zu, daß sie sich beruhigen möchten.
    Dann ergriff er sein Glas ein zweites Mal, gab seinen Zügen, ohne sich sonderlich anzustrengen, einen
    freundlichen Ausdruck und sagte zu van der Straa-
    ten: »Es ist so viel von Kupieren gesprochen worden; kupieren wir auch das. Ich lebe der festen Überzeu-gung...«
    In eben diesem Augenblicke sprang der Pfropfen von
    einer der im Weinkühler stehenden Flaschen, und
    Gryczinski, rasch den Vorteil erspähend, den er aus diesem Zwischenfalle ziehen konnte, brach inmitten
    des Satzes ab und sagte nur, während er, unter lei-
    ser Verbeugung, seines Schwagers Glas füllte: »Frie-de sei ihr erst Geläute!«
    Solchem Appell zu widerstehen war van der Straaten
    der letzte. »Mein lieber Gryczinski«, hob er in plötzlich erwachter Sentimentalität an, »wir verstehen
    uns, wir haben uns immer verstanden. Gib mir deine
    Hand. Lacrimae Christi, Friedrich. Rasch. Das Beste daran ist freilich der Name. Aber er hat ihn nun mal.
    Jeder hat nun mal das Seine, der eine dies, der and-re das.«
    »Allerdings«, lachte Gabler.
    »Ach Arnold, du überschätzt das. Glaube mir, der
    Selige hatte recht. Gold ist nur Chimäre. Und Elimar 45
    würd' es mir bestätigen, wenn es nicht ein Satz aus einer überwundenen Oper wäre. Ich muß sagen, leider überwunden. Denn ich liebe Nonnen, die tanzen.
    Aber da kommt die Flasche. Laß nur Staub und
    Spinnweb. Sie muß in ihrer ganzen unabgeputzten
    Heiligkeit verbleiben. Lacrimae Christi. Wie das
    klingt!«
    Und die frühere Heiterkeit kehrte wieder oder schien wenigstens wiederzukehren, und als van der Straaten fortfuhr, in wahren Ungeheuerlichkeiten über
    Christustränen, Erlöserblut und Versöhnungswein zu
    sprechen, durfte Melanie schließlich die Bemerkung
    wagen: »Du vergißt, Ezel, daß der Polizeirat katho-
    lisch ist.«
    »Ich bitte recht sehr«, sagte Reiff, als ob er auf etwas Unerlaubtem ertappt worden wäre.
    Van der Straaten aber verschwor sich hoch und teu-
    er, daß ein vierzig Jahre lang treu geleisteter Sicher-heitsdienst über alles konfessionelle Plus oder Minus hinaus entscheidend sein und vor dem Richterstuhle
    der Ewigkeit angerechnet werden müsse. Und als
    bald darauf die Gläser abermals gefüllt und geleert worden waren, rückte Melanie den Stuhl, und man
    erhob sich, um im Nebenzimmer den Kaffee zu neh-
    men.
    6

Auf dem Heimwege
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    Die Kaffeestunde verlief ohne Zwischenfall, und es
    war bereits gegen zehn, als der Diener meldete, daß der Wagen vorgefahren sei. Diese Meldung galt dem
    Gryczinskischen Paare, das, an den Dinertagen, sei-
    ne Heimfahrt in der ihm bei dieser Gelegenheit ein
    für allemal zur Verfügung gestellten kommerzienrät-
    lichen Equipage zu machen pflegte. Mäntel und Hüte
    wurden gebracht, und die schöne Jacobine, Hals und
    Kopf in ein weißes Filettuch gehüllt, stand alsbald in der Mitte des Kreises und wartete lachend und geduldig auf die beiden Maler, denen Gryczinski noch
    im letzten Augenblicke die Mitfahrt angeboten hatte.
    Das Parlamentieren darüber wollte kein Ende neh-
    men, und erst als man unten am Wagenschlage
    stand, entschied sich's, und Gabler placierte sich
    nunmehr ohne weiteres auf den Rücksitz, während
    Elimar mit einem kräftigen Turnerschwunge seinen
    Platz auf dem Bocke nahm, angeblich aus Rücksicht
    gegen die Wageninsassen, in Wahrheit aus eigener
    Bequemlichkeit und Neugier. Er sehnte sich nämlich
    nach einem Gespräche mit dem Kutscher.
    Dieser, auch noch ein Erbstück aus des alten van der Straaten Zeiten her, führte den unkutscherlichen
    Namen Emil, der jedoch seit lange seinen Verhältnissen angepaßt und in ein plattdeutsches »Ehm« ab-
    gekürzt worden war. Mit um so größerem Recht, als
    er wirklich in Fritz Reuterschen Gegenden das Licht der Welt erblickt und sich bis diesen Tag, neben seinem Berliner Jargon,
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